Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwischenschaltung einer weiteren Tochtergesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
1) § 1 Abs. 3 GrEStG findet auch Anwendung, wenn die Anteile an einer 100%igen Tochtergesellschaft auf eine andere 100%ige Tochtergesellschaft übertragen werden.
2) Für diesen Fall erfolgt auch keine Anrechnung evtl. früher im Konzernbereich entstandener Grunderwerbsteuer über § 1 Abs. 6 GrEStG.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 3 Nr. 3, §§ 6, 18-19; AO § 169 Abs. 2, §§ 170, 119; GrEStG § 1 Abs. 6; AO § 122
Nachgehend
Tatbestand
Streitig sind Fragen zur Festsetzungsverjährung, die ordnungsgemäße Bekanntgabe eines Steuerbescheides sowie die Steuerpflicht bzw. Steuerbefreiung von Grunderwerben durch eine Anteilsvereinigung (§ 1 Abs. 3 und 6 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG).
Die Klägerin (Klin.) ist eine Aktiengesellschaft. Sie firmierte bis Ende 1992 unter dem Namen C.H.A. AG, bis Anfang August 1995 unter dem Namen C.H.A. Holding AG, ab Anfang August 1995 unter den Namen C.H.A. B AG und ab Ende Juni 2000 unter ihrem jetzigen Namen I T T AG.
Am 20.06.1990 schlossen die Herren R. als Veräußerer und die Klin. sowie die Firma R.-Bauelemente-Vertrieb GmbH als Erwerber einen Unternehmenskaufvertrag. Wirtschaftlicher Gegenstand des Vertrages war die Veräußerung der gesamten R-Gruppe mit den inländischen Gesellschaften, Beteiligungen, Vermögenswerten und Grundstücken. Zu dieser Gruppe, deren Gesellschafter in unterschiedlichen Beteiligungsverhältnissen die Herren R. waren, gehörten u.a. die Gesellschaften R. GmbH, R.-Bauelemente-Vertrieb GmbH, Rl P. Produkte GmbH und HP R. P. Produkte GmbH & Co. KG. Mit dem Unternehmenskaufvertrag vereinigte die Klin. alle Anteile u.a. an den oben genannten Gesellschaften in ihrer Hand. Grundbesitz im Betriebsvermögen hatten dabei die Reckendrees GmbH, die R. P. Produkte GmbH und die HP R. P. Produkte GmbH & Co. KG. Der Beklagte (Bekl.) hat hinsichtlich dieser Gesellschaften die Anteilsvereinigungen nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG mit 140 % der Einheitswerte der Grundstücke der Grunderwerbsteuer unterworfen. In einem späteren Abschnitt des Unternehmenskaufvertrages veräußerten die Herren R. verschiedene Grundstücke an die R.-Bauelemente-Vertrieb GmbH. Hierfür hat der Bekl. Grunderwerbsteuer (233.140,00 DM) nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG festgesetzt. Die entsprechenden Festsetzungen sind bestandskräftig. Hierüber besteht kein Streit.
Die Klin. war auch alleinige Anteilseignerin der R.-Beteiligungen GmbH. Mit dieser Gesellschaft schloss sie am 20.12.1991 einen Kapitalerhöhungsvertrag. Danach wurde das Stammkapital der R.-Beteiligungen GmbH von 50.000 DM um 14.950.000 DM auf 15.000.000 DM erhöht. Zur Übernahme der neuen Stammkapitalanteile wurde die Klin. zugelassen. Sie erbrachte diese Einlage teilweise durch Geldzahlung und teilweise durch eine Sacheinlage. Dabei wurden die Stammkapitalanteile der Klin. u.a. der oben genannten vier Firmen in die R.-Beteiligungen GmbH eingebracht – Firmen R. GmbH, R.-Bauelemente-Vertrieb GmbH, R. P. Produkte GmbH und HP R. P. Produkte GmbH & Co. KG.
Am 15.08.1994 wurde die R.-Beteiligungen GmbH auf die Klin. verschmolzen, die damit Rechtsnachfolgerin dieser GmbH wurde. Die Verschmelzung wurde im Handelsregister am 03.11.1994 eingetragen.
Der Notar, der den Kapitalerhöhungsvertrag vom 20.12.1991 beurkundet hatte, hat diesen Vertrag bei der Kapitalverkehrssteuerstelle des Finanzamts (FA) Traunstein in Bayern eingereicht. Eine Weiterleitung bzw. die Übersendung einer Abschrift oder Kopie des Kapitalerhöhungsvertrages an den Bekl., in dessen Zuständigkeitsbereich die oben genannten vier, mit Grundbesitz ausgestatteten Firmen sich befanden, erfolgte nicht. Der Bevollmächtigte der Klin. führte im März 1992 mit der Firmensteuerstelle des Bekl. Schriftverkehr, der sich mit der Kapitalerhöhung bei der R.-Beteiligungen GmbH befasst. Eine Unterrichtung der Grunderwerbsteuerstelle durch die Firmensteuerstelle des Bekl. erfolgte ebenfalls nicht.
Ende November 1994 erhielt die Grunderwerbsteuerstelle des Bekl. durch eine Kontrollmitteilung Kenntnis von dem oben genannten Kapitalerhöhungsvertrag vom 20.12.1991. Der Bekl. erließ daraufhin im Dezember 1995 einen Grunderwerbsteuerbescheid wegen Anteilsvereinigung bzgl. der mit Grundstücken ausgestatteten Firma R.-Bauelemente-Vertrieb GmbH und zwar gegen die R.-Beteiligungen GmbH. Von der zwischenzeitlich vorgenommenen Verschmelzung dieser GmbH auf die Klin. hatte der Bekl. zu diesem Zeitpunkt keine Kenntnis. Nach Durchführung eines Einspruchsverfahrens hob der Bekl. schließlich in dem sich anschließenden Klageverfahren vor dem Finanzgericht Münster (Az.: 8 K 4293/96 GrE) den Grunderwerbsteuerbescheid und die Einspruchsentscheidung (EE) im Mai 1997 auf, da er im Laufe des Klageverfahrens von der Verschmelzung Kenntnis erlangt hatte und die noch an die R-Beteiligungen GmbH gerichtete Steuerfestsetzung als nichtig ansah.
Mit Bescheid vom 22.12.1997 setzte der Bekl. erneut Grunderwerbste...