Entscheidungsstichwort (Thema)

Abrechnungsbescheid, Erstattungsberechtigung, Zahlungsverjährung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Als Abrechnungsbescheid anzusehen ist jede Äußerung des Finanzamts, mit der nach dem für den Adressaten objektiv erkennbaren Erklärungswert eine Entscheidung über eine Streitigkeit i.S.v. § 218 Abs. 2 AO getroffen wird. Dies gilt insbesondere, wenn das behördliche Schreiben mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist.

2) Eine Erstattungsberechtigung des Rechtsnachfolgers i.S.v. § 37 Abs. 2 AO ist nicht gegeben, wenn der Rechtsvorgänger aufgrund vermeintlicher Haftung auf die Steuerschuld eines Dritten i.S.v. § 48 AO gezahlt hat.

3) Ein Erstattungsanspruch ist nicht vor Eintritt der Zahlungsverjährung schriftlich geltend gemacht i.S.v. § 231 Abs. 2 Satz 2 AO, wenn in einem Schreiben lediglich eine Zahlung unter Vorbehalt angekündigt wurde.

 

Normenkette

AO §§ 48, 218 Abs. 2, §§ 228, 231 Abs. 2 S. 2, § 37 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der Bank 1 von dem Beklagten einen durch die Rechtsvorgängerin der Klägerin im Jahr 2005 gezahlten Betrag in Höhe von X € zurückverlangen kann.

Die Klägerin ist eine Bank. Im Rahmen einer Globalabtretung vom 06.11.2001 hatte sich die Rechtsvorgängerin der Klägerin von der E-E-GmbH (E-GmbH) zwecks Sicherung eigener Ansprüche alle gegenwärtigen und künftigen Ansprüche der E-GmbH aus dem Geschäftsverkehr, insbesondere aus Lieferungen und Leistungen abtreten lassen. Zwischen der E-GmbH und der E GmbH & Co. KG (E-GmbH & Co. KG) bestanden seit 2003 eine Betriebsaufspaltung sowie eine umsatzsteuerliche Organschaft. Die E-GmbH & Co. KG war Organträgerin, die E-GmbH Organgesellschaft.

Der Geschäftsführer der E-GmbH stellte am 15.08.2005 beim zuständigen Amtsgericht A einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der E-GmbH. Mit Beschluss vom 15.08.2005 hat das Amtsgericht A Rechtsanwalt U zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt (IN /05).

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin verbuchte auch nach der Beantragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf dem Konto der E-GmbH noch Zahlungseingänge von Schuldnern der E-GmbH.

Ausweislich eines in den Steuerakten befindlichen Vermerks fand am 18.11.2005 ein Gespräch zwischen dem Beklagten, Vertretern der E-GmbH & Co. KG, deren Steuerberater und (u.a.) Vertretern der Rechtsvorgängerin der Klägerin statt, in deren Rahmen die Beteiligten davon ausgingen, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin Umsatzsteuerbeträge aus aufgrund der Globalzession vereinnahmten Umsätzen der E-GmbH an der Beklagten zu entrichten habe, da hierfür eine Haftung nach § 13c des Umsatzsteuergesetzes (UStG) im Raum stünde. Wegen der Einzelheiten wird auf den Gesprächsvermerk Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 13.12.2005 übersandte die Rechtsvorgängerin der Klägerin dem Beklagten unter Bezugnahme auf die geführten Gespräche, in denen es u.a. um eine Haftungsinanspruchnahme aus § 13c UStG ging, eine Forderungsabrechnung für den Zeitraum vom 31.08. bis 30.11.2005, da sie derzeit nicht abschließend beurteilen könne, welche Beträge tatsächlich umsatzsteuerpflichtig seien. Der Einfachheit halber gehe man von der Umsatzsteuerpflicht aller Beträge aus, so dass sich bezogen auf den o.g. Zeitraum ein Umsatzsteuerbetrag von X € ergebe. Dieser Betrag werde an den Beklagten überwiesen. Sie behalte sich jedoch vor, bei der nächsten Abrechnung Korrekturen vorzunehmen. Sie habe die Forderungsabrechnung daher mit gleicher Post an die E-GmbH weitergeleitet und um Mitteilung darüber gebeten, in welchen Beträgen keine Umsatzsteuer enthalten sei. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf dieses Schreiben Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 26.01.2006 teilte die Rechtsvorgängerin der Klägerin dem Beklagten ferner mit, dass man noch keine abschließende Aussage dazu machen könne, welche Zahlungseingänge tatsächlich umsatzsteuerpflichtig seien. Sie habe daher zunächst – wie besprochen – einen weiteren Abschlag von X € an den Beklagten überwiesen. Sie verwies darauf, dass sie sich eine Rückforderung für den Fall vorbehalte, dass sich eine Überzahlung herausstellen sollte. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf dieses Schreiben Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 07.03.2011 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie der Auffassung sei, eine Haftung nach §§ 13c, 27 Abs. 7 UStG für die in den Zahlungseingängen enthaltene Umsatzsteuer scheide aus, da die Forderungsabtretung bereits am 06.11.2001 erfolgt sei. Ihre Zahlungen im Dezember 2005 sowie im Januar 2006 seien ohne Rechtsgrund erfolgt. Sie bat daher um Erstattung der geleisteten Abschlagszahlungen in Höhe von insgesamt X €.

Hierauf teilte der Beklagte im Schreiben vom 06.04.2011 mit, dass die E-GmbH aufgrund der bestehenden Organschaft nicht Steuerschuldner gewesen sei. Die von der Klägerin geleisteten Zahlungen seien daher nicht für die E-GmbH bewirkt worden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf dieses Schreiben Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 27.02.2012 vertrat ...

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