Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuererstattung und Überweisungsverkehr
Leitsatz (redaktionell)
Fallen im beleglosen Überweisungsverkehr der angegebene Empfänger und der Kontoinhaber auseinander, ist der Kontoinhaber als Leistungsempfänger anzusehen, wenn zwischen ihm und der Bank ein ungekündigtes Vertragsverhältnis besteht.
Normenkette
AO § 37 Abs. 2
Tatbestand
I.
Zu entscheiden ist, ob der Beklagte (Bekl.) zu Recht von der Klägerin (Klin.) einen Betrag zurückfordert, den er auf ein von dieser für die F. H. GmbH & Co. KG (im Folgenden: KG) geführtes Konto überwiesen hat.
Am 11.07.2003 reichten die Eheleute F. H. jun. und N. H. ihre Einkommensteuer(ESt)-Erklärung für das Jahr 2002 beim Bekl. ein. Darin gaben sie als ihre Bankverbindung ein Konto bei der Dresdner Bank in X. an. In ihren Erklärungen für die Jahre 2000 und 2001 hatten sie demgegenüber jeweils ein bei der Klin. geführtes Konto mit der Nummer 000000001 als ihre Bankverbindung bezeichnet und in diesem Zusammenhang auch jeweils erklärt, dass Kontoinhaber Herr F. H. jun. sei. Tatsächlich handelt es sich bei dem Konto mit der Nummer 000000001 aber um ein auf den Namen der KG lautendes Konto.
Die Klin. hatte der KG auf diesem Konto einen Universalkredit in Höhe von 5.112.919,00 Euro und mit Schreiben vom 02.07.2003 einen weiteren Überziehungsrahmen bis zur Gesamtinanspruchnahme von 9 Mio. Euro eingeräumt, der am 15.08.2003 vertragsgemäß auslaufen sollte.
Mit Bescheid vom 07.08.2003 führte der Bekl. die ESt-Veranlagung der Eheleute H. durch und kündigte zugleich an, den von ihm errechneten Erstattungsbetrag in Höhe von insgesamt 169.414,49 Euro (Einkommensteuer: 160.535,20 Euro; Solidaritätszuschlag: 8.879,29 Euro) auf das Konto Nummer 0000000001 bei der Klin. zu erstatten, sofern dieser nicht mit etwaigen Gegenansprüchen zu verrechnen sei.
Entsprechend seiner Ankündigung überwies der Bekl. den sich aus der ESt-Veranlagung der Eheleute H. für 2002 ergebenen Erstattungsbetrag in Höhe von 169.414,49 Euro zusammen mit für das Jahr 1997 zu erstattenden Zinsen in Höhe von 0,89 Euro, mithin einen Betrag in Höhe von insgesamt 169.415,38 Euro, im Rahmen des sogenannten beleglosen Datenträgeraustausches auf das bei der Klin. geführte Konto der KG. Dabei gab sie allerdings als Empfänger „F. H. jun.” und als Verwendungszweck unter anderem „Erstattung Zinsen 97”, „Einkommensteuer 02” und „SOLID.ZUSCHL. EST 02” an. Der vom Bekl. überwiesene Betrag wurde dem Konto der KG am 12.08.2003 gutgeschrieben mit der Folge, dass sich der im Zeitpunkt der Gutschrift bestehende debitorische Kontostand von ca. 8.600.000,00 Euro um den gutgeschriebenen Betrag verminderte. Die KG ihrerseits verbuchte den überwiesenen Betrag auf dem „Konto 1.100 Sparkasse X.” mit dem Hinweis „Finanzamt Irrläufer”.
Nachdem Herr F. H. jun. die Klin. im Rahmen einer „Bankenrunde” darüber informiert hatte, dass sich die KG auf eine insolvenzrechtlich relevante Situation hin bewege, widerrief die Klin. mit Schreiben vom 15.8.2003 die der KG gegebenen Kreditzusagen, kündigte die Kreditverträge mit sofortiger Wirkung und untersagte unter anderem auch Verfügungen zu Lasten des Kontos 000000001.
Am 27.10.2003 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der KG eröffnet.
Mit Bescheid vom 27.02.2004 forderte der Bekl. die Klin. unter Hinweis darauf, dass die Überweisung des den Eheleuten H. zustehenden Erstattungsbetrages in Höhe von 169.415,38 Euro auf das bei der Klin. geführte Konto der KG erfolgt sei, obwohl die Eheleute H. eine andere Verfügung getroffen hätten, zur Rückzahlung des versehentlich auf das Konto der KG überwiesenen Betrages auf.
Mit Schreiben vom 03.03.2004 teilte die Klin. dem Bekl. daraufhin zunächst mit, dass sie einen Geldeingang in Höhe von 169.415,38 Euro auf dem Konto Nummer 000000001 im Zeitraum 01.08.2003 – 30.09.2003 nicht feststellen könne. Mit weiterem Schreiben vom 15.03.2004 bestätigte sie sodann zwar einen entsprechenden Geldeingang, weigerte sich jedoch, diesen Betrag zurückzuzahlen.
Der Bekl. wertete das Schreiben der Klin. vom 15.03.2004 als Einspruch, den er mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 24.02.2005 zurückwies.
Hiergegen richtet sich die von der Klin. mit Schriftsatz vom 17.03.2005 erhobene Klage.
Die Klin. ist der Auffassung, dass sie zur Rückzahlung des Betrages in Höhe von 169.415,38 Euro nicht verpflichtet sei, da sie hinsichtlich dieses Betrages nicht als Leistungsempfängerin im Sinne des § 37 Abs. 2 AO angesehen werden könne und sich auch zu keinem Zeitpunkt selbst als Zahlungsempfängerin oder gar Berechtigte des überwiesenen Betrages angesehen habe. Der überwiesene Betrag sei vielmehr entsprechend den bestehenden vertraglichen Verpflichtungen dem Konto der KG gutgeschrieben worden, wo er mit anderen Verfügungen in das Kontokorrentverhältnis eingeflossen sei, ohne dass sie (die Klin.) von diesem Vorgang bewusst Kenntnis erlangt habe.
Für sie sei auch in keiner Weise erkennbar gewesen, dass der Bekl. mit der Überweisung des den Eheleuten H. zustehenden Erstattungsbetrages a...