rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein unberechtigter Umsatzsteuerausweis eines privatrechtlich organisierten Abfallentsorgers bei Rechnungserteilung an private Abfallanlieferer (=Leistungsempfänger)
Leitsatz (redaktionell)
1) Nimmt ein privatrechtlich organisierter Abfallentsorger Baumischabfälle privater Anlieferer an, um sie mit Hilfe von ihm beauftragter Sortierunternehmen zu verwerten und die nicht verwertbaren Reste seinen Deponien zuzuführen, ist Empfänger der Entsorgungsleistungen nicht der nach öffentlichem Recht zur Abfallentsorgung verpflichtete Hoheitsträger (hier: Landkreis), sondern der jeweilige Anlieferer, wenn sowohl der diesem von dem Sortierbetrieb ausgehändigte "Anlieferungsschein" bzw. "Lieferschein-Wägeschein" als auch der Rechnungsvordruck lediglich den Namen des Abfallentsorgers ausweist und auch ansonsten keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass Vertragspartner der Hoheitsträger ist.
2) Ein Deponiebetreiber, der den Abfall von Abfallbesitzern im eigenen Namen entsorgt, erbringt an diese auch dann umsatzsteuerpflichtige Leistungen, wenn er aufgrund eines mit dem Hoheitsträger abgeschlossenen Vertrags verpflichtet gewesen sein sollte, gegenüber den Abfallbesitzern nur als Vertreter des Hoheitsträgers tätig zu werden.
Normenkette
AbfG § 3; BGB § 164 Abs. 2; UStR 1994/95 - 2002 Abschn. 190 Abs. 3, 3 S. 3; UStG § 14 Abs. 3
Tatbestand
Streitig ist, ob ein privatrechtlich organisierter Abfallentsorger nach § 14 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) wegen unberechtigten Steuerausweises in Rechnungen Umsatzsteuern (USt'n) schuldet, insbesondere, ob er seine Leistungen gegenüber den Abfallanlieferern als den Rechnungsempfängern oder gegenüber dem nach öffentlichem Recht zur Abfallbeseitigung verpflichteten Hoheitsträger (Landkreis) erbracht hat.
Die Klägerin (Klin.) ist eine GmbH, deren Anteile zu 51 % von der Beteiligungsgesellschaft des Kreises T und im Übrigen von privaten Entsorgungsgesellschaften gehalten werden und deren Gesellschaftszweck in der Wahrnehmung von Aufgaben der Entsorgung und des Umweltschutzes und damit zusammenhängender Dienstleistungen besteht (Gesellschaftsvertrag vom 4.3.1993). Mit Wirkung vom 1.7.1993 beauftragte der Kreis T die Klin., die Abfälle, die seiner Entsorgungspflicht nach den Vorschriften des Gesetzes über die Vermeidung und Entsorgung von Abfällen vom 27.8.1986 (BGBl. I 1986, 1410 und 1501) – AbfG – und des Landesabfallgesetzes Nordrhein-Westfalen (LAbfG) unterliegen und die er bis dahin selbst beseitigt hatte, gegen Zahlung eines jährlich neu zu vereinbarenden Entgelts zuzüglich USt zu entsorgen (§ 1 Abs. 1, § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 3 des Entsorgungsvertrages vom 30.4.1993). Die Klin. hatte dem Kreis nach Ablauf eines jeden Kalenderjahres eine entsprechende Rechnung zu erteilen (§ 8 Abs. 6 des Entsorgungsvertrages). Zugleich übereignete der Kreis seine Abfalldeponien an die Klin.
In den Streitjahren (1994 und 1995) entsorgte die Klin. die Abfälle des Kreises vertragsgemäß und rechnete ihre Leistungen – mit Ausnahme von Baumischabfällen – mit dem Kreis ab. Über die Entsorgung der Baumischabfälle, die private Anlieferer bei von der Klin. beauftragten Sortierbetrieben gegen Aushändigung von vorgedruckten „Anlieferungsanzeigen” bzw. „Lieferscheinen-Wägescheinen” angeliefert hatten, erteilte die Klin. dagegen gegenüber den Anlieferern Rechnungen mit gesondertem USt-Ausweis, und zwar für die Streitjahre über USt'n in Höhe von 117.842 DM (1994) und 96.009 DM (1995).
In ihren USt-Erklärungen erklärte die Klin. die Entgelte für sämtliche Entsorgungsleistungen – einschließlich der Entgelte für die Entsorgung der Baumischabfälle – und meldete die hierauf entfallenden USt'n an. Der Beklagte (Bekl.) folgte diesen Erklärungen zunächst, versah die Bescheide jedoch mit dem Vorbehalt der Nachprüfung. Nach einer Außenprüfung des Finanzamts für Großbetriebsprüfung N (Prüfungsbericht vom 2.10.1997) vertrat er jedoch mit dem Prüfer die Ansicht, dass die Erteilung der Rechnungen gegenüber den Anlieferern der Baumischabfälle unberechtigt gewesen sei, weil die Klin. die entsprechenden Entsorgungsleistungen nicht gegenüber den Anlieferern, sondern ausschließlich gegenüber dem Kreis T erbracht habe, und erhöhte die festgesetzten USt'n um die in diesen Rechnungen ausgewiesenen Steuerbeträge (USt-Bescheide 1994 und 1995 über ./. 808.112 DM bzw. 2.089.204 DM vom 1.12.1997). Hiergegen hat die Klin. nach Durchführung eines erfolglosen Einspruchsverfahrens (Einspruchsentscheidung – EE – vom 28.10.1998) frist- und formgerecht Anfechtungsklage erhoben, mit der sie geltend macht:
Sie schulde keine USt'n nach § 14 Abs. 3 UStG wegen unberechtigten Steuerausweises, da sie die Entsorgung der Baumischabfälle zu Recht nicht dem Kreis T, sondern den privaten Anlieferern mit gesondertem Steuerausweis in Rechnung gestellt habe. In Bezug auf diese Umsätze habe der Leistungsaustausch unmittelbar zwischen ihr und den Anlieferern stattgefunden. Allein aus der Tatsache, dass die nicht verwertbaren...