Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückgängigmachung einer Gewinnausschüttung
Leitsatz (redaktionell)
1) Ein Gewinnanteil i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG liegt vor, wenn der Betrag dem Anteilseigner aufgrund eines Gewinnverteilungsbeschlusses tatsächlich zufließt-
2) Die spätere Rückgängigmachung der Gewinnausschüttung lässt den Zufluss rückwirkend auch dann nicht entfallen, wenn die Gewinnausschüttung auf einem Versehen beruhte.
3) Die Rückgängigmachung der Gewinnausschüttung führt nicht zu negativen Einnahmen.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Nr. 40 Buchst. d
Tatbestand
I.
Zwischen den Beteiligten streitig sind die einkommensteuerrechtlichen Folgen der Rückgängigmachung einer offenen Gewinnausschüttung.
Die Kläger sind Eheleute und wurden von dem Beklagten im Streitjahr 2006 gemeinsam zur Einkommensteuer veranlagt. Zugleich unterlagen sie auch in Australien aufgrund ihres Wohnsitzes in New South Wales der unbeschränkten Steuerpflicht.
Der Kläger ist (neben seinem Bruder A. X.) zu 50 % an der B. X. Holding-GmbH mit Sitz in A-Stadt beteiligt.
Am 02.01.2006 hielten der Kläger und sein Bruder telefonisch eine Gesellschafterversammlung ab, in der sie den Jahresabschluss zum 31.12.2004 mit einem Jahresüberschuss in Höhe von 3.615,42 EUR und einem Bilanzgewinn in Höhe von 13.888.238,17 EUR feststellten. Zugleich beschlossen die Gesellschafter aus dem Bilanzgewinn eine Ausschüttung in Höhe von 5.030.000 EUR vorzunehmen. Der verbleibende Bilanzgewinn in Höhe von 8.858.238,17 EUR wurde auf neue Rechnung vorgetragen.
Die Gewinnausschüttung an den Kläger erfolgte am folgenden Tage in Höhe von 2.514.762 EUR. Im Januar 2006 wurde die auf die Gewinnausschüttung entfallende Kapitalertragsteuer angemeldet und abgeführt.
Bereits am 07.03.2006 hielten die Gesellschafter eine weitere telefonische Gesellschafterversammlung ab. Sie beschlossen darin, den Gewinnausschüttungsbeschluss vom 02.01.2006 aufzuheben. Die Gesellschafter seien sich darüber einig, dass bei der Ausschüttung Grundbedingungen angenommen worden seien, die sich als unzutreffend erwiesen hätten. Nach Feststellung dieses Irrtums würden die Voraussetzungen für die vorgenommene Ausschüttung als nicht gegeben erachtet. Die Gesellschafter verpflichteten sich, zugeflossene Ausschüttungsbeträge zurückzuzahlen, was in der Folge auch tatsächlich geschah.
In einer erläuternden Anlage zur Anlage KAP der Einkommensteuererklärung 2006, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, vertraten die Kläger die Auffassung, aufgrund der Rückgängigmachung der Gewinnausschüttung seien ihnen keine Gewinnanteile zugeflossen. Die Rückzahlung werde daher als negative Einnahme erklärt.
In dem Einkommensteuerbescheid 2006 vom 07.02.2008 ging der Beklagte gleichwohl davon aus, dass der Ausschüttungsbetrag bei dem Kläger als Einnahme aus Kapitalvermögen zu erfassen sei und setzte Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von 1.257.381 EUR an. Die Rückzahlung führe nicht zu negativen Einnahmen, sondern stelle eine Einlage dar.
Nach erfolglos durchgeführtem Einspruchsverfahren, während dem der Beklagte den Einkommensteuerbescheid gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) am 28.01.2009 änderte, haben die Kläger gegen den Einkommensteuerbescheid 2006 Klage erhoben und tragen vor, ihnen sei nichts zugeflossen. Ein Zufluss sei nicht stets endgültig. Mit ihrer Entscheidung, den Ausschüttungsbeschluss rückgängig zu machen, habe sich der für die Besteuerung relevante Sachverhalt geändert. Die Gesellschafter hätten sich so gestellt, als sei eine Gewinnausschüttung niemals erfolgt. Daher sei die Rückgängigmachung als ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO zu behandeln. Anderenfalls werde der Besteuerung ein Sachverhalt zugrunde gelegt, der tatsächlich nicht gegeben sei. Auch der Bundesfinanzhof (BFH) erkenne an, dass Gewinnausschüttungsbeschlüsse genauso rückgängig gemacht werden könnten, wie sie zustande gekommen seien.
Es lägen negative Einnahmen und keine Einlage vor, weil es an einer Veranlassung der Rückgängigmachung der Gewinnausschüttung durch das Gesellschaftsverhältnis fehle. Vielmehr beruhe die Rückgängigmachung auf Gründen, die auf der Ebene des Klägers zu suchen seien. Die Kläger tragen vor, bei der Ausschüttung sei nicht bedacht worden, dass sie auch in Australien der unbeschränkten Steuerpflicht unterlägen und daher die Gewinnausschüttung auch in Australien zu versteuern gewesen sei. Da Australien das Halbeinkünfteverfahren nicht kenne und die deutsche Steuerschuld nur angerechnet werde, habe dies zu einer hohen Gesamtsteuerbelastung geführt. Als der Kläger hierauf durch seinen australischen Steuerberater aufmerksam gemacht worden sei, habe er sich entschlossen, die Gewinnausschüttung rückgängig zu machen.
Wann eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis gegeben sei, werde durch den BFH klar definiert. Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis sei nur gegeben, wenn die Rückzahlung auf einer Satzungsklausel beruhe oder wenn ein Erstattungsanspr...