Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückstellungen für Nachsorgeverpflichtungen
Leitsatz (redaktionell)
1) § 5 Abs. 4b S. 1 EStG schließt die Bildung einer Rückstellung nicht aus, wenn das anzuschaffende oder herzustellende Wirtschaftsgut für den Kaufmann wertlos ist, weil es nicht mehr zur Generierung von Erträgen genutzt werden kann.
2) Bei der Bildung von Rückstellungen für Nachsorgeverpflichtungen ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den vom Ende der Ablagerung bis zum Aufbringen der endgültigen Oberflächenabdichtung einerseits und den vom Aufbringen der Oberflächenabdichtung bis zum Ende der Nachsorgeverpflichtung andererseits durchzuführenden Maßnahmen um Teilleistungen einer einheitlichen Sachleistungsverpflichtung handelt (gegen BMF vom 25.7.2005, BStBl. I 2005, 699 Tz. 22).
3) Auch bei Zugrundelegung der Auffassung in BMF vom 25.7.2005, BStBl. I 2005, 699 ist keine Abzinsung unter Berücksichtigung eines Abzinsungszeitraums für die Zeit vom betreffenden Bilanzstichtag bis zum voraussichtlichen Beginn der Aufbringung der endgültigen Oberflächenabdichtung vorzunehmen.
Normenkette
EStG § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. b, c, d, e, § 5 Abs. 4b S. 1; KrW-/AbfG §§ 36, 32, 10; DepV § 12 Abs. 3; HGB § 249
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist (noch) die Höhe zu den Bilanzstichtagen zum 31.12.2001 bis 2005 anzusetzender Rückstellungen für Nachsorgeverpflichtungen.
Die Klägerin ist eine mit notariellem Vertrag vom … gegründete GmbH, deren Unternehmensgegenstand in der Erfüllung von Aufgaben besteht, die die entsorgungspflichtigen Körperschaften des Kreises A und des B nach den Abfallgesetzen zu erbringen haben. Die Klägerin verfügt über ein Stammkapital von … €. Gesellschafter der Klägerin sind der Kreis A und … im Kreis A ansässige Kommunen (…).
Die Klägerin unterhielt u.a. drei Deponien (Deponie C, Deponie D und Deponie E):
Die Deponie C wurde von 1964 bis zum 31.12.1985 zur Verfüllung von Abfällen genutzt. Zum Ende des Jahres 1985 wurde sie stillgelegt; seitdem werden von der Klägerin in Bezug auf diese Deponie Nachsorgemaßnahmen durchgeführt.
Die im Jahre 1985 in Betrieb genommene Deponie D wurde bis zum 31.12.1999 zur Ablagerung von Abfällen genutzt. Mit dem Aufbringen der endgültigen Oberflächenabdichtung sollte nach den zu den Bilanzstichtagen 31.12.2001 bis 2005 bekannten Planungen bei dieser Deponie am 01.01.2009 begonnen werden.
Auf der Deponie E wurden seit 1994 Abfälle abgelagert. Nach den ursprünglichen, an den Bilanzstichtagen 31.12.2001 und 2002 bekannten Planungen der Klägerin sollten bis zum 30.06.2015 Ablagerungen vorgenommen und ab dem 01.01.2024 eine endgültige Oberflächenabdichtung auf der Deponie aufgebracht werden. Aufgrund veränderter, zu den Bilanzstichtagen 31.12.2003 und 2004 bekannter Planungen sollten letztmalig bis zum 30.06.2005 Ablagerungen auf der Deponie vorgenommen werden (bis Mitte 2004 im Wesentlichen Hausmüll und ähnliche Abfälle; von Mitte 2004 bis Mitte 2005 nur noch mineralische Reststoffe); die endgültige Oberflächenabdichtung der Deponie sollte ab dem 01.01.2017 aufgebracht werden.
Für ihre Nachsorgeverpflichtungen in Bezug auf die vorgenannten Deponien hat die Klägerin in der Handelsbilanz auf der Grundlage eingeholter Gutachten folgende Aufwendungen zurückgestellt:
|
31.12.2001 |
31.12.2002 |
31.12.2003 |
31.12.2004 |
31.12.2005 |
|
DM |
€ |
€ |
€ |
€ |
C |
18.251.138 |
8.894.879 |
9.518.529 |
9.443.341 |
9.622.315 |
D |
39.085.684 |
19.449.750 |
13.871.229 |
14.006.356 |
14.858.659 |
E |
65.783.853 |
36.490.760 |
30.787.737 |
31.236.736 |
30.062.333 |
|
– |
– |
– |
– |
– |
gesamt |
123.120.675 |
64.835.389 |
54.177.495 |
54.686.433 |
54.543.307 |
Bei der Ermittlung der Rückstellungsbeträge für die Steuerbilanz hatte die Klägerin für die Deponie E in der Weise eine Abzinsung des Rückstellungsbetrages nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e des Einkommensteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung (EStG) vorgenommen, dass sie für die Rückstellungen zum Bilanzstichtag 31.12.2001 und 31.12.2002 für die zurückgestellten Aufwendungen einen Abzinsungszeitraum vom Bilanzstichtag bis zum 01.01.2024 und für die Rückstellungen zu den Bilanzstichtagen 31.12.2003 bis 2005 einen Abzinsungszeitraum vom Bilanzstichtag bis zum 01.01.2006 zugrunde legte. Auf dieser Grundlage ergaben sich für die Steuerbilanz folgende Rückstellungsbeträge:
|
31.12.2001 |
31.12.2002 |
31.12.2003 |
31.12.2004 |
31.12.2005 |
|
DM |
€ |
€ |
€ |
€ |
C |
18.251.138 |
8.894.879 |
9.518.529 |
9.443.341 |
9.622.315 |
D |
39.085.684 |
19.449.750 |
13.871.229 |
14.006.356 |
14.858.659 |
E |
32.797.242 (Abzinsung 13 Jahre / Faktor 0,498561) |
19.193.465 (Abzinsung 12 Jahre / Faktor 0,525982) |
27.661.304 (Abzinsung 2 Jahre / Faktor 0,898452) |
29.608.271 (Abzinsung 1 Jahr / Faktor 0,947867) |
30.062.333 (Abzinsung 0 Jahre / Faktor 0) |
|
– |
– |
– |
– |
– |
gesamt |
90.134.064 |
47.538.094 |
51.051.062 |
53.057.968 |
54.543.307 |
Im Jahr 2006 begann das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung bei der Klägerin mit der Durchführung einer Betriebsprüfung für die Jahre 2001 bis 2005. Der Prüfer vertrat in Bezug auf die von d...