Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückstellung für Steuernachforderungen aus einer Außenprüfung
Leitsatz (redaktionell)
Eine Rückstellung für Steuernachforderungen aufgrund einer Außenprüfung, denen keine Steuerhinterziehung zugrunde liegt, ist nicht bereits im Jahr der wirtschaftlichen Verursachung sondern erst im Jahr der „Aufdeckung” zu bilden.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 4; HGB § 249 Abs. 1 S. 1; EStG § 5 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Zu entscheiden ist, ob in den Jahren 2010 und 2011 Vorsteuerbeträge, die umsatzsteuerlich endgültig nicht zum Abzug zugelassen wurden, ertragsteuerlich in den Jahren 2010 und 2011 gewinnmindernd berücksichtigt werden können, und ob Zinsen im Sinne des § 233a der Abgabenordnung (AO) in den Jahren 2009 bis 2011 ertragsteuerlich gewinnmindernd berücksichtigt werden können.
Die Klägerin betreibt ihr Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. In den Streitjahren 2009 bis 2011 handelte sie mit Mobilfunkzubehör und Mobilfunkgeräten. Komplementärin der Klägerin ist die nicht am Gesellschaftskapital beteiligte C-Beteiligungs-GmbH. Kommanditisten der Klägerin, jeweils mit einer Kapitalbeteiligung in Höhe von X €, sind Herr E 1 und Herr E 2. Herr E 2 ist zugleich Geschäftsführer der Komplementärin.
Die Klägerin ermittelt ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach §§ 4 Abs. 1, 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Ihre Steuererklärungen für die Streitjahre reichte sie am 06.12.2010 (für 2009), am 15.09.2011 (für 2010) sowie am 22.03.2013 (für 2011) ein.
Der Beklagte stellte die Besteuerungsgrundlagen der Klägerin mit Bescheiden vom 21.02.2011 (für das Jahr 2009), vom 12.10.2011 (für das Jahr 2010) und vom 10.05.2013 (für das Jahr 2011), die gemäß § 164 Abs. 1 AO jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergingen, gesondert und einheitlich fest. Hierbei berücksichtigte er im Feststellungszeitraum 2009 einen gewerblichen Gewinn in Höhe von X €, im Feststellungszeitraum 2010 gewerbliche Einkünfte in Höhe von X € und im Feststellungszeitraum 2011 in Höhe von X €.
Die Gewerbesteuermessbeträge stellte der Beklagte für das Kalenderjahr 2009 auf X €, für das Kalenderjahr 2010 auf X € und für das Kalenderjahr 2011 auf X € fest.
Aufgrund einer Prüfungsanordnung vom 07.05.2013 führte der Beklagte für die Veranlagungszeiträume 2009 bis 2011 eine Außenprüfung bei der Klägerin durch, die mit Prüfungsbericht vom 12.05.2014 abschloss.
Zuvor hatte eine Kontrollmitteilung des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung N vom 12.06.2012 dazu geführt, dass mit Verfügung vom 26.07.2012 durch das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung O Vorermittlungen gegen den Geschäftsführer der Klägerin, Herrn E 2, wegen der geschäftlichen Kontakte der Klägerin zur Firma R sowie dessen Geschäftsführer, Herrn H, eingeleitet wurden. Am 12.04.2013 wurde ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen den Geschäftsführer der Klägerin eingeleitet, ihm jedoch zunächst noch nicht bekannt gegeben. Aufgrund eines Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlusses vom 17.04.2013 fand am 07.05.2013 eine Durchsuchung in den Geschäftsräumen der Klägerin sowie der Wohnung ihres Geschäftsführers, Herrn E 2, statt. Zugleich wurde Herr E 2 als Beschuldigter vernommen, wobei er eine Aussage zur Sache verweigerte.
Die Betriebsprüferin stellte fest, die Klägerin habe in den Jahren 2010 und 2011 Eingangsrechnungen der Firma R, mit denen der Ankauf von Mobilfunkgeräten abgerechnet worden sei, verbucht und die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend gemacht.
Offiziell sei Herr H Inhaber der Firma R gewesen. Im Rahmen von Ermittlungen des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung N bei der Firma R sei jedoch festgestellt worden, Herr H erfülle lediglich die Funktion eines Strohmannes. Tatsächlich werde das Unternehmen der Firma R von Herrn P betrieben, dem daher die Umsätze zuzurechnen seien. Dies habe Herr H in seiner Vernehmung durch das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung N ausdrücklich bestätigt. In der Folge sei Herr H wegen seiner Rolle in dem aufgedeckten Umsatzsteuerkarussell vom Landgericht N verurteilt worden.
Nach den weitergehenden Ermittlungen der Betriebsprüfung sowie des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung O bei der Klägerin sei davon auszugehen, dass Herr E 2 seit Beginn der geschäftlichen Verbindung zur Firma R Kenntnis darüber gehabt habe, dass nicht Herr H, sondern Herr P der tatsächlich leistende Unternehmer gewesen sei.
Im Wesentlichen ergäben sich die Feststellungen aus dem sichergestellten E-Mail-Verkehr sowie der Aussage des Herrn S, eines Arbeitnehmers der Klägerin.
Spätestens ab dem 20.12.2010 sei Herrn E 2 bekannt gewesen, dass die Klägerin über Herrn P in Umsatzsteuerkarussellgeschäfte involviert gewesen sei. Denn bei einer Lieferung der Klägerin von bei der Firma R erworbenen Mobiltelefonen an die Firma L GmbH habe sich herausgestellt, dass 33 der 48 gelieferten Telefone sich bereits bei der Firma L im Lager befunden hätten. Vor diesem H...