Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer 1990
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Veräußerung sämtlicher Anteile an einer GmbH durch deren nicht wesentlich beteiligte Gesellschafter einen Gestaltungsmißbrauch i.S.d. § 42 Abgabenordnung (AO) darstellt, wenn der Erwerber der Anteile anschließend an den Erwerb die GmbH liquidiert, die Gewinne voll ausschüttet und eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung vornimmt.
Die Klägerin (Klin.) ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand die Unternehmensberatung für kleinere und mittlere Unternehmen, Existenzaufbauberatungen sowie Existenzgründungsberatungen sind. Mit notariellem Vertrag vom 18.12.1990 erwarb die Klin. sämtliche Anteile an der … GmbH (…-GmbH) zu einem Gesamtkaufpreis in Höhe von 2.868.000 DM von deren Gesellschaftern, die jeweils zu nicht mehr als 25 v.H. an der …-GmbH beteiligt waren. Das Vermögen der …-GmbH war zu diesem Zeitpunkt bereits weitgehend veräußert. Grundbesitz besaß die Gesellschaft nicht mehr. Die Gesellschafter waren sämtlich unbeschränkt steuerpflichtig.
Am 20.12.1990 gewährte die …-GmbH der Klin. ein verzinsliches Darlehen in Höhe von 3.300.000 DM. Mit Beschluß vom 21.12.1990 löste die Klin. die …-GmbH zum 31.12.1990 auf und schüttete durch Gewinnverteilungsbeschluß vom 31.12.1990 den Gewinn der …-GmbH voll aus. Die Klin. verrechnete ihre Ansprüche gegen die …-GmbH auf Ausschüttung in Höhe von 1.606.888 DM und aus der Abtretung von Steuererstattungsansprüchen in Höhe von 535.629 DM sowie 739.770 DM mit dem Darlehensanspruch der …-GmbH. In ihrer Bilanz zum 31.12.1990 wies die Klin. eine restliche Darlehensverbindlichkeit gegenüber der …-GmbH in Höhe von 417.713 DM, Forderungen gegen Kreditinstitute in Höhe von 3.390.386,63 DM und – aus der Finanzierung des Anteilserwerbs – eine Verbindlichkeit gegenüber Kreditinstituten in Höhe von 2.882.425 DM aus. Den ausgeschütteten Gewinn der …-GmbH zzgl. der anrechenbaren Körperschaftsteuer (KSt) erfaßte die Klin. als Ertrag und schrieb wegen der erfolgten Vollausschüttung die Beteiligung an der …-GmbH auf 0,00 DM ab. Die Verbindlichkeit gegenüber Kreditinstituten wurde mit der von der …-GmbH gewährten Darlehens Valuta getilgt.
Der Beklagte (Bekl.) veranlagte die Klin. für den Veranlagungszeitraum 1990 zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung und setzte die KSt-Schuld auf 142.027 DM fest. Nach Abzug von Kapitalertragsteuer und anrechenbarer KSt aus der Ausschüttung und einer geleisteten Zahlung ergab die Abrechnung einen Erstattungsanspruch in Höhe von 1.601.667 DM. Noch vor Auszahlung des Erstattungsbetrages erließ der Bekl. den weiterhin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Änderungsbescheid vom 17.05.1991, in dem er das Einkommen um Erträge aus Beteiligungen in Höhe von 3.347.682 DM minderte und um die Teilwertabschreiung in Höhe von 2.868.000 DM erhöhte. Es ergab sich ein Einkommen von ./. 188.320 DM. Die Änderung begründete der Bekl. damit, daß die gewählte formale Konstruktion nur dem Zweck gedient habe, steuerliche Folgerungen zu umgehen. Es lege daher ein Gestaltungsmißbrauch im Sinne des § 42 AO vor.
Der Einspruch der Klin. blieb erfolglos – Einspruchsentscheidung (EE) vom 03.08.1993 –.
Zur Begründung ihrer hiergegen erhobenen Klage trägt die Klin. vor, sie habe bereits seit längerer Zeit in Kontakt mit der …-GmbH gestanden. Der Erwerb der Gesellschaftsanteile habe dazu gedient, die Kenntnisse und Kundenbeziehungen sowie Betriebsgeheimnisse, die kurzfristig durch Aktenstudium zu gewinnen gewesen seien, für die Klin. zu erwerben. Die …-GmbH habe sich mit geschlossenen Immobilienfonds beschäftigt. Durch den Kontakt zur …-GmbH und den Erwerb der Gesellschaftsanteile habe die Klin. Informationen über deren geschäftliche Beziehungen und Kontakte erlangt. Da diese Erkenntnisse kurzfristig zu gewinnen gewesen seien, sei es auch bereits kurze Zeit nach dem Erwerb der Gesellschaftsanteile zu der wirtschaftlich notwendigen Liquidation der …-GmbH gekommen, wobei sich aus der Liquidation ein zusätzlicher Vorteil für die Klin. in Höhe von ca. 200.000 DM ergeben habe (Ausschüttung ./. Kaufpreis ./. Stammeinlage).
Ein steuerlicher Mißbrauch im Sinne des § 42 AO könne in der vorliegenden Gestaltung nicht gesehen werden, da es grundsätzlich die freie Wahl der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft sei, ob sie eine Gesellschaft selbst liquidieren wollten oder, um den damit verbundenen Schwierigkeiten und Risiken aus dem Wege zu gehen, ihre Anteile verkaufen wollten. Das Steuerrecht könne über § 42 AO diese Wahlmöglichkeit nicht einengen und steuerlich nur eine Liquidation zulassen.
Nach der Rechtsprechung des BFH scheide ein Gestaltungsmißbrauch aus, wenn ein beachtlicher außersteuerlicher Grund für die gewählte Gestaltung vorliege. Ein solcher liege u.a. darin, daß Liquidationsaufgaben und Liquidationsri...