Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindungswirkung des Grundlagenbescheids in Änderungsfällen
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Pflicht zur Änderung des Folgebescheides reicht soweit wie die Bindungswirkung des Grundlagenbescheids.
2) Der Ablauf der Festsetzungsfrist für die Folgesteuer ist solange und soweit gehemmt, wie diesbezüglich noch ein Grundlagenbescheid ergehen kann.
Normenkette
AO 1977 § 177 Abs. 1, § 171 Abs. 10, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über den Umfang der Änderung des Einkommensteuerbescheides 1994.
Der Kläger war im Streitjahr Gesellschafter der M. und X. GbR (nachfolgend GbR) sowie Gesellschafter-Geschäftsführer der… Bauen und Bauträgergesellschaft mbH (nachfolgend GmbH). Er reichte am 22. Mai 1996 die Einkommensteuererklärung 1994 ein. Aus der Beteiligung an der GbR erklärte der Kläger Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von … DM und aus Kapitalvermögen in Höhe von … DM.
Der Beklagte veranlagte den Kläger erklärungsgemäß. Ausweislich des Einkommensteuerbescheides 1994 vom 3. September 1996 ergab sich eine Einkommensteuer von … DM. Der Beklagte änderte den unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheid 1994 am 15. Oktober 1996 (Einkommensteuer … DM) sowie – unter Aufhebung des Vorbehaltes der Nachprüfung – am 30. November 1998. Die zuletzt festgesetzte Einkommensteuer betrug … DM.
Im Anschluss an eine bei der GbR durchgeführte Betriebsprüfung erging am 18. Juni 2001 eine Mitteilung über die geänderte gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen, unter anderem für das Jahr 1994. Danach waren dem Kläger – wegen des vermeintlichen Vorliegens eines gewerblichen Grundstückshandels – Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von … DM zuzurechnen. Der Beklagte änderte daraufhin gem. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO den Einkommensteuerbescheid 1994 am 14. Dezember 2001 und setzte die Einkommensteuer auf … DM fest. Dabei erhöhte er die Einkünfte aus Gewerbebetrieb von … DM auf … DM, reduzierte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus Beteiligungen von … DM auf … DM sowie die Einnahmen aus Kapitalvermögen von … DM um … DM auf … DM. Zugleich berücksichtigte der Beklagte im Wege der Saldierung gem. § 177 AO zuungunsten des Klägers, dass im Rahmen der bei der GmbH durchgeführten Betriebsprüfung verdeckte Gewinnausschüttungen in Höhe von … DM festgestellt worden waren. Insoweit erhöhte er die Einnahmen aus Kapitalvermögen von … auf … DM. Zugunsten des Klägers setzte der Beklagte – wie im Rahmen der Betriebsprüfung der GmbH festgestellt – die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von … DM auf … DM herab.
Den gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2001 gerichteten Einspruch begründete der Kläger unter Hinweis auf das Verfahren der GmbH gegen die im Anschluss an die Betriebsprüfung ergangenen Körperschaftsteuerbescheide.
Nachdem sich die GbR erfolgreich gegen die Annahme des Vorliegens eines gewerblichen Grundstückshandels gewendet hatte, erging unter dem 12. September 2003 eine Mitteilung über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für 1994, wonach dem Kläger nurmehr – wie seinerzeit erklärt – Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen, nicht aber aus Gewerbebetrieb zuzurechnen waren.
Hieraufhin änderte der Beklagte gem. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO erneut die Einkommensteuerfestsetzung 1994 (Bescheide vom 16. April 2004 und 7. Mai 2004). Zuletzt ergab sich zwar eine Einkommensteuer in Höhe von … DM, gleichwohl setzte der Beklagte wegen der seines Erachtens bestehenden Beschränkung nach §§ 351, 177 AO eine Einkommensteuer in Höhe von … DM – entsprechend dem Bescheid vom 30. November 1998 – fest. Auch hiergegen wandte sich der Kläger im Wege des Einspruchs.
Die Einsprüche des Klägers blieben ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 4. April 2005). Mit seiner Klage begehrt er unter Hinweis auf § 175 Abs. 1 Satz Nr. 1 AO die weitergehende Herabsetzung der Einkommensteuer auf … DM.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid 1994 vom 7. Mai 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 4. April 2005 zu ändern und die Einkommensteuer auf … DM herabzusetzen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Er vertritt unter Hinweis auf die Darlegungen der Einspruchsentscheidung die Auffassung, dass er wegen der Änderungssperre des § 351 AO an einer weitergehenden Korrektur des Einkommensteuerbescheides gehindert sei. Außerdem stehe der von § 177 AO vorgegebene Änderungsrahmen einer weitergehenden Reduzierung der Einkommensteuer entgegen. Für den Einkommensteuerbescheid 1994 vom 30. November 1998 hätten sich in der Folgezeit keine selbständigen steuermindernden Änderungstatbestände ergeben, die zu einer niedrigeren Steuer als … DM geführt hätten. Eine Erweiterung des Änderungsrahmens zugunsten des Klägers, die allein auf einem Rechtsfehler im Sinne des § 177 AO beruhe, sei nach dem Wortlaut jedoch ausgeschlossen.
Die Beteil...