Entscheidungsstichwort (Thema)
Frage der Umsatzsteuerbarkeit der Veräußerung einer Milchreferenzmenge (Milchquote)
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Milchquote bezeichnet eine öffentlich-rechtliche Befugnis, die ihren Inhaber berechtigt, in Höhe der zugeteilten Quote Milch abgabenfrei bei einem Milchverarbeiter anzuliefern. Dieses Recht stellt einen verbrauchbaren Vorteil i.S.d. Umsatzsteuerrechts dar und ist handelbar. Es handelt sich dabei um eine sonstige Leistung gem. § 3 Abs. 9 Satz 1 UStG.
2. Die Veräußerung der Milchquote stellt weder eine Lieferung landwirtschaftlicher Erzeugnisse noch eine landwirtschaftliche Dienstleistung dar, sodass auf die Bemessungsgrundlage § 12 Abs. 1 UStG anzuwenden ist.
Normenkette
UStG § 12 Abs. 1, § 3 Abs. 9 S. 1
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob die Veräußerung einer Anlieferungs-Referenzmenge für Milch (Milchquote) im Streitjahr 2009 als umsatzsteuerbarer und -pflichtiger, der Regelbesteuerung unterliegender Umsatz zu erfassen ist.
Der Kläger betrieb ursprünglich Milchviehwirtschaft, eine Fotovoltaikanlage und vermietete Ferienwohnungen. Die Umsätze aus der Milchviehhaltung unterwarf er der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Die Umsätze mit der Fotovoltaikanlage und den Ferienwohnungen versteuerte der Kläger mit dem Regelsteuersatz.
Zum 1.4.2006 gründete der Kläger zusammen mit dem Landwirt C E aus S, der ebenfalls Milchvieh hielt, die X GbR (GbR). Gegenstand der GbR war die gemeinsame Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebs mit den Schwerpunkten Milchviehhaltung, Jungviehaufzucht, Bullenmast und Ackerbau. Der Kläger übernahm als Arbeitsbereich die Jungviehaufzucht, sein Mitgesellschafter, C E, die Milchviehhaltung. Die beiden Gesellschafter überließen der Gesellschaft – neben bestimmten anderen Wirtschaftsgütern und der eigenen Arbeitskraft – unentgeltlich ihre Milchquoten. Die Milchquoten wurden ertragsteuerlich in den Sonderbilanzen der Gesellschafter bei der GbR ausgewiesen. Die GbR unterwarf ihre Umsätze der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG. Ihre eigenen landwirtschaftlichen Betriebe führten die beiden Gesellschafter jeweils in reduzierter Form fort. Der Kläger betrieb nach eigenen Angaben, wie dem Protokoll des Erörterungstermins vom 14.1.2016 zu entnehmen ist, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, in den Jahren 2006 bis 2009 neben der GbR Ackerbau und Jungviehhaltung. In dieser Zeit hielt er nach eigenen Angaben – neben der GbR – aber kein Milchvieh und veräußerte auch keine Milch.
Zum 30.6.2009 wurde die GbR durch Vereinbarung ihrer Gesellschafter aufgelöst. Im Rahmen der Gesellschaftsauflösung veräußerte der Kläger mit Wirkung zum 1.7.2009 seine ihm zustehende Milchquote an seinen ehemaligen Mitgesellschafter gegen eine Zahlung von – zwischen den Beteiligten unstrittig – 134.359,02 €. Im Anschluss an die Gesellschaftsauflösung führten die beiden Gesellschafter ihre als Gesellschafter ausgeübten Arbeitsbereiche jeweils selbständig fort.
Im Rahmen seiner Umsatzsteuererklärung für 2009 erklärte der Kläger die Veräußerung der Milchquote nicht. Der Erklärung stimmte der Beklagte am 20.12.2011 zu und setzte die Umsatzsteuer für 2009 antragsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.
Im November 2012 führte das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung N beim Kläger eine Außenprüfung durch. Ausweislich Tz. 2.2.1 des Berichts über die Außenprüfung vom 19.2.2013, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, traf der Prüfer im Wesentlichen die folgenden Feststellungen: Die Veräußerung einer Milchquote als immaterielles Wirtschaftsgut des Anlagevermögens sei als sonstige Leistung i. S. des § 3 Abs. 9 UStG zu qualifizieren. Die Veräußerung unterliege der Regelbesteuerung, da die Milchquote vor der Veräußerung einem anderen Unternehmer, nämlich der GbR, zur Nutzung überlassen worden sei. Eine unternehmerische Nutzung im landwirtschaftlichen Betrieb i. S. des § 24 UStG habe daher ab dem Zeitpunkt der Überlassung nicht mehr vorgelegen. Die Umsatzsteuer für 2009 sei daher ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von 112.906,74 € um 21.452,28 € zu erhöhen.
Der Beklagte schloss sich der Auffassung des Prüfers an und setzte die Umsatzsteuer für 2009 durch Bescheid vom 20.3.2013 um 21.748,41 € höher fest. Hiervon entfielen 21.452,28 € auf die in diesem Verfahren strittige Veräußerung der Milchquote. Der darüber hinausgehende Ansatz beruht auf zwischen den Beteiligten nicht strittigen Umsätzen mit dem Betrieb einer Ferienwohnung. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Einspruch ein, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 10.4.2014 als unbegründet zurückwies. Zur Begründung führte er aus, dass der Verkauf der Milchquote zutreffend der Umsatzsteuer unterworfen worden sei. Die Milchquote habe nur bis zur Gründung der GbR zum normalen Ausrüstungsbestand des landwirtschaftlichen Milchviehbetriebs des Klägers i. S. des § 24 UStG gehört. Mit der unentgeltlichen Überlassung der Milchquote an die G...