Entscheidungsstichwort (Thema)
Tiefkühllager als Gebäude
Leitsatz (redaktionell)
Ein Tiefkühllager ist im Wesentlichen als Gebäude und nicht als Betriebsvorrichtung anzusehen.
Normenkette
BewG § 68 Abs. 2, 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob das von der Klägerin in S betriebene Tiefkühllager im Wesentlichen als Gebäude oder als Betriebsvorrichtung einzustufen ist.
Eine Voreigentümerin der Klägerin errichtete im Jahr 0000/0000 auf dem Grundbesitz A-Straße 1 in S ein Kühlhaus. Die Herstellungskosten betrugen zum damaligen Zeitpunkt X DM.
Im Rahmen einer Ortsbesichtigung am 00.00.0000 traf der damalige Bausachverständige des Beklagten folgende Feststellungen:
„Bei den Gebäuden handelt es sich um eine Stahlskelettkonstruktion mit einer Fassadenverkleidung in Sandwichbauweise (17 cm Stärke). Die Dachkonstruktion besteht aus Stahlträgerelementen, Trapezblechprofilen, 28 cm Wärmedämmung und üblicher Dacheindichtung. Der Fussboden besteht aus einem doppelschaligen System, 15 cm Stahlbeton, Zwischenlager aus 20 cm starker Dämmung, 15 cm Vakuumbeton mit einer veredelten Verschleißschicht (Industrieestrich vergleichbar). …
Vor den Kühlhallen ist ein Gebäudeteil (Rampengebäude) errichtet, in dem die Warenpaletten versandfertig gemacht und verladen werden. In dem Rampengebäude ist weiterhin ein Bürotrakt mit Feuermeldezentrale untergebracht. … Im Verladebereich sind fünf Sektionaltore mit Hufahebebühnenanlagen eingebaut. Die Tiefkühlräume (./. 30 °C) werden durch elektrisch betriebene Schiebetore von der Verladehalle getrennt (Spezialtore mit besonderen technischen Anforderungen).
In den Tiefkühlhallen sind großvolumige Verdampferanlagen mit unter der Decke liegenden Blechkanälen eingebaut. Kühltechnisch werden diese Anlagen von den Kompressoren und den Maschineneinrichtungen des Maschinenhauses versorgt. Die gesamte technische Anlage ist als Betriebsvermögen anzusetzen, da sie unmittelbar dem Betriebsvorgang dient.”
Zu den Einzelheiten des Ortstermins wird auf den Vermerk vom 00.00.0000 (Blatt 26 bis 29 der Steuerakte) Bezug genommen.
Ausgehend von den Feststellungen des Bausachverständigen stellte der Beklagte den Einheitswert für den Grundbesitz A-Straße 1 durch Bescheid vom 00.00.0000 im Sachwertverfahren auf X DM fest. Zu den Einzelheiten wird auf den Bescheid (Blatt 36 bis 38 der Steuerakte) hingewiesen.
Am 00.00.0000 erwarb die jetzige Klägerin den Grundbesitz. Zu den bereits bestehenden Gebäuden errichtete die Klägerin einen Containerbürotrakt auf dem Grundstück. Da die Wertfortschreibungsgrenzen nicht erreicht wurden, führte der Beklagte auf den 00.00.0000 lediglich eine Zurechnungsfortschreibung auf die Klägerin durch (vgl. Bescheid vom 00.00.0000, Blatt 67 der Steuerakte; Vermerk zur Wertfortschreibung vom 26.10.1999, Blatt 80 der Steuerakte).
Mit Schreiben vom 29.03.2007 stellte die Klägerin den Antrag, die Feststellungen der Einheitswerte für die Jahre 2001 bis 2007 zu ändern und den Bereich des Tiefkühllagers insgesamt als Betriebsvorrichtung einzuordnen und bei der Einheitswertfeststellung unberücksichtigt zu lassen. Sie vertrat die Auffassung, das Tiefkühllager erfülle nicht die Voraussetzungen, um das Bauwerk als Gebäude einordnen zu können. Denn der dauerhafte Aufenthalt von Menschen sei in einem Tiefkühlhaus nicht möglich, da durchgehend eine Temperatur von ./. 24 °C herrsche. Die Arbeitnehmer der Klägerin könnten dort lediglich mit Schutzkleidung und in kurzen Intervallen arbeiten.
Den Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 08.01.2008 ab. Unter Bezugnahme auf die Ergebnisse des Ortstermins vom 00.00.0000 hielt er an der bisherigen Bewertung fest. Es sei nicht erforderlich, dass das Bauwerk zum dauernden Aufenthalt von Menschen bestimmt sei. Da die Bediensteten laut Auskunft des damaligen Mitarbeiters der Firma in entsprechender Schutzkleidung im Zweistundenrhythmus mit halbstündiger Pause im Kühlhaus arbeiteten, sei trotz niedriger Temperatur der Aufenthalt von Menschen nicht nur vorrübergehend möglich. Der Ablehnungsbescheid enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung.
Den am 05.08.2008 gegen den Ablehnungsbescheid eingelegten Einspruch wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 12.03.2009 als unbegründet zurück.
Mit ihrer Klage vom 15.04.2009 verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Änderung des Einheitswertes und des Grundsteuermessbetrages auf den 01.01.2007 weiter.
Unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens aus dem Einspruchsverfahren hält sie an ihrer Auffassung fest, dass das Tiefkühllager deshalb nicht als Gebäude einzustufen sei, weil es nicht zum dauernden Aufenthalt von Menschen geeignet sei. So könne ein Schutz gegen äußere Einflüsse durch räumliche Umschließung nicht festgestellt werden. Vielmehr könne das Tiefkühllager für einen mehr als nur ganz kurzfristigen Zeitraum lediglich in Schutzkleidung betreten werden, da dort kein Schutz gegen äußere Einflüsse bestehe, sondern vielmehr Schutz vor den Einflüssen aus dem Kühllager gesucht werden müsse. Um Gesundheitsgefährdungen auszuschli...