Entscheidungsstichwort (Thema)
Erwerb bei der schenkweisen Übertragung einer Leibrentenversicherung gegen Einmalbetrag mit sofort beginnender Rentenzahlung und Beitragsrückgewähr bei Tod
Leitsatz (redaktionell)
1. Tritt der Beschenkte bei einer schenkweisen Übertragung einer Leibrentenversicherung gegen Einmalbetrag mit sofort beginnender Rentenzahlung und Beitragsrückgewähr bei Tod als Vertragspartner in den Versicherungsvertrag ein, hat er die Gläubigerstellung bezüglich des Anspruchs auf ein Kapitalentnahmerecht und Rentenzahlungen erworben. Weder ein vom Beschenkten allein gegenüber dem Schenker erklärter Verzicht auf das Recht zur Kapitalentnahme noch vertraglich vereinbarte Widerrufs-/Rückübertragungsrechte stehen der Besteuerung einer freigebigen Zuwendung § i.S.v. 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG entgegen.
2. Die Zuwendung der Rechte und Pflichten aus einer Leibrentenversicherung unter Vorbehalt eines lebenslangen Nießbrauchs an einer monatlich ausgezahlten Rentenleistung steht dem Übergang des Anspruchs auf diese Rentenzahlungen auf den Beschenkten nicht entgegen.
Normenkette
ErbStG § 9 Abs. 1 Nr. 1a Hs. 2, Nr. 2, § 12 Abs. 1; BewG § 12 Abs. 1; BGB § 1076; ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Höhe der ihr gegenüber festgesetzten Schenkungsteuer für die Übertragung ihrer Stellung als Versicherungsnehmerin eines Leibrentenvertrages auf ihren Cousin, Herrn I. M..
Die am 02.07.1926 geborene Klägerin schloss am 19.07.2018 einen Leibrentenvertrag bei der Q-Versicherung (nachfolgend auch als „Versicherung” bezeichnet) nach dem Tarif A ab (Versicherungsnummer xxx, Tarifwerk 2017). Es handelte sich dabei um eine Rentenversicherung mit sofort beginnender Rentenzahlung, bei der der Versicherungsnehmer einen Einmalbetrag an das Versicherungsunternehmen zahlte. Bei Tod der versicherten Person sollte – abzüglich bereits gezahlter Renten – eine Beitragsrückerstattung an den hierfür Bezugsberechtigten erfolgen. Versicherungsbeginn war im Streitfall der 01.09.2018; versicherte Person, d.h. die Person, auf deren Leben die Versicherung abgeschlossen wird, war der am 12.02.1947 geborene Herr I. M.. Der Einmalbetrag einschließlich eventueller Zusatzversicherungen belief sich auf 150.098,13 EUR und der Zahlbetrag auf 150.000 EUR (unter Berücksichtigung von Leistungen aus der Überschussbeteiligung; vgl. Seite 2 „Antrag (L) Rentenversicherung”, Anmelderegisternummer xxx). Rentenzahlungsbeginn war der 01.09.2018. Da die erste vereinbarte Rente im Einmalbetrag berücksichtigt war, war die erste Rentenzahlung am 01.10.2018, einen Monat nach Versicherungsbeginn, fällig. Ausweislich einer „Darstellung für eine sofort beginnende Rentenversicherung nach Tarif A (Tarifwerk 2017)” vom 17.07.2018 setzten sich die Leistungen zu Lebzeiten der versicherten Person aus der monatlich vereinbarten Rente von 439,29 EUR und der monatlichen Zusatzrente aus der Überschussbeteiligung von 98,13 EUR zusammen, was eine monatliche Gesamtrente von 537,42 EUR ergab. Zur Höhe der Zusatzrente war dort ausgeführt, dass diese jeweils aus der jährlichen Überschussbeteiligung nur für ein Versicherungsjahr zugesichert wurde. Das Bezugsrecht im Erlebensfall hatte der Versicherungsnehmer. Im Todesfall sollte der Einmalbetrag abzüglich der bereits gezahlten vereinbarten Renten zurückgezahlt werden, ohne Berücksichtigung der Renten aus der Überschussbeteiligung. Als Bezugsberechtigter beim Tod der versicherten Person wurde im Streitfall der Ehegatte der versicherten Person zum Zeitpunkt des Todes bestimmt.
Dem Vertragsschluss lagen „Allgemeine Bedingungen für die Rentenversicherung mit sofort beginnender Rentenzahlung” (AVB) mit Stand vom 01.01.2017 zugrunde. Nach § 1 Abs. 1a dieser Bedingungen handelte es sich bei dem Tarif A um eine lebenslange Rentenversicherung. Die Versicherungsleistung beim Tod der versicherten Person für den Tarif A („Rentenversicherung mit Beitragsrückgewähr bei Tod abzüglich bereits gezahlter Renten”) bestand nach § 1 Abs. 2 b AVB aus der Rückzahlung des Einmalbetrages abzüglich der bereits gezahlten vereinbarten Renten; dann sollte der Vertrag enden. § 6 AVB enthielt Ausführungen zu der Frage: „Wann können Sie eine Kapitalentnahme beantragen?” In § 6 Abs. 1 Satz 1 AVB war für Rentenversicherung mit Rentengarantiezeit i. S. des § 1 Abs. 2a AVB die Möglichkeit vorgesehen, unter weiteren Voraussetzungen einmal pro Kalenderjahr Kapital zu entnehmen. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 AVB war bei Rentenversicherungen mit Beitragsrückgewähr bei Tod i. S. des § 1 Abs. 2 b AVB die einmalige Kapitalentnahme nur mit Zustimmung der Versicherung möglich und nur so lange, wie ein Anspruch auf eine Todesfallleistung bestand. Der Höchstbetrag einer Kapitalentnahme entsprach bei einer Versicherung mit Beitragsrückgewähr bei Tod der Todesfallleistung, höchstens jedoch dem vorhandenen Deckungskapital, § 6 Abs. 2 Satz 1 der AVB. Darüber hinaus konnte gemäß § 7 AVB („Wann können Sie eine Kapitalleistung bei einer schweren Krankheit beantragen?”) be...