Entscheidungsstichwort (Thema)
Für Verdienstausfall gewährte Entschädigungszahlungen sind steuerpflichtig
Leitsatz (redaktionell)
Nach § 24 Nr. 1 lit. a EStG gehören zu den Einkünften i. S. d. § 2 Abs. 1 EStG auch Entschädigungen, die gewährt worden sind als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen. Entschädigungen in diesem Sinn liegen vor, wenn Leistungen unmittelbar dazu dienen, den Verlust von entgangenen oder entgehenden Einnahmen auszugleichen, die, ihren Zufluss unterstellt, unter eine der in § 2 Abs. 3 Nr. 1 - 7 EStG genannten Einkunftsarten gefallen wären.
Normenkette
EStG § 24 Nr. 1 lit. a
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 22.08.2012; Aktenzeichen IX R 13/10) |
Tatbestand
Streitig ist, ob an den Kläger gezahlte Entschädigungen als Ersatz für entgangene Einnahmen anzusehen sind.
Der Kläger erzielte in den Streitjahren 2000 und 2001 neben den streitgegenständlichen Zahlungen einer Versicherung Einkünfte aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung. Der Kläger ist schwerbehindert (Grad der Behinderung 80 %) und bezieht eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Die Verwaltung seines Vermögens obliegt daher seinem Vater als gerichtlich bestelltem Betreuer.
Der Kläger wurde am 14.10.1989 bei einer privaten Autofahrt aufgrund eines unverschuldeten Verkehrsunfalls schwer verletzt. Die Behinderung ist die Folge der damals erlittenen Verletzungen. Bis zum 31.12.1999 leistete die Versicherung der Unfallverursacherin Vorschüsse auf den Erwerbs- und Verdienstausfallschaden i. H. v. 94.119,86 DM.
Der Kläger erhob am 17.5.1999 Klage gegen die Versicherung. Zur Begründung des Klageantrags wurde auf ein durch einen gerichtlich bestellten Sachverständigen am 17.9.2000 erstelltes Gutachten über die Höhe des Verdienstausfalles Bezug genommen. Gegenstand des Gutachtens war die Ermittlung von Umfang und Höhe des dem Kläger wegen des Verkehrsunfalls am 14.10.1989 entstandenen Erwerbsschadens sowie die Höhe des unfallbedingt entstandenen Ausführungs- und Betreuungsschadens für die Zeit vom 14.10.1989 bis 31.12.2000. Unter Tz. 2.5 dieses Gutachtens wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Verdienstausfallentschädigung gemäß § 24 EStG zu versteuern sei, jedoch durch den Steuersatz für außerordentliche Einkünfte nach § 34 EStG privilegiert werde. Die Ermittlung der Höhe der Forderung erfolgte in der Weise, dass auf die Summe der entgangenen Nettlöhne für den Gutachtenszeitraum die nach den geltenden Steuergesetzen berechnete steuerliche Belastung aufgeschlagen wurde, so dass die geltend gemachte Verdienstausfallentschädigung als „Bruttobetrag“ die hierauf zu zahlenden Steuern umfasste (S. 41 des Gutachtens).
Im Klageantrag vom 16.11.2000, mit dem der Klageantrag vom 17.5.1999 erweitert wurde, wurde die Verdienstausfallentschädigung (Tz. 1a) für den Zeitraum vom 14.10.1989 bis 31.12.2000 in der vom Gutachter ermittelten Höhe, incl. der Steuerbeträge, geltend gemacht. Dieser Summe von 222.900 DM wurden „bereits bezahlte Leistungen“ i. H. v. 96.587,30 DM gegenübergestellt, so dass sich eine Restforderung von 126.312,70 DM ergab. Die Forderung für die Zeit ab 1.1.2001 (Tz. 2) wurde im Klageantrag nicht beziffert.
Lt. Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 22.3.2001 erfolgte auf den Verdienstausfall für den Zeitraum 14.10.1989 bis 31.12.2000 am 22.12.2000 eine Zahlung von 60.000 DM, so das sich die Klageforderung hierfür auf 66.312,70 DM verminderte. Die Hauptsache wurde insoweit für erledigt erklärt. In einem in dieser mündlichen Verhandlung geschlossenen Vergleich wurde vereinbart, dass auf den Verdienst- und Einkommensausfallschaden ein Betrag von noch 841.017,40 DM zu zahlen sei. Damit seien alle Verdienst- und Einkommensausfallansprüche des Klägers aus dem Verkehrsunfall für Vergangenheit und Zukunft, bekannt oder unbekannt, vorhersehbar oder unvorhersehbar, abgegolten. Daneben wurde geregelt, das die vermehrten Bedürfnisse des Klägers sowie der Betreuungs- und Haushaltsführungsschaden mit einem Betrag von noch 220.000 DM und das Schmerzensgeld mit einem Betrag von noch 180.000 DM abzugelten seien. Der Streitwert des Vergleichs wurde auf 1.748.543,61 DM festgesetzt, wobei auf den Zeitraum vom 14.10.1989 bis 31.12.2000 ein Betrag von 748.543,61 DM und auf den Zeitraum ab dem 1.1.2001 ein Betrag von 1 Mio. DM entfiel. Der Vergleichswert für den erstgenannten Zeitraum wurde wegen der vor der Vergleichsregelung am 22.12.2000 erfolgten Zahlung um 60.000 DM vermindert. Die vereinbarten Zahlungen erfolgten im Jahr 2001.
Die Einkommensteuer 2000 wurde zunächst mit Bescheid vom 24.10.2001 erklärungsgemäß auf 0 DM festgesetzt. Im März 2002 richtete der Vater des Klägers eine Anfrage zur Besteuerung von Schadensersatzleistungen für Einkommens- und Fortkommensschaden an das Bundesministerium für Finanzen. Mit Schreiben vom 10.6.2002 teilte das Finanzamt 1 zuständigkeitshalber mit, dass derartige Leistungen grundsätzlich der Besteuerung unterlägen, die konkrete steuerliche Auswirkung jedoch erst im Veranlagungs...