Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage ob Auswertungen und Beratungsleistungen auf Grundlage des Datenbanksystems „Sauenplaner” der Förderung der Tierzucht dienen und ermäßigt zu besteuern sind. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: XI R 21/22)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Auch wenn man unter Zugrundelegung einer weiten Auslegung des Begriffs der „Förderung der Tierzucht” zu dem Ergebnis kommen könnte, dass auch konkret auf den Betrieb des einzelnen Tierzüchters bezogene betriebswirtschaftlich ausgerichtete Beratungsleistungen grundsätzlich als zur Förderung der Tierzucht geeignet anzusehen sind, kann der Senat dies im Streitfall letztlich dahingestellt lassen, denn die streitigen Leistungen fördern die Tierzucht jedenfalls nicht unmittelbar.

2. Die streitigen Leistungen des Stpfl. (u.a. Sauenplanführung, Trächtigkeitsberatung, Betriebszweigauswertung) erfolgen zwar konkret bezogen auf den Betrieb des jeweiligen Ferkelproduzenten, doch wird durch sie nicht selbst der begünstigte Zweck – die Förderung der Tierzucht – erreicht bzw. gefördert.

3. Die streitigen, gegenüber den Ferkelproduzenten erbrachten Beratungsleistungen dienen nicht unmittelbar der Leistungs- und Qualitätsprüfung in der Tierzucht, denn es fehlt bereits an der Zuständigkeit des Stpfl. für Leistungs- und Qualitätsprüfungen i.S.v. § 2 Nr. 7 TierZG.

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1; MwStSystRL Art. 98; TierZG § 2 Nr. 7; UStG § 12 Abs. 2 Nr. 4

 

Tatbestand

Streitig ist die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 Umsatzsteuergesetz (UStG).

Der Kläger ist ein eingetragener Verein mit im Streitjahr 2018 rund … Mitgliedern (Ferkelerzeuger/-produzenten, Ferkelaufzüchter und Mäster). Ausweislich § 2 seiner Satzung aus November 2014 ist er ein freiwilliger Zusammenschluss von Landwirten mit dem Zweck, die „…”. Die Mittel zur Erreichung dieses Zwecks sind:

  • Durchführung von Informationsveranstaltungen, Versammlungen, Vortragstagungen, Mitgliederrundschreiben mit aktuellen Informationen, Zusammenarbeit mit Zentralverbänden der Landwirtschaft;
  • Produktionstechnische Beratung der Mitgliedsbetriebe im Hinblick einer auf den Markt ausgerichteten Veredelungswirtschaft in allen Fragen der Fütterung und Haltung einschließlich Gesundheitsüberwachung und Feststellung der Zucht- und Mastleistungen;
  • Auswertung und Berechnung der Aufzucht- und Mastergebnisse, um die Rentabilität zu ermitteln;
  • Anschluss an den Tiergesundheitsdienst der Landwirtschaftskammer.

Für die aufzubringenden Mitgliedsbeiträge stellte der Kläger keine Umsatzsteuer in Rechnung.

Mit 19 % Umsatzsteuer stellte der Kläger seinen Mitgliedern eine Jahressystemgebühr „P” sowie erbrachte Leistungen in Form der Gruppenberatung und Stallklimaanalyse in Rechnung. Auch auf erhaltene Provisionen der V (Vertriebsorganisation der W, Verkauf von Jungsauen und Eber) führte der Kläger 19 % Umsatzsteuer ab.

Streitbefangen sind folgende, gegenüber den ferkelproduzierenden Betrieben erbrachten Umsätze, die der Kläger ursprünglich dem ermäßigten Steuersatz unterwarf:

  • Grundgebühren pro Quartal (Abrechnung pro Quartal für aktive Landwirte);
  • Führung der Sauenpläne (Abrechnung nach Konfiguration des Plans und dem Sauenbestand);
  • Betriebszweigauswertungen (Abrechnung nach Sauenbestand, gestaffelt nach Anzahl der Schweine);
  • Intensivberatungen (Abrechnung nach Zeitaufwand);
  • Trächtigkeitsberatungen (Abrechnung nach der Anzahl der Betriebsbesuche).

Der Sauenplaner ist ein Datenbanksystem für ferkelproduzierende Betriebe, in dem Daten bzw. Informationen über den Bestand der Schweineherde einschließlich der Herkunft und Genetik jeder einzelnen Zuchtsau gesammelt werden. Der Sauenplan dient der Feststellung der Produktivität sowie der Ermittlung der entstandenen Umrausch- und Leertage jeder einzelnen Zuchtsau. Aus den Ergebnissen ermittelt der Kläger sodann Daten, die dem Landwirt Möglichkeiten zur Steigerung der Produktivität der einzelnen Zuchtsau, z.B. durch Optimierung der Leertage und Steigerung der Qualität der für die Mast bestimmten Ferkel, oder aber einen anzuratenden Austausch der jeweiligen Zuchtsau aufzeigen können. Der Landwirt ist zur Führung eines Sauenplans nicht verpflichtet. Die Zuchtsauen sind auch nicht in einem Zuchtbuch eingetragen.

Je nach gewähltem Datenbanksystem gibt entweder der Landwirt oder der Kläger die zu erfassenden Daten ein. Wenn der Kläger die Datenerfassung für den jeweiligen Landwirt vornimmt, verlangt er für den Sauenplan ein über die Grundgebühr hinausgehendes gesondertes Entgelt.

Im Rahmen der Betriebszweigauswertung erfolgt eine Umwandlung der mittels des Sauenplans gesammelten Daten in betriebswirtschaftliche Kennzahlen, um diese vergleichbar zu machen. Anhand dieser Kennzahlen kann dann z.B. die Futtereffizienz und Futterverwertung der Sauen sowie die Wirtschaftlichkeit der Produktion verglichen werden.

Zur Intensivberatung fährt der Kläger in die Betriebe vor Ort, um individuell bestehende Problematiken zu erkennen und den Landwirt sodann individuell zu beraten. Auch di...

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