Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung für Umsatzsteuerschulden
Leitsatz (redaktionell)
1. Soweit die Stpfl. die Auffassung vertritt, dass sie nicht nach außen erkennbar für die E-GbR gehandelt habe, so ist dieser Umstand nicht entscheidungserheblich. Denn die Haftung nach § 128 HGB knüpft nicht an die Geschäftsführungstätigkeit, sondern an die Gesellschafterstellung an.
2. Es gibt keine Verpflichtung der Finanzbehörde nur denjenigen Haftungsschuldner in Anspruch zu nehmen, dem der größte Verschuldensgrad zur Last gelegt werden kann, da die Haftung nach § 128 HGB eine verschuldensunabhängige Haftung darstellt.
Normenkette
HGB § 128; AO § 191 Abs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte die Klägerin zu Recht für Umsatzsteuerschulden der E GbR in Anspruch genommen hat.
Die Klägerin und ihr Ehemann, Herr F E, betrieben in den Jahren 2011 und 2012 die E GbR, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die im Bereich des Getränkehandels (insbesondere des Spirituosenhandels) tätig war. Hauptkundin der E GbR war die Firma K GmbH. Die E GbR übte ihre Tätigkeit in den Streitjahren in den Räumlichkeiten in der …Straße in T aus, die zugleich den Wohnsitz der Eheleute darstellen. Alleineigentümerin des Objekts ist die Klägerin.
Der Beklagte hat die Umsatzsteuer 2011 mit geändertem Umsatzsteuerbescheid vom 16.04.2015 gegenüber der E GbR in Höhe von 28.287,48 € bestandskräftig festgesetzt. Vorangegangen war dieser Festsetzung ein von der E GbR geführtes Klageverfahren beim 15. Senat des FG Münster (Az: 15 K 4121/13 U), welches in Anbetracht des während des Klageverfahrens erlassenen Änderungsbescheides in der Hauptsache für erledigt erklärt worden war. Der ursprünglich von der E GbR angefochtene Umsatzsteuerbescheid 2011 vom 13.02.2013 (Steuerfestsetzung: 28.680,88 €) war der Klägerin einzeln bekanntgegeben worden (siehe Seite 15 der Klageschrift im Verfahren 15 K 4121/13 U).
Mit Umsatzsteuerbescheid vom 27.06.2013 hat der Beklagte die Umsatzsteuer 2012 in Höhe von 3.002,00 € festgesetzt und gegenüber der Sozietät S als Empfangsbevollmächtigte der E GbR bekanntgegeben. Den hiergegen eingelegten Einspruch hat der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 02.12.2013 als unbegründet zurückgewiesen. Eine Klage hiergegen wurde nicht erhoben.
Mit Haftungsbescheid vom 18.04.2016 nahm der Beklagte die Klägerin für offene Umsatzsteuerschulden der E GbR in folgender Höhe in Anspruch:
Steuerart |
Zeitraum |
Fällig |
Betrag |
SZ |
B-Datum |
USt |
2011 |
09.02.2012 |
26.865,15 € |
10.339,00 € |
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Zinsen zur USt |
2011 |
19.11.2015 |
1.836,00 € |
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USt |
2012 |
01.08.2013 |
3.002,00 € |
810,00 € |
27.06.2013 |
Zinsen zur USt |
2012 |
19.11.2015 |
75,00 € |
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Summe |
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31.778,15 € |
11.149,00 € |
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Gesamt |
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42.927,15 € |
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Gegen diesen Haftungsbescheid legte die Klägerin am 29.04.2016 Einspruch ein (Bl.14 der Haftungsakte). Eine Begründung des Einspruchs erfolgte nicht.
Während des laufenden Einspruchsverfahrens hat die E GbR einen Betrag in Höhe von 3.031,62 € auf die Steuerschulden gezahlt.
Mit Einspruchsentscheidung vom 02.01.2018 reduzierte der Beklagte die Haftungsschuld unter Änderung des Haftungsbescheides vom 18.04.2016 wegen zwischenzeitlich erhaltener Zahlungen auf 35.989,14 €. Der Beklagte habe die Klägerin zu Recht für die Umsatzsteuerschulden der Gesellschaft in Anspruch genommen. Insbesondere sei die Haftungsinanspruchnahme ermessensgerecht erfolgt, denn die Vollstreckung der Rückstände bei der E GbR sei erfolglos verlaufen. Zudem sei Herr F E als weiterer Gesellschafter ebenfalls mit Haftungsbescheid in Anspruch genommen worden.
Mit ihrer am 26.01.2018 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren gerichtlich weiter.
Der Beklagte habe sein Auswahlermessen in der Einspruchsentscheidung nicht ausreichend begründet. Im Rahmen des Auswahlermessens sei der Grad des Verschuldens des einzelnen Haftungsschuldners wesentliches Kriterium. Die Klägerin habe nicht nach außen hin erkennbar für die E GbR gehandelt. Sie sei zu keinem Zeitpunkt gegenüber dem Hauptkunden der E GbR, der Firma K GmbH, als Vertreterin der Gesellschaft aufgetreten und habe dort keinerlei Verträge unterzeichnet. Diese Aufgaben habe allein ihr Ehemann und Mitgesellschafter, Herrn F E, wahrgenommen. Auch auf der Einkaufseite, insbesondere gegenüber dem Lieferanten Y, sei die Klägerin nicht in Erscheinung getreten.
Die Klägerin beantragt,
den Haftungsbescheid vom 18.04.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.01.2018 ersatzlos aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist zur Begründung auf die Ausführungen in der Einspruchsentscheidung.
Der Senat hat die Gerichtsakten der Verfahren 9 K 4221/13 F, 5 K 1812/16 U und 15 K 4121/13 U beigezogen.
In der Sache hat am 14.05.2020 eine mündliche Verhandlung vor dem Senat stattgefunden, auf die Sitzungsniederschrift wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Der angefochtene Haftungsbescheid vom 18.04.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.01.2018 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 1...