Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer 1990–1992
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluß:
Der Streitwert wird auf 136.008 DM festgesetzt.
Gründe
Streitig ist, ob der Verkauf von Telefonkarten als Sammelobjekte dem ermäßigten Steuersatz unterliegt (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz – UStG –).
Der Kläger (Kl.) ist selbständiger Journalist und Pressephotograph und betreibt einen Handel mit Briefmarken und Telefonkarten.
Im Anschluß an eine Außenprüfung vertrat der Beklagte (Bekl.) unter Bezug auf den Erlaß des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 31.01.1992 (Bl. 17/18 Gerichtsakten – GA –, gleichlautend mit dem BdF-Schreiben vom 31.01.1992 in BStBl I 1992, 141) die Auffassung, die Umsätze des Kl. mit Telefonkarten unterlägen dem vollen Steuersatz (Tz. 8 des Berichts vom 19.07.1995), und erhöhte, in den geänderten Bescheiden vom 29.08.1995 die USt auf den Verkauf von Telefonkarten um folgende Beträge:
1990 |
1991 |
1992 |
15.058,06 DM |
54.498,75 DM |
66.451,66 DM |
Der Einspruch blieb ohne Erfolg (vgl. Entscheidung vom 03.11.1995 – Bl. 12–14 GA).
Dagegen richtet sich die Klage.
Der Kl. vertritt die Auffassung, die USt auf die Umsätze aus dem Verkauf von Telefonkarten ermäßige sich gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG auf 7 v.H..
Telefonkarten seien wie Briefmarken Postwertzeichen im Sinne einer vorausbezahlten Dienstleistung der staatlichen Hoheitsverwaltung (Deutsche Bundespost). Diese Postwertzeichen würden seit über 100 Jahren dem Sammelgebiet „Philatelie” (Briefmarkenkunde) zugerechnet. Telefonkarten seien von Anfang an zusammen mit anderen Postwertzeichen über Postämter Vertrieben worden. Bis 1992 seien von der Deutschen Bundespost in der Regel Quittungen ohne Unterscheidung, ob es sich um Briefmarken oder Telefonkarten gehandelt habe, erstellt worden. Bis 1992 sei beim Verkauf von Telefonkarten, ebenso wie bei Briefmarken, keine USt in Rechnung gestellt worden.
Telefonkarten als Sammelobjekte würden über Briefmarkenhändler und Briefmarkenauktionatoren sowie auf Briefmarkenmessen vertrieben. Der APHV (Fachverband des Deutschen Briefmarkenhahdels) vertrete auch den Telefonkartenhandel. Die katalogmäßige Erfassung von Telefonkarten erfolge durch Fachverlage, die ausschließlich Briefmarkenkataloge herausgäben. Der Vergleich von Telefonkarten mit Bierdeckeln, Streichholzschachteln, Parfümflacons und Armbanduhren lt. BdF-Schreiben vom 31.01.1992 sei völlig abwegig. Der Wert älterer Telefonkarten, die für 12 bzw. für 50 DM von der Post abgegeben worden seien, habe vereinzelt einen 4-stelligen DM-Betrag erreicht.
Zudem stehe das BdF-Schreiben vom 31.01.1992 im Widerspruch zu-Tz. 162 des BdF-Schreibens vom 27.12.1983. Telefonkarten seien in besonderem Maße geeignet, Sitten und Gebräuche der Völker zu dokumentieren.
Der Kl. beantragt sinngemäß (Bl. 1 GA),
unter Abänderung der Umsatzsteuer(USt)-Bescheide 1990 bis 1992 vom 29.08.1995 und der Einspruchsentscheidung (EE) vom 03.11.1995, die Umsätze aus dem Verkauf der Telefonkarten mit 7 v.H. zu versteuern und
im Falle des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen und im Falle des Unterliegens, die Revision zuzulassen.
Er nimmt Bezug auf seine EE.
Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze, die Steuerakten des Bekl. und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Die Klage ist unbegründet.
Zu Recht hat der Bekl. in den angefochtenen USt-Bescheiden bei den Verkäufen der Telefonkarten als Sammelobjekte nicht den ermäßigten Steuersatz, sondern den Regelsteuersatz angewandt.
§ 12 Abs. 2 Nr. 1 S. 1 UStG in Verbindung mit lfd. Nr. 54 (bzw. lfd. Nr. 47 der Fassung vor 1991) der zugehörigen Anlage stellt ab auf Sammlungsstücke aus Position Nr. 97.05 (bzw. 99.05) des Zolltarifs. Erfaßt sind damit neben anderen Gegenständen Sammlungsstücke von geschichtlichem Wert im Sinne der zolltariflichen Vorschriften, die infolge der im UStG enthaltenen Verweisung unmittelbar gelten (BFH-Urteil vom 29. Okt. 1986 VII R 110/82, UR 1987, 18). Stellt man die Frage nach einem geschichtlichen Wert zunächst hintan, so ist nach dem Urteil des EuGH vom 10. Okt. 1985 Rs. 200/84 (HFR 1986, 431), dem sich der BFH (zuletzt Urteile vom 05. April 1990 VII R 56/88, BFH/NV 1990, 744, und vom 12. März 1991 VII R 34/89, UR 1992, 242) angeschlossen hat, von einem Sammlungsstück bereits dann auszugehen, wenn ein Gegenstand einen gewissen Seltenheitswert hat, normalerweise nicht seiner ursprünglichen Zweckbestimmung gemäß verwendet wird und Gegenstand eines Spezialhandels ist. Diese Definition Dürfte auf Telefonkarten zutreffen, für welche sich schon seit Beginn ihrer bundesweiten Einführung (1986) ein Spezialhandel (meist in Verbindung mit Briefmarkenhandel) entwickelt hat und für welche, insbesondere bei ungebrauchter Erhaltung, schön dreistellige und vereinzelt auch noch höhere Beträge pro Stück in den Streitjahren ...