Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermessensausübung bei der Festsetzung von Verspätungszuschlägen

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags ist ermessensfehlerhaft, wenn das FA bei der Festsetzung nicht sämtliche in § 152 Abs. 2 Satz 2 AO genannten Kriterien einbezieht.

 

Normenkette

AO § 152

 

Tatbestand

Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Festsetzung eines Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 2009.

Die Kläger sind Eheleute und werden für das Streitjahr 2009 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Der Kläger ist Sozius einer Rechtsanwaltsgesellschaft und erzielt hieraus Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit, die gesondert und einheitlich festgestellt werden. Die Klägerin ist als Krankenschwester nichtselbständig beschäftigt. Hierneben erzielt sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung einer Wohnung.

Der Beklagte gewährte den nicht steuerlich vertretenen Klägern für die Abgabe der Einkommensteuererklärung 2009 über den 31.05.2010 hinaus Fristverlängerung bis zum 31.12.2010. Tatsächlich ging die Steuererklärung am 28.07.2011 beim Beklagten ein. Auch in den Vorjahren 2006 bis 2008 hatten die Kläger ihre Einkommensteuererklärung stets verspätet abgegeben; der Beklagte hatte jeweils Verspätungszuschläge festgesetzt.

Für das Streitjahr 2009 erließ der Beklagte am 19.09.2011 den Einkommensteuerbescheid und setzte hierin die Einkommensteuer in Höhe von EUR 25.399 fest. Nach Abzug der abgeführten Lohnsteuer und bereits geleisteter Vorauszahlungen ergab sich eine Einkommensteuer-Abschlusszahlung von EUR 1.225. Im selben Bescheid setzte der Beklagte einen Verspätungszuschlag in Höhe von EUR 610 fest und führte hierzu in den Erläuterungen an, die Festsetzung des Verspätungszuschlags sei deshalb erfolgt, da die Steuererklärung erst am 28.07.2011 abgegeben worden sei.

Der Einspruch gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags blieb erfolglos. Sowohl im Erörterungsschreiben vom 06.10.2011 als auch in der Einspruchsentscheidung vom 02.12.2011 führte der Beklagte aus, die Kläger seien schuldhaft ihrer Verpflichtung zur fristgemäßen Abgabe der Steuererklärung für das Jahr 2009 nicht nachgekommen, so dass der Verspätungszuschlag gemäß § 152 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) zu Recht auferlegt worden sei. Die von den Klägern vorgetragenen Gründe für die Verspätung griffen nicht durch: Die Gewinn- und Verlustrechnung der Anwaltssozietät des Klägers sei bereits Ende des Jahres 2010 erstellt worden. Auch schwierig zu berechnende Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung rechtfertigten nicht eine verspätete Abgabe der Erklärung. Es könne den Klägern zugemutet werden, private und berufliche Interessen zurückzustellen, wenn es darum gehe, öffentlich-rechtliche Pflichten zu erfüllen. Ferner sei der weitere Einwand der Kläger, bereits Vorauszahlungen auf die Steuerschuld geleistet zu haben, nicht geeignet, um von der Festsetzung des Verspätungszuschlags abzusehen. Die Vorschrift des § 152 AO sanktioniere die verspätete Abgabe der Steuererklärung und nicht die verspätete Zahlung der Steuer. Auch die Höhe des Verspätungszuschlags sei rechtmäßig. Die Kläger hätten die Steuererklärung für 2009 sieben Monate zu spät abgegeben. Der Verspätungszuschlag in Höhe von EUR 610,00 betrage ca. 2,4 % der festgesetzten Steuer. Er liege im unteren Bereich des vom Gesetz gezogenen Rahmens.

Mit der daraufhin am 30.12.2011 erhobenen Klage begehren die Kläger weiterhin die Aufhebung des Verspätungszuschlags. Zur Begründung führen sie im Wesentlichen an:

Sie – die Kläger – seien zwar ihrer Verpflichtung zur fristgemäßen Abgabe der Steuererklärung nicht nachgekommen. Allerdings habe der Beklagte sein Entschließungsermessen zur Festsetzung des Verspätungszuschlages nicht ordnungsgemäß ausgeübt. Neben den Tatsachen, dass sie – die Kläger – ihre Einkommensteuererklärung selbst erstellt hätten und die Erfassung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung kompliziert gewesen sei, sei Motiv für die nicht fristgerechte Abgabe der Erklärung gewesen, dass sie weder eine Erstattung noch eine großartige Nachzahlungsverpflichtung erwarteten.

Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags habe sowohl repressiven als auch präventiven Charakter. Es gelte zu beachten, dass er – der Kläger – seit Beginn seiner selbständigen Tätigkeit vor über zwanzig Jahren seinen steuerlichen Verpflichtungen jedenfalls immer insoweit genügt habe, als er stets pünktlich die Steuernach- bzw. Vorauszahlungen erbracht habe. Bei erheblichen Steuernachforderungen seien auch die gesetzten Fristen zur Abgabe von Steuererklärungen eingehalten worden. Vor diesem Hintergrund bedürfe es daher keines Einwirkens, um sie – die Kläger – zur künftig ordnungsgemäßen Erfüllung der Erklärungspflichten anzuhalten.

Ferner diene die Festsetzung eines Verspätungszuschlags in Höhe von EUR 610 nicht einem Ausgleich des klägerseits erlangten wirtschaftlichen Vorteils durch die Abgabe der verspäteten Erklärung.

Darüber hinaus stehe die Höhe des Verspätungszuschlags in einem unausgewogenen Verhältnis zu den fes...

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