Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für die Errichtung einer Lärmschutzwand als nachträgliche Herstellungskosten eines Gebäudes
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Lärmschutzwand steht in einem Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit dem Gebäude, wenn sie der Lärmreduzierung in den Wohnräumen und im Garten des Hauses dienen.
2. Die Errichtung einer Lärmschutzwand führt dann zu einer Erweiterung des Gebäudes, wenn sie die Substanz des Gebäudes erheblich vermehrt, eine Funktion (Lärmreduzierung in dem zum Gebäude gehörenden Garten) bietet, die vor ihrer Errichtung von keinem der bisher vorhandenen Gebäudebestandteile erfüllt worden ist, und – anders als bei einem Schall- und Wärmeschutz auf einer Außenwand oder bei einem Einbau isolierverglaster Fenster – nicht nur ein bereits vorhandener Gebäudebestandteil verbessert bzw. gegen einen verbesserten Bestandteil ausgetauscht, sondern ein bisher nicht vorhandener Bestandteil in das Gebäude eingefügt wird.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 1; HGB § 255 Abs. 2 S. 1; EStG § 9 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist der Abzug von Aufwendungen für die Errichtung einer Lärmschutzwand als außergewöhnliche Belastungen.
Die Kläger werden im Streitjahr als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger ist Eigentümer eines im außerstädtischen Bereich gelegenen, in den 1890er Jahren errichteten, seitdem im Familienbesitz und seit 1979 im Eigentum des Klägers befindlichen Mehrfamilienhauses in P, A-Straße 1, das er zu 33 % zu eigenen Wohnzwecken und zu 67 % zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nutzt. Für den fremdvermieteten Teil des Gebäudes nahm der Kläger eine jährliche Absetzung für Abnutzung (AfA) in Höhe von 2,5 v.H. der Anschaffungskosten in Anspruch. Bei der unmittelbar vor dem Mehrfamilienhaus verlaufenden A-Straße (Abstand zum Haus: ca. 4 Meter) handelt es sich um eine Landstraße (L), die im Bereich des Grundstücks des Klägers leicht ansteigt und eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 70 Km/h aufweist.
Nachdem der Kläger in den Vorjahren eine an der Westseite des Gebäudes anschließende und parallel zur A-Straße nach Westen verlaufende Lärmschutzwand aus sog. Pflanzsteinen hatte errichten lassen, ließ er im Streitjahr für Aufwendungen in Höhe von insgesamt X € eine einige Meter neben der Ostseite des Gebäudes beginnende, parallel zur A-Straße nach Osten verlaufende und mehr als 2 Meter hohe Wand aus sog. Pflanzsteinen errichten. Eine Einfriedung des Grundstücks bestand im Zeitpunkt der Errichtung der Lärmschutzwände auf der West- und Ostseite des Grundstücks nicht; das Grundstück verfügte zur A-Straße hin jedoch über Grünbewuchs (Buschwerk und Bäume), der einen Einblick in das Grundstück weitgehend verhinderte.
Im Dezember 2014 reichten die Kläger ihre Einkommensteuer-Erklärung für das Streitjahr beim Beklagten ein. Mit der Erklärung machten sie die Aufwendungen für die Errichtung der Lärmschutzwand in Höhe von insgesamt X € zu einem Anteil von X € (= 67 %) als sofort abzugsfähige Erhaltungsaufwendungen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und zum verbleibenden Anteil von X € (= 33 %) – neben anderen außergewöhnlichen Belastungen im Sinne von § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von X € – als außergewöhnliche Belastungen geltend.
Der Beklagte erließ am 08.07.2015 einen Einkommensteuerbescheid für 2013, in dem er nur die bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemachten Aufwendungen für die Errichtung der Lärmschutzwand in Höhe von X € als sofort abzugsfähige Erhaltungsaufwendungen berücksichtigte. Die als außergewöhnliche Belastungen geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von X € und einen Teil der übrigen außergewöhnlichen Belastungen ließ er nicht zum Abzug zu.
Hiergegen legten die Kläger am 01.08.2015 Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens erging am 28.10.2015 ein geänderter Einkommensteuerbescheid für 2013, in dem der Beklagte die übrigen außergewöhnlichen Belastungen in Höhe von X € (abzüglich einer zumutbaren Belastung in Höhe von X €) nunmehr in voller Höhe in Ansatz brachte. Am 28.04.2016 führte er zudem im Beisein des Klägers eine Ortsbesichtigung bei dem Mehrfamilienhaus in P, A-Straße 1, durch und nahm als Ergebnis dieser Ortsbesichtigung eine Skizze des Grundstücks und der auf dem Grundstück errichteten Lärmschutzwände sowie Ausdrucke anlässlich der Ortsbesichtigung gefertigter Fotos zur Rechtsbehelfsakte. Für die Einzelheiten wird auf diese Unterlagen Bezug genommen. Ferner holte der Beklagte im Verlauf des Rechtsbehelfsverfahrens eine Auskunft der Stadt P vom 11.05.2016 zur Lärmbelastung und zum etwaigen Ergreifen von Lärmschutzmaßnahmen für das Grundstück des Klägers ein, auf die ebenfalls verwiesen wird.
Mit Einspruchsentscheidung vom 24.06.2016 wies der Beklagte den Einspruch der Kläger als unbegründet zurück.
Hiergegen wenden sich die Kläger mit der vorliegenden Klage. Zur Begründung machen sie im Wesentlichen geltend, die...