Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Anwendung des Abzugsverbots für Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG nach formwechselnder Umwandlung einer GmbH in eine Personengesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Regelungen zur Einschränkung des Abzugs von Schuldzinsen gemäß § 4 Abs. 4a EStG und die dabei vorzunehmende betriebsbezogene Betrachtung sind auch bei einer mehrstöckigen Personengesellschaft ohne Beteiligung einer natürlichen Person anwendbar. Es besteht auch insoweit kein Raum für die „konzernbezogene” Betrachtung des Entnahmebegriffs.
2. Bei einem Formwechsel einer Kapitalgesellschaft mit positivem Eigenkapital in eine Personengesellschaft (mit positivem Kapitalkonto) ist der Vermögenszugang bei der Personengesellschaft in Folge des Formwechsels (Übernahme des positiven Eigenkapitals) aufgrund der umwandlungssteuerrechtlichen Abweichungen vom Zivilrecht und der normspezifischen Besonderheiten des § 4 Abs. 4a EStG steuerlich als (fingierte) Einlage und damit als eine bei der Berechnung der Überentnahme i.S.v. § 4 Abs. 4a EStG zu berücksichtigende Einlage zu qualifizieren.
3. Umwandlungssteuerrechtlich führt die in § 9 Satz 1 UmwStG angeordnete entsprechende Geltung von §§ 3 bis 8 und 10 UmwStG in Fällen des Formwechsels einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft – abweichend vom umwandlungsrechtlich maßgeblichen Prinzip der rechtlichen und wirtschaftlichen Identität (§ 202 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwG) – infolge eines tauschähnlichen entgeltlichen Rechtsträgerwechsels zu einer fingierten Übertragung des Vermögens des formgewechselten Rechtsträgers. Dieser steuerlich fingierte Vermögenszugang bei dem Rechtsträger neuer Rechtsform (Personengesellschaft) ist nach der gesetzgeberischen Konzeption des § 4 Abs. 4a EStG und Sinn und Zweck der Norm in Höhe des positiven Eigenkapitals der Kapitalgesellschaft als (fingierte) Einlage i.S.v. § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG zu qualifizieren.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4a S. 2; UmwStG § 9 S. 1; UmwG § 202 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; EStG § 4 Abs. 4a
Tatbestand
Streitig ist, ob für das Streitjahr 2012 nicht abziehbare Schuldzinsen i. S. des § 4 Abs. 4a des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorliegen.
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG. Sie wurde zum 01.01.2010 aus der E 2 GmbH i. S. des § 9 des Umwandlungssteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (UmwStG) formgewechselt. Gesellschafterin der E 2 GmbH war die R 1 GmbH & Co. KG. Diese ist nach dem Formwechsel alleinige kapitalmäßig beteiligte Gesellschafterin (Kommanditistin) der Klägerin. Komplementärin der Klägerin ist die E 1 Verwaltungs GmbH. Alleinige kapitalmäßig beteiligte Gesellschafterin der R 1 GmbH & Co. KG ist die R 2 SE & Co. KG.
Das steuerliche Eigenkapital der E 2 GmbH betrug zum 31.12.2009 laut Steuerbilanz (StB) X € und setzte sich wie folgt zusammen
|
31.12.2009 |
Kapitalrücklage |
X € |
+ Gewinnvortrag |
X € |
+ Jahresüberschuss |
X € |
= Variables Kapital |
X € |
+ Gezeichnetes Kapital |
X € |
= Kapital lt. Handelsbilanz (HB) |
X € |
+ Steuerlicher Ausgleichsposten = Abweichung HB/StB |
X € |
Kapital lt. Steuerbilanz |
X € |
Das Eigenkapital entspricht dem Einlagewert nach § 5 Abs. 3 UmwStG zuzüglich dem Übernahmegewinn 1. Stufe gemäß § 4 Abs. 4 UmwStG. Aufgrund der formwechselnden Umwandlung wurden gemäß § 7 UmwStG in 2010 Einnahmen aus Kapitalvermögen i. H. v. X € angesetzt und versteuert. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die unstreitigen Ausführungen und Darstellungen im klägerischen Schriftsatz vom 06.06.2024 nebst Anlagen (Bl. 140 ff. der GA) sowie auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakten verwiesen.
Im Streitjahr 2012 entnahm die Kommanditistin der Klägerin aus der Rücklage einen Betrag i.H.v. X €.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung ermittelte der Beklagte für das Streitjahr 2012 folgende Überentnahmen der Kommanditistin:
Stand 01.01.2010 |
0,00 € |
+ Gewinnanteil 2010 |
X € |
+/- Entnahmen und Einlagen |
-X € |
= Stand 31.12.2010 |
X € |
+ Gewinnanteil 2011 |
X € |
+/- Entnahmen und Einlagen |
-X € |
= Stand 31.12.2011 |
X € |
+ Gewinnanteil 2012 |
X € |
+/- Entnahmen und Einlagen |
-X € |
= Stand 31.12.2012 |
-X € |
Davon 6 % = Grundbetrag |
X € |
Aufgrund der in 2012 tatsächlich angefallenen Schuldzinsen (§ 4 Abs. 4a Satz 4 und 5 EStG) ergab sich ein Hinzurechnungsbetrag i.H.v. X €. Auf die Ausführungen und Berechnungen unter Tz. 2.7.1 und 2.7.2 im Betriebsprüfungsbericht vom 23.06.2015 wird Bezug genommen.
Unter dem Vorbehalt der Rechtsauffassung der Klägerin sind sowohl diese Berechnung als auch die der Berechnung zugrundeliegenden Zahlen zwischen den Beteiligten unstreitig. Ergänzend wird hinsichtlich der Zinsaufwendungen der Klägerin auf deren Schriftsatz vom 06.04.2021 nebst Anlagen (vgl. Bl. 83 ff. der GA) verwiesen. Zwischen den Beteiligten ist ferner unstreitig, dass die Schuldzinsen nicht zur Finanzierung einer Entnahme entstanden sind.
Mit gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) geändertem Bescheid für 2012 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen vom 03.08....