rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zinseinkünfte

 

Leitsatz (redaktionell)

In Umschuldungsfällen ist die Bagatellgrenze des § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 4 i.V.m. § 10 Abs. 2 S. 2 EStG solange anwendbar, als eine steuerschädliche Verwendung von Darlehensmitteln bei der vorausgegangenen Finanzierung nicht stattgefunden hat.

 

Normenkette

EStG § 20 Abs. 1 Nr. 6 Sätze 1-2, 4, § 10 Abs. 1 Nr. 2b

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Feststellungsbescheides, in dem der Beklagte (Bekl.) die Steuerpflicht von Zinsen aus einem Versicherungsvertrag der L. versicherungs AG festgestellt hat.

Der Kläger (Kl.) betreibt als Arzt mit seinem Berufskollegen Dr. O. in der C. straße … in I. eine Kardiologische Gemeinschaftspraxis.

Zur Finanzierung des im Rahmen der Praxisgründung angeschafften Anlagevermögens mit Anschaffungskosten i.H.v. 863.461,14 DM setzten der Kl. und O. ein bei der D.bank Filiale N. aufgenommenes Darlehen mit einer Valuta im Nennbetrag von 850.000,00 DM ein. Aufgrund der vom Kl. im Rahmen der Terminsvorbereitung sowie im Termin zur mündlichen Verhandlung eingereichten Kontounterlagen sowie der Bestätigung der D.bank vom 07.03.2007, auf die Bezug genommen wird, ist zwischen den beteiligten Parteien unstreitig, dass dieses Ursprungsdarlehen zu 100 % zur Finanzierung der Anschaffungskosten des Anlagevermögens eingesetzt wurde.

Nach Ablauf der 10jährigen Zinsbindungsfrist am 17.01.2003 finanzierte der Kl. den hälftigen, auf ihn entfallenden Anteil an dem Ursprungsdarlehen i.H.v. 217.299,05 EUR durch ein wiederum bei der D.bank in N. aufgenommenes D.bank-Universaldarlehen in gleicher Höhe. Der Darlehensvertrag weist ein Bearbeitungsentgelt von 1.000,00 EUR aus. Wegen der Einzelheiten wird auf die Fotokopie des Darlehensvertrages vom 17.01.2003 (Bl. 20 ff. der FG – Akten) Bezug genommen.

Aufgrund einer Anzeige der D.bank/Filiale N. nach § 29 Abs. 1 der Einkommensteuerdurchführungsverordnung (EStDV), das zur Darlehenssicherung bzw. Darlehenstilgung Versicherungsansprüche i.H.v. 209.629,67 EUR gegen die L.versicherungs AG (Versicherungsnummer: XXXXXX) eingesetzt worden seien, stellte der Bekl. mit Feststellungsbescheid vom 12.04.2005 die Steuerpflicht hinsichtlich der außerrechnungsmäßigen und rechnungsmäßigen Zinsen aus dem vorbezeichneten Lebensversicherungsvertrag fest. Er vertrat dabei die Auffassung, das Verlängerungsdarlehen sei i.H.v. 1.000,00 EUR steuerschädlich verwendet, da insoweit Bearbeitungsgebühren mitfinanziert worden seien. Die Bagatellgrenze von 2.556,00 EUR nach § 10 Abs. 2 S. 2 a Einkommensteuergesetz (EStG) finde bei einer Umschuldung keine Anwendung. Dies ergäbe sich aus dem Erlass des Bundesfinanzministeriums vom 15.06.2000; Az.: IV C 4 – S 2221 – 86/00, Rz. 43.

Der Kl. legte gegen den Feststellungsbescheid am 13.04.2005 Einspruch ein, den der Bekl. mit Einspruchsentscheidung vom 07.09.2005 als unbegründet zurückwies. Wegen der Begründung wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.

Mit der am 29.09.2005 erhobenen Klage verfolgt der Kl. sein Begehren weiter. Er vertritt weiterhin die Auffassung, mit dem streitbefangenen Darlehen seien zu 100 % Praxisinvestitionen finanziert worden. Zwar habe die D.bank in N. bei dem Prolongationsdarlehen ein Bearbeitungsentgelt von 1.000,00 EUR einbehalten. Um den Darlehensbetrag auszugleichen, sei jedoch dem Girokonto des Kl. ein Betrag i.H.v. 1.000,00 EUR belastet worden.

Außerdem lägen die 1.000,00 EUR an Bearbeitungsgebühr innerhalb der Bagatellgrenze von 2.556,00 EUR, die gemäß § 10 Abs. 2 S. 2 a EStG auch für den Streitfall gelte. Der Gesetzgeber habe die Anwendung der Bagatellgrenze nicht auf erstmalige Finanzierungen eingeschränkt. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Klageschrift verwiesen.

Der Kl. beantragt,

den Bescheid über die gesonderte Feststellung der Steuerpflicht der Zinsen aus Kapitallebensversicherungen vom 12.04.2005 und die Einspruchsentscheidung vom 07.09.2005 ersatzlos aufzuheben.

Der Bekl. beantragt,

die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist in vollem Umfang begründet.

Der mit der Klage angefochtene Feststellungsbescheid, mit dem der Bekl. gegenüber dem Kl. die Steuerpflicht von Zinsen aus der Lebensversicherung Nr. XXXXXX bei der L.versicherungs AG gesondert festgestellt hat, ist rechtswidrig.

Nach § 180 Abs. 2 S. 3 Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 9 der Verordnung zu § 180 Abs. 2 der AO (BStBl. I 1995, 3) ist die Steuerpflicht außerrechnungsmäßiger und rechnungsmäßiger Zinsen aus den in den Versicherungsbeiträgen enthaltenen Sparanteilen gesondert festzustellen.

Grundsätzlich sind außerrechnungsmäßige und rechnungsmäßige Zinsen aus Sparanteilen, die in den Beiträgen zu Versicherungen auf den Erlebens- oder Todesfall enthalten sind, als Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 1 EStG steuerpflichtig. Sie sind jedoch nach S. 2 dieser Vorschrift steuerfrei, wenn es sich um Zinsen aus Versicherungen i.S. des § 10 Abs. 1 Nr. 2 b EStG handelt. Diese Steuerfreistellung wird nach § 20 Abs. 1 Nr. 6 S. 4 EStG fü...

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