Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit einer Prüfungsanordnung
Leitsatz (redaktionell)
Liegen die Voraussetzungen für eine rechtmäßige Erweiterung einer Prüfungsanordnung im Erweiterungszeitpunkt vor, ist die Prüfungsanordnung auch dann rechtmäßig, wenn in der Einspruchsentscheidung eine ermessensfehlerhafte Begründung erteilt wird.
Normenkette
BpO § 4 Abs. 3 S. 2; AO § 193 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist nur noch, ob die Anordnungen von Außenprüfungen für die ESt 2007 und Gewerbesteuer 2007 rechtmäßig waren.
Der Kläger erzielte u.a. Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Nach den Feststellungen des Beklagten bestand zwischen dem Einzelunternehmen des Klägers und der E GmbH bis Ende 2010 eine Betriebsaufspaltung sowie eine umsatzsteuerliche Organschaft.
Mit Bescheiden vom 09.05.2012 ordnete der Beklagte gegenüber dem Kläger unter Berufung auf § 193 Abs. 1 AO Außenprüfungen an, und zwar zum einen betreffend Einkommensteuer (ESt) 2008 bis 2010 und zum anderen betreffend Umsatzsteuer (USt) und Gewerbesteuer (GewSt) 2008 bis 2010. Am 24.05.2012 wurde ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Hinterziehung von ESt und GewSt 2009 und 2010 gegen den Kläger eingeleitet.
Der Kläger wurde mit Schreiben vom 30.05.2012 (Bl. 179 der „dicken” Betriebsprüfungsakte – BpA –) über die bisherigen Prüfungsfeststellungen informiert. Der Prüfer beanstandete u.a., dass der Kläger zwei Darlehen über 660.160 EUR bzw. 539.444 EUR (Stand 31.10.2010), die ihm die E GmbH gewährt hat, bei seinem Einzelunternehmen als Verbindlichkeiten bilanziert habe. Das Darlehen über 539.444 EUR (gewährt mit Vertrag vom 01.07.2008; im Einzelunternehmen des Klägers gebucht auf Kto. 1 und bei der GmbH auf Kto. 2) entfalle jedoch vollumfänglich auf das vermietete Objekt in R, A-Straße 1 und scheide damit als betriebliche Schuld aus. Auch die Zinsen für das Darlehen über 660.160 EUR (gewährt mit Vertrag vom 01.05.1988, zuletzt geändert am 01.10.1997; im Einzelunternehmen des Klägers gebucht auf Kto. 3 und bei der GmbH auf Kto. 4) seien nicht in vollem Umfang als Betriebsausgaben anzuerkennen, da seit dem Jahr 2000 nur niedrige Anschaffungen von Wirtschaftsgütern vorgenommen worden seien und daher anzunehmen sei, dass ein Großteil des Darlehens nicht auf das Betriebsvermögen entfalle. Die für dieses Darlehen erklärten Zinsen von 24.628 EUR (2008), 23.557 EUR (2009) und 32.251 EUR (2010) seien deshalb im Schätzwege in einen privaten und einen betrieblichen Teil aufzuteilen.
Die Außenprüfungen wurden mit Bescheiden vom 05.10.2012 erweitert, und zwar zum einen auf die ESt 2006 und 2007 und zum anderen auf die USt und GewSt 2006 und 2007. Die Prüfungserweiterungsanordnung betreffend ESt wurde nicht nur an den Kläger sondern auch an dessen Ehefrau gerichtet. Als Rechtsgrundlage war erneut § 193 Abs. 1 AO angegeben. Zur Begründung wurde angegeben, dass die Erweiterung des Prüfungszeitraums nach § 4 Abs. 3 BpO erforderlich sei, weil mit nicht unerheblichen Änderungen der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen sei.
Den Bescheiden vom 05.10.2012 war nach Aktenlage eine Besprechung vorausgegangen, in der auf eine Erweiterung des Prüfungszeitraums hingewiesen worden war. Und zwar wurden ausweislich des gefertigten Aktenvermerks (Bl. 56 „dünne” BpA bzw. Bl. 250 „dicke” BpA) in Bezug auf das Einzelunternehmen des Klägers drei Punkte angesprochen, nämlich die „Schuldzinsen V+V”, die „Aufteilung der übrigen Darlehen in nicht betrieblichen Anteil” und die „Bewertung GmbH Anteile”. Unter dem Gliederungspunkt „Aufteilung der übrigen Darlehen” heißt es in dem Aktenvermerk wie folgt:
„Es wurde ein privater Anteil von 90 % für die gesamten Schuldzinsen angenommen. Es wurde verdeutlicht, dass nur auf Grund der durchgeführten BP für die Jahre 1997-1999 aus Sicht des FA keine Steuerhinterziehung vorliegt, da insoweit damals der Sachverhalt nicht beanstandet wurde.
Evt. wird allerdings auf die Jahre 2006 und 2007 der Prüfungszeitraum erweitert.”
Die Prüfungen sind inzwischen abgeschlossen. Der Beklagte hat unter dem Datum 28.11.2012 zwei Betriebsprüfungsberichte erstellt, von denen der eine die ESt 2008 bis 2010 und der andere die ESt 2006 und 2007, USt 2008 bis 2010 sowie GewSt 2006 bis 2010 betraf. Hierin hat der Prüfer die Schuldzinsen für beide o.g. Darlehen nicht als Betriebsausgaben anerkannt. Für das Darlehenskonto 3, welches als laufendes Verrechnungskonto genutzt worden sei, wurde ein Privatanteil von 100 % angenommen. In Tz. 2.3.2 des Bp-Berichts betreffend ESt 2006/2007 u.a. heißt es außerdem, dass eine Änderung der Veranlagung des Kalenderjahres 2006 aufgrund der Festsetzungsverjährung nach § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 169 Abs. 1 AO ausscheide.
In der Auswertungsverfügung zum o.g. Bp-Bericht (Bl. 2 „dünne” BpA) wurde festgehalten, dass für das Jahr 2006 bzw. hinsichtlich der USt 2007 keine Änderungsbescheide ergehen. Es ist dort in Bezug auf die Jahr 2006 und 2007 ...