Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindungswirkung eines für Zwecke der Erbschaftsteuer erlassenen Feststellungsbescheides
Leitsatz (amtlich)
Ein Feststellungsbescheid, dem ein Schenkungsvorgang zugrunde liegt und der ausweislich seiner Bezeichnung für Zwecke der Erbschaftsteuer erlassen wurde, entfaltet Bindungswirkung i.S.d. § 182 Abs. 1 Satz 1 AO lediglich durch Berücksichtigung als Vorerwerb bei der Erbschaftsbesteuerung gem. § 14 ErbStG, nicht jedoch für Zwecke der Schenkungsteuer hinsichtlich des Schenkungsvorganges selbst.
Normenkette
AO § 182 Abs. 1 S. 1, § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Schenkungsteuerbescheid nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO zu ändern ist, wenn nach dessen Bestandskraft ein Feststellungsbescheid über den Grundbesitzwert für Zwecke der Erbschaftsteuer erlassen wird.
1. Die Klägerin ist die Ehefrau und Gesamtrechtsnachfolgerin des am 23.03.2003 verstorbenen B2. Der Verstorbene war bis 31.12.1993 Kommanditist der B3 KG mit einem Kapitalanteil von 20.000 DM (dies entspricht 20%). Die Mutter des Verstorbenen, B4, trat mit Schenkungsvertrag vom 02.02.1994 rückwirkend zum 01.01.1994 einen Teilbetrag ihres Kapitalanteils an der B3 KG in Höhe von 75.000 DM an ihn ab, so dass der Verstorbene nunmehr insgesamt 95 % des Festkapitals hielt; außerdem erlangte er zum 01.01.1994 die Rechtsstellung des Komplementärs der B3 KG. Diese Schenkung wurde dem zuständigen beklagten FA zunächst nicht angezeigt. Nach dem notariellen Abtretungsvertrag vom 02.02.1994 sowie dem Schreiben des steuerlichen Vertreters des Verstorbenen an das beklagte FA vom 31.07.2000 gehörte zum Vermögen der Gesellschaft kein Grundbesitz.
Die B3 KG betrieb auf dem Grundstück 1 in 2 einen Flachglasgroßhandel. Hinsichtlich dieses Grundstücks war der Mutter B4 von der Stadt 2 im Jahr 1977 ein im Grundbuch eingetragenes Erbbaurecht eingeräumt worden. Die auf dem Erbbaurecht erstellten Betriebsgebäude hatte die KG errichtet. Das Erbbaurecht endete zum 31 .07.2002. Am 01.12.2001 wurde das Grundstück für einen Kaufpreis von 315.650,39 € erworben.
Mit notariellem Schenkungsvertrag vom 11.07.1996 übertrug die Mutter ihrem Sohn B2 unentgeltlich auch das Erbbaurecht. Die Stadt 2 stimmte der Übertragung des Erbbaurechts am 01 .08.1996 zu.
2. Das für die Schenkungsteuer zuständige beklagte FA forderte den Verstorbenen am 29.10.1997 zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung bezüglich der Zuwendung aus dem Schenkungsvertrag vom 11.07.1996 auf und legte der Aufforderung sowohl Vordrucke für die Schenkungsteuererklärung als auch die Grundbesitzwertfeststellung bei. Daraufhin ging beim beklagten FA am 16.06.1998 eine Schenkungsteuererklärung wegen der Abtretung des Festkapitalanteils an der B3 KG vom 01 .01.1994 und eine Schenkungsteuererklärung samt Anlage "Grundstücke" wegen der Übertragung des Erbbaurechts vom 11.07.1996 ein.
2.a. Dem beklagten FA lagen für die Bearbeitung der Erklärung wegen der Abtretung des Festkapitalanteils an der B3 KG vom 01 .01.1994 u.a. die Akten über die gesonderte Gewinnfeststellung (1988 - 1996), den Einheitswert des Betriebsvermögens (01.01.1989 - 01.01.1997), die Bilanzen (1993 - 1996) und die Betriebsprüfung vor. Hinsichtlich der Bemessungsgrundlage dieses steuerpflichtigen Erwerbs folgte das Finanzamt den Angaben des Verstorbenen in der Schenkungsteuererklärung vom 16.06.1998 und setzte mit Schenkungsteuerbescheid vom 23.08.2000 nach Abzug des Freibetrags gemäß § 13 ErbStG den Wert des steuerpflichtigen Erwerbs auf 0 DM an und die Schenkungsteuer auf 0 DM fest. Ausgangspunkt der Berechnung war dabei der Einheitswert des Betriebsvermögens der B3 KG zum 01 .01.1994 samt inländischem Betriebsgrundstück. Dessen Wert ermittelte sich wie folgt:
Mit Bescheid vom 16.01.1981 rechnete das Finanzamt 2 den Einheitswert für das Geschäftsgrundstück im Erbbaurecht auf den 01 .01.1979 der B3 KG zu und stellte diesen wie folgt fest:
Bodenwert |
155.760 DM |
Gesamt-Gebäudewert |
1.198.687 DM |
Gesamtwert der Außenanlagen |
71.921 DM |
Ausgangswert |
1.426.368 DM |
Grundstückswert (70 %) |
998.457 DM |
Berücksichtigung Restlaufzeit Erbbaurecht 70% |
698.900 DM |
Das Finanzamt 2 erließ am 05.11.1992 einen Einheitswertbescheid für das Geschäftsgrundstück im Erbbaurecht als Betriebsgrundstück, in welchem durch Wertfortschreibung der Wert des Erbbaurechts an dessen Restlaufzeit angepasst wurde. Der Einheitswert betrug danach zum 01 .01.1993 249.600 DM. Dieser Einheitswert des Betriebsgrundstücks ging - erhöht um den Zuschlag von 40% - in Höhe von 349.440 DM in den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 01.01.1994 ein.
Ertragsteuerrechtlich waren in der Gesamthandbilanz der B3 KG auf den 01 .01.1997 sowohl Anschaffungskosten für das Fabrikgebäude als auch für das Erbbaurecht aktiviert. Die Anschaffungskosten für das Erbbaurecht betrafen Erschließungskosten in Höhe von 23.299,15 DM. Das Erbbaurecht war entsprechend den Feststellungen einer für frühere Jahre durchgeführten Betriebsp...