Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer 1988 bis 1991, Gewerbesteuermeßbetrag 1988 bis 1991 und Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrages 1991
Tenor
Unter Änderung der Körperschaftsteuerbescheide 1988 und 1989 vom 17.12.1991, der Körperschaftsteuerbescheide 1990 und 1991 vom 15.07.1993, der Gewerbesteuermeßbescheide 1988 und 1989 vom 20.12.1991, des Gewerbesteuermeßbescheides 1990 vom 02.08.1993 und des Gewerbesteuermeßbescheides 1991 vom 14.09.1993, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.09.1996, werden die Körperschaftsteuer, das Einkommen, die Tarifbelastung und die Gewerbesteuermeßbeträge nach Maßgabe der Entscheidungsgründe neu festgestellt bzw. festgesetzt. Die Berechnung wird dem Beklagten übertragen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu 3/4 und der Beklagte zu 1/4.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Beschluß:
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren war notwendig.
Tatbestand
A.
Streitig ist, ob Ausgaben für die Planung und die Organisation von Verkaufsfahrten fingiert wurden, und ob deshalb verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) vorliegen.
Die Klägerin (Kl.) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 12.03.1986, geändert am 19.10.1987, 10.12.1987 und 30.01.1988 errichtet und am 22.02.1988 im Handelsregister eingetragen. Ihr Stammkapital betrug 50.000 DM und wurde von … (F. J.) als alleinigem Gesellschafter gehalten F. J. war in den Streitjahren gleizeitig Geschäftsführer der Kl. Der Sitz der Kl. wurde während der Gründung von … nach … sodann nach … und wieder nach … verlegt Unternehmensgegenstand war zunächst die Werbung sowie der Verkauf von Textilien und Haushaltsgeräten aller Art; aufgrund eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung vom 12.08.1991 kam hinzu die Vermittlung von Reisen und die Unterhaltung von Reisebüros. Am 10.08.1994 beantragte der Beklagte (das Finanzamt –FA–) die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Kl.; der Antrag wurde am 27.07.1996 zurückgenommen.
Die Kl. gehörte zur Unternehmensgruppe …(J.) mit der F. J. und dessen Ehefrau … (E. J.) in großem Umfang im Rahmen von „Kaffeefahrten– Werbeverkaufsveranstaltungen durchführten. Dabei wurden u.a. Wollwaren der Firma … GmbH (Lamagold) verkauft, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer F. J. war. Die Verkaufsfahrten wurden von verschiedenen Vertriebsfirmen veranstaltet, zu denen neben der Kl. u.a. die Ro. Reisen GmbH (Gesellschafter: E. J. zu 52 v.H. und der Sohn …-B. – zu 48 v.H., Geschäftsführerin: E. J.), die Lu. Reisen GmbH (Gesellschafter F. J., Geschäftsführerin E. J.), die Co. Reisen GmbH (Gesellschafterin und Geschäftsführerin E. J.) und die Ar. Vertriebs GmbH (Gesellschafterin und Geschäftsführerin E. J.) gehörten.
Am 22.08.1990 begann eine Betriebsprüfung (Bp) bei den Eheleuten J. und den zu ihrer Gruppe gehörenden Unternehmen, in die die Bp-Stelle des Finanzamts (FA) … die Steuerfahndungsstelle des FA … und das FA für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung … (Steufa) eingeschaltet waren. Im Zuge der Ermittlungen wurden F. J. und E. J. zunächst verhaftet. Nachdem der Haftbefehl durch das Amtsgericht … am 31.10.1991 aufgehoben worden war, begaben sich beide in die Schweiz, bevor das Beschwerdegericht am 07.11.1991 einen neuen Haftbefehl erließ. F. J. ist am 30.08.1994 verstorben. Die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen E. J. hat das Landgericht … mit Beschluß vom 05.02.1996 abgelehnt. Gegen B. J. hatte das Amtsgericht … am 08.05.1992 Haftbefehl erlassen, der durch Beschluß des Landgerichts … vom 30.12.1993 aufgehoben wurde.
Die Kl. wurde in folgendem Punkt von den Ermittlungen betroffen:
Betreuungsvertrag mit der Firma … Schweiz (P. AG)
Die Kl. und ihre Schwesterfirmen, vertreten durch E. J., schlossen am 28.07.1988 einen notariell beurkundeten Betreuungsvertrag mit der P. AG, vertreten durch B. J., ab. Mit schriftlicher, notariell beglaubigter Erklärung vom 03.08.1988 bestätigte F. J., der E. J. mündlich Vollmacht für die Vertretung der Firmen Lamagold, Ko. und für sich selbst erteilt zu haben.
Die P. AG verpflichtete sich, die Firmen der Eheleute J. in bezug auf die Planung von Busreisen, die Abwicklung der Fahrten und den Aufbau der Touren im In- und Ausland zu betreuen, die Tourenpläne zusammenzustellen und die Fahrten mit den entsprechenden Busunternehmen zu organisieren, die leistungsfähigsten und preiswertesten Busunternehmer herauszusuchen und anzubieten, sowie laufend den neuesten Stand der Anzahl der Haushalte für Postwurfsendungen und bis zu 4 Millionen Adressen von Interessenten zur Verfügung zu stellen (§ 1 des Vertrages). Sie sollte neue Fahrtziele und Veranstaltungsprogramme entwickeln und anbieten (§ 2 des Vertrages) und die Organisation für den Ablauf der ...