Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewinnermittlung/Ansparabschreibung
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei Auflösung einer Ansparrücklage ist der Gewinn des Wirtschaftsjahres, in welchem die Rücklage aufgelöst wird, für jedes volle Wirtschaftsjahr in dem die Rücklage bestand, um 6% des aufgelösten Rücklagenbetrages zu erhöhen.
2. Der Wortlaut der Vorschrift sieht für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht die Möglichkeit der Zuschlagsvermeidung durch freiwillige unterjährige Auflösung der Rücklage vor.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 3, § 7g, § 7g Abs. 5-6, § 4
Tatbestand
Formell ist zu entscheiden, ob die Klagefrist gewahrt ist bzw. ob Wiedereinsetzung gewährt werden kann; materiell ist zu entscheiden, ob im Rahmen einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) bei unterjähriger Auflösung einer Ansparabschreibung ein Erhöhungsbetrag gem. § 7 g Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EStG anzusetzen ist.
Die Kläger (Kl.) sind verheiratet und werden im Streitjahr 2000 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt aus seiner Tätigkeit als Arzt Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Er ermittelt seinen Gewinn gemäß § 4 Abs. 3 EStG. Ausweislich der vorliegenden Gewinnermittlung war eine im Jahre 1998 gebildete Ansparabschreibung i.H.v. 248.000,- DM nach § 7g Abs. 3 EStG im Streitjahr gewinnerhöhend aufgelöst und ein Gewinn von 331.342,72 DM ermittelt worden. Darüberhinaus war außerhalb der Gewinnermittlung ein Gewinnzuschlag gem. § 7g Abs. 5 EStG i.H.v. 29.760,- DM hinzugerechnet worden. Die Kl. wurden mit Bescheid vom 29.01.2002 antragsgemäß unter Ansatz des erklärten Gewinns von 361.112 DM veranlagt. Die Einkommensteuer wurde (zzgl. des Kindergeldes von 3.240,- DM) auf 132.506 DM (67.749,24 EUR) festgesetzt.
Mit ihrem hiergegen eingelegten Einspruch vertraten sie die Auffassung, dass ein Erhöhungsbetrag nur i.H.v. 14.880,- DM in Ansatz zu bringen sei, da der Kl. die gebildete Rücklage bereits Ende Oktober 2000 aufgelöst habe. Mithin habe die Rücklage nur für ein volles Wirtschaftsjahr i.S.v. § 7g Abs. 5 EStG (1999) bestanden.
Der Beklagte (Bekl.) wies den Einspruch mit seiner Entscheidung vom 18.07.2002 als unbegründet zurück. Diese ist ebenfalls am 18.07.2002 mit einfachem Brief an den Prozessbevollmächtigten der Kl. abgesandt worden.
Hiergegen richtet sich die anhängige Klage, die am 22.08.2002 beim Finanzgericht eingegangen ist. Der vorliegende Briefumschlag weist einen Poststempel vom 19.08.2002 auf. Ausweislich eines Vermerkes der Post war die Sendung wegen unkorrekter Anschrift nachadressiert worden. Im Anschriftenfeld der Klageschrift war anstatt der zutreffenden Postleitzahl 48145 die Postleitzahl 41845 angegeben. Am 28.08.2002 ist dem Prozessbevollmächtigten der Kl. per Telefax das Datum des Klageeingangs mitgeteilt worden.
Mit ihrem am 17.09.2002 beim Finanzgericht eingegangenen Antrag begehren die Kl. unter Vorlage eines Auszuges aus dem Postausgangsbuch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Klagefrist. Die Fristversäumung sei durch einen nicht zu vertretenden, länger als 2 Tage dauernden Postlauf verursacht. Mit weiterem Schriftsatz wird ausgeführt, dass die falsche Adressierung lediglich auf einem nicht leicht zu erkennenden Zahlendreher in der Postleitzahl beruhe. Im Übrigen arbeite das Büropersonal des Prozessbevollmächtigten zuverlässig, da Fristen durch ein Fristenkontrollprogramm überwacht und der Postausgang stets in ein Postausgangsbuch eingetragen werde.
In der Sache tragen die Kl. vor, dass sich die Höhe des Gewinnzuschlages nach dem Wortlaut des § 7 g Abs. 6 i.V.m. Abs. 5 EStG nach der Anzahl der vollen Wirtschaftsjahre richte, für die die Rücklage bestanden habe. Bei der Einnahme-Überschuss-Rechnung träten die Gewinnauswirkungen nicht erst am Schluss des Wirtschaftsjahres ein, da eine Bewertung von Vermögensgegenständen und Schuldposten zum Schluss eines Wirtschaftsjahres – wie bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG – nicht vorgesehen sei. Der Kl. habe damit in Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung von Drenseck in Schmidt, EStG § 7 g Rz. 26, Lambrecht in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 7 g Rdnr. G 13 und Meyer in Herrmann/Heuer/Raupach, § 7 g EStG, Anm. 127 von seinem Recht als Überschussermittler Gebrauch gemacht, die Rücklage bereits vorzeitig innerhalb des Wirtschaftsjahres aufzulösen. Das von dem Bekl. zur Begründung seiner Einspruchsentscheidung zitierte BFH-Urteil vom 26.10.1989 IV R 83/88, BFHE 159, 133, BStBl. II 1990, 290 sei nicht einschlägig, da es die Rücklagenverzinsung eines Steuerpflichtigen behandele, der seinen Gewinn durch Bestandsvergleich ermittelt habe.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 2000 vom 29.01.2002 in der Fassung des Änderungsbescheides und der Einspruchsentscheidung vom 18.07.2002 den erklärten Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit um 14.880,- DM zu kürzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte bezieht sich zur Begründung im Wesentlichen auf seine Einspruchsentschei...