Entscheidungsstichwort (Thema)
Gestaltungsmissbrauch der nicht wesentlich an einer Kapitalgesellschaft beteiligten Gesellschafter durch Anteilsverkauf und Gewinnausschüttung an Schwesterkapitalgesellschaft, verbunden mit ausschüttungsbedingter Teilwertabscheibung, anstelle der wirtschaftlich gebotenen Gewinnausschüttung an die Gesellschafter
Leitsatz (amtlich)
1. Es ist rechtmissbräuchlich, wenn mehrere jeweils nicht wesentlich beteiligte Gesellschafter, die sämtliche Anteile an zwei Kapitalgesellschaften jeweils im gleichen Beteiligungsverhältnis halten, lediglich aus steuerlichen Gründen nicht die vom Gesetz als Regelfall vorgesehene Ausschüttung der Gewinne der einen – im Wesentlichen nur noch über Kapitalvermögen verfügenden – Kapitalgesellschaft wählen, sondern –ohne vorherige Ausschüttung– deren Anteile an die andere Kapitalgesellschaft veräußern, um an diese zwischengeschaltete Gesellschaft die thesaurierten Gewinne bei gleichzeitiger ausschüttungsbedingter Teilwertabschreibung auszuschütten, so dass ihnen über den nicht nach § 17 EStG steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn die Gewinne der ersten Gesellschaft steuerfrei zugeführt werden.
2. Hier: Behandlung der Anteilsveräußerung als verdeckte Gewinnausschüttung und Nichtanerkennung der Teilwertabschreibung bei der erwerbenden Gesellschaft durch das FA.
Normenkette
AO 1977 § 42; KStG § 8 Abs. 3 S. 2; EStG § 36 Abs. 2 Nr. 3, § 17 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 2; KStG § 8 Abs. 1, § 27 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Veräußerung der Anteile am Stammkapital einer GmbH im Rahmen einer sogenannten „Anteilsrotation” einen Mißbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42 Abgabenordnung (AO) darstellt und als Gewinnausschüttung an die veräußernden Gesellschafter zu behandeln ist.
Die Klägerin (Klin.) wurde mit Vertrag vom 16.07.1984 gegründet. Das Stammkapital beträgt 500.000 DM, wovon 125.000 DM eingezahlt sind. Anteilseigner der Gesellschaft sind Josef R., Wolfgang W. Siegfried G. (Treuhänderin Marion W.) und Klaus Pott (Treuhänderin: Helga R.) mit jeweils 25 v.H des Stammkapitals. Die Anteile werden im Privatvermögen gehalten. Gegenstand des Unternehmens der Klin ist die Vermögensanlage in gewerblichen Immobilien und der Immobilienvertrieb. Die Klin thesaurierte bis einschließlich zum Wirtschaftsjahr 1989 die entstandenen Gewinne im vollen Umfang.
Mit notariellem Vertrag vom 01.02.1988 gründeten die Gesellschafter der Klin die Firma … GmbH (Objektanlage GmbH) An dieser Gesellschaft waren Josef R. Wolfgang W., Siegfried G. (Treuhänder Wolfgang W.) und Klaus P. Treuhänder: Josef R. mit je 25% beteiligt. Der Unternehmensgegenstand der Objektanlage GmbH war auf die Anlage gesellschaftseigener Mittel im eigenen Namen und für ausschließlich gesellschaftseigene Rechnung in gewerblichen und anderen Immobilien gerichtet
Aufgrund der BFH-Urteile vom 21.05.1986 (BStBl II 1986, 794, 815), nach denen keine Aufteilung der bei Erwerb eines GmbH-Anteils angefallenen Anschaffungskosten auf die Anteile und auf ein daneben bestehendes Wirtschaftsgut „Gewinnbezugsrecht” vorzunehmen ist, beauftragten die Gesellschafter Ende 1988 die Gesellschafter-Geschaftsführer der Klin, zur Realisierung der mit dieser Änderung der Rechtsprechung verbundenen Steuervorteile für den Veräußerer Verhandlungen über den Verkauf der Gesellschaftsanteile an der Klin mit verschiedenen Interessenten zu fuhren. Die geführten Verhandlung blieben erfolglos. Die Firma H. GmbH, deren Anteilseigner Josef Rahmann ist, unterbreitete den Gesellschaftern der Klin ein Kaufangebot über 2.900.000 DM Dieses Angebot lehnten die Gesellschafter ab, da sie den Gewinn aus der Veräußerung, der noch bei der Klin vorhandenen Objekte über die Objektanlage GmbH selbst machen wollten und diesen erwarteten Gewinn in dem Angebot über 2.900.000 DM in zu geringem Umfang berücksichtigt sahen. Die Gesellschafter der Klin. veräußerten daraufhin mit Vertrag vom 19.10.1989 ihre Gesellschaftsanteile gegen einen Kaufpreis in Höhe von 2.900.000 DM an die Objektanlage GmbH.
Kurze Zeit später wurden mit Verträgen vom 27.10.1989 die noch im Eigentum der Klin. befindlichen Immobilien in Altenberge, Meschede und Waltrop veräußert. Dabei wurde ein Rohgewinn von ca. 2.418.500 DM erzielt. Nach dem Verkauf bestand das Aktiv-Vermögen der Klin. ausschließlich aus Forderungen, Bankguthaben und Darlehnsforderungen gegenüber der Objektanlage GmbH. Dieser hatte die Klin. mehrere Darlehen gewährt, und zwar mit Verträgen vom 06.01.1989 i.H.v 30.000 DM, vom 24.01.1989 i.H.v 50.000 DM, vom 04.09.1989 i.H.v 100.000 DM und 13.12.1989 i.H.v. 1.400.000 DM Lt. Bilanz zum 31.12.1989 betrugen die Darlehen insgesamt 1.580.000 DM. In den Jahren 1990 und 1991 erwarb die Klin. keine neuen Objekte mehr. Ihre Einnahmen stammten aus Finanzanlagen und nachträglichen Arbeiten am Objekt in Altenberg...