Entscheidungsstichwort (Thema)
AfA für ein Cembalo als Werbungskosten eines hauptberuflichen Kirchenmusikers. Einkommensteuer 1972
Leitsatz (amtlich)
Ein hauptamtlich bei einer Kirchengemeinde beschäftigter Kirchenmusiker kann die AfA für ein Cembalo, das ganz überwiegend beruflich genutzt wird, als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen. Auch wenn das Cembalo gelegentlich geringfügig privat genutzt wird, sind die AfA in voller Höhe als Werbungskosten abzugsfähig. Eine Aufteilung in einen beruflichen und privaten Nutzungsanteil erfolgt nicht.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Nrn. 6-7, § 12 Nr. 1
Tenor
Unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1972 des Finanzamts Hamm vom 6.3.1974 und der Einspruchsentscheidung des Finanzamts Hamm vom 15.8.1974 wird die Einkommensteuer für das Jahr 1972 auf 9.050,– DM festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger (Kl.) als Kantor einer Kirchengemeinde die Absetzungen für Abnutzung für ein Cembalo als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen kann.
Der Kl. war in der Zeit vom 1.4.1970 bis 1.4.1974 als Kantor bei der Evangelischen Kirchengemeinde in Hamm hauptamtlich beschäftigt. Nach dem Inhalt seines Dienstvertrages war er für das gesamte kirchenmusikalische Leben innerhalb der Kirchengemeinde Hamm verantwortlich. Das bedeutete, daß er mit den in der Kirchengemeinde sonst noch tätigen Organisten und Chorleitern Verbindung hielt, ihnen Anregungen für ihre Arbeit gab und sie kirchenmusikalisch förderte. Er versah den Organistendienst in allen vom Presbyterium festgesetzten Gottesdiensten. Außerdem hatte er die in der Kirchengemeinde üblichen geistlichen Abendmusiken und Orgelvespern und ähnliches in Abständen von etwa 2 Monaten zu halten. Als Chorleiter hatte er die Singearbeit in der Gemeinde zu fördern. Tatsächlich hat der Kl. mehrere Kirchenkonzerte geleitet und auch als Interpret am Cembalo mitgewirkt. Neben seiner Tätigkeit als Kantor gab der Kl. Musikunterricht für den Kirchenmusikernachwuchs, den die Evangelische Kirche von Westfalen vergütete. Außerdem unterrichtete er als Musiklehrer an einer Privatschule für Sozialpädagogik.
Im Jahre 1972 erwarb der Kl. ein Cembalo zum Preise von 11.684,20 DM einschließlich Nebenkosten. Außerdem erwarb er ein Klavier und den dazu gehörigen Klavierstuhl zum Preise von insgesamt 2.812,– DM. In der Einkommensteuer (ESt)-Erklärung für das Jahr 1972 beantragte der Kl. die Berücksichtigung dieser Aufwendungen bzw. der Absetzung für Abnutzung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Mit dem ESt-Bescheid für das Jahr 1972 lehnte der Beklagte (Bekl.) den Werbungskostenabzug ab. Auf den dagegen eingelegten Einspruch erkannte der Bekl. Absetzungen für Abnutzung für das Klavier und die Aufwendungen für den Klavierstuhl als Werbungskosten an. Die Berücksichtigung der Aufwendungen für den Erwerb des Cembalos lehnte er erneut ab. Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kl. Absetzungen für Abnutzung für das Cembalo als Werbungskosten anzuerkennen.
Er trägt vor, er sei als Kantor ausgebildet und habe nach acht Semestern Studium die Prüfungen abgelegt. Zu seinem Studium habe als Pflichtfach das Spiel und der Unterricht auf einem Cembalo gehört. Als hauptamtlicher Kantor benötige er ein Cembalo, weil die gesamte geistliche Musik der Barockzeit nur mit der Besetzung eines Generalbasses, d. h. eines Cembalos aufzuführen sei. Seine Bemühungen, die Evangelische Kirchengemeinde zu veranlassen, ein Cembalo anzuschaffen, seien mangels der entsprechenden Mittel erfolglos geblieben. Wenn er demzufolge unter Berücksichtigung der ihm obliegenden Verantwortlichkeit seine eigenen Mittel dazu verwendet habe, das für ihn notwendige Arbeitsinstrument zu beschaffen, so könne aus dieser Tatsache nicht gefolgert werden, daß es sich bei einem derart kostspieligen Instrument nicht um ein Arbeitsmittel, sondern um private Aufwendungen gehandelt habe. Die berufliche Nutzung des Cembalos habe eindeutig im Vordergrund gestanden, während eine möglicherweise geringfügige private Nutzung von völlig untergeordneter Bedeutung gewesen sei.
Der Kl. beantragt,
die Kosten für das Cembalo von 11.684,20 DM verteilt auf die Nutzungsdauer von 20 Jahren als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anzuerkennen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, dem Kl. habe als Kantor sowohl die Leitung eines Chores als auch des Orgelspiels in der Paulus-Kirche und der Luther-Kirche oblegen. Dem Chor habe ein Klavier zur Verfügung gestanden. Außerdem habe der Kl. Kirchenkonzerte und geistliche Abendmusiken veranstalten müssen. Die Auswahl des Programms sei unter Beachtung der vorhandenen Haushaltsmittel vom Kl. in eigener Verantwortung getroffen worden. Die Verpflichtung zur Verwendung eines Cembalos habe nicht bestanden. Wenn der Kl. es dennoch eingesetzt habe, so habe das seinem eigenen Wunsch und seiner eig...