Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigungsfähigkeit von Tierarztkosten als Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen i.S.v. § 35a EStG
Leitsatz (redaktionell)
Leistungen eines Tierarztes führen nicht als Aufwendungen für die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen zu einer Steuerermäßigung nach § 35a EStG. Haushaltsnahe Dienstleistungen im Sinne dieser Vorschrift sind Tätigkeiten, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigte erledigt werden und in regelmäßigen Abständen anfallen; Tätigkeiten, die zwar im Haushalt des Steuerpflichtigen ausgeübt werden, aber keinen Bezug zur Hauswirtschaft haben, sind keine haushaltsnahen Dienstleistungen.
Normenkette
EStG § 35a; BTÄO § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Nr. 4
Tatbestand
Streitig ist, ob Tierarztkosten im Rahmen des § 35a Abs. 2 oder 3 EStG berücksichtigungsfähig sind.
Die Kläger bewohnen ein etwa 1 Hektar großes, ehemaliges landwirtschaftliches Anwesen. Das gesamte Grundstück ist mit einem Zaun umgrenzt. Auf dem Grundstück halten die Kläger Pferde: im Sommer stehen diese im Stall, im Winter im Bereich des Wohnhauses.
Tierärzte stellten der Klägerin für die Behandlung des Pferdes „Amaretto” im Rahmen von Hausbesuchen folgende Rechnungen:
Rechnungsdatum |
Leistungen (zusammengefasst) |
Gesamtbetrag |
18.09.2011 |
Wegegeld anteilig (netto) 34,40 € Lahmheitsuntersuchung Pferd (netto) 24,00 € Vorbereitung zur lok. Unters. (netto) 37,80 € Verband anlegen (netto) 15,16 € Verschiedene Medikamente (netto) 85,25 € Umsatzsteuer 30,06 € |
226,67 € („bez. PS 17.10.11”) |
19.10.2011 |
Fahrtkostenanteil (netto) 5,00 € Allgemeine Untersuchung, Beratung (netto) 21,50 € Medikamente (netto) 57,98 € Umsatzsteuer 16,05 € |
100,53 € („bezahlt 02.11.2011 Raiffeisen”) |
Nach den Angaben der Klägerin handelte es sich bei den Tierarztkosten um Aufwendungen für typische Behandlungen wie Impfungen, Hufabszesse, Koliken und Zahnbearbeitung.
Die Kläger beantragten mit ihrer Einkommensteuererklärung 2011 eine Steuerermäßigung bei Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen für die Aufwendungen in Höhe von 328 € anlässlich der Hausbesuche des Tierarztes. Das Finanzamt lehnte im Einkommensteuerbescheid vom 26.03.2012 eine Berücksichtigung der Kosten für Tierarztbesuche als haushaltsnahe Dienstleistungen ab und setzte – unter Abzug einer Ermäßigung für Handwerkerleistungen aus anderen Gründen in Höhe von 1.178 € – Einkommensteuer für das Jahr 2011 in Höhe von 3.620 € fest.
Das Einspruchsverfahren verlief erfolglos.
Die Kläger haben Klage erhoben und beantragen,
- den Einkommensteuerbescheid 2011 vom 26.03.2012 in Gestalt des Änderungsbescheides vom 12.09.2012 dahin zu ändern, dass ein Steuerermäßigungsbetrag für die Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen in Höhe von 66 € oder ersatzweise für die Inanspruchnahme weiterer Handwerkerleistungen in Höhe von 66 € – jedoch maximal bis zur Obergrenze von 1.200 € – gewährt wird;
- für den Fall des Unterliegens die Zulassung der Revision.
Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen vor:
Lohnkosten für Tierarztrechnungen seien gemäß § 35a EStG abzugsfähig, da es sich um Hausbesuche des Tierarztes gehandelt habe. Sie könnten der Argumentation des Finanzamts, dass haushaltsnahe Dienstleistungen normalerweise auch von Mitgliedern des Haushalts erledigt werden können, nicht folgen; sie könnten ihren Fernseher oder Geschirrspüler auch nicht selbst reparieren. Das FG Münster habe mit Urteil vom 25.05.2012 entschieden, dass Leistungen für die Versorgung und Betreuung eines Hundes wie beispielsweise Füttern, Fellpflege, Ausführen und sonstige Beschäftigung grundsätzlich haushaltsnah seien. Pferde seien juristisch wie Sachen zu betrachten.
Das Finanzamt beantragt,
und begründet dies im Wesentlichen wie folgt:
Tierarztbesuche seien weder Handwerkerleistungen noch haushaltsnahe Dienstleistungen und daher nicht nach § 35a EStG anzuerkennen. Haushaltsnahe Dienstleistungen seien Aufwendungen, die normalerweise von Mitgliedern des privaten Haushalts oder entsprechend Beschäftigten ausgeführt werden und in regelmäßigen Abständen anfallen; auf tierärztliche Behandlungen treffe dies nicht zu. Nach dem BFH-Urteil vom 01.02.2007 VI R 77/05 (BStBl. II 2007, 760) seien Leistungen, die zwar im Haushalt des Steuerpflichtigen ausgeübt werden, aber keinen Bezug zur Hauswirtschaft haben, nicht hauswirtschaftlich bzw. haushaltsnah. Fraglich sei auch, ob der Pferdestall überhaupt der Wohnung bzw. dem Haushalt zuzurechnen sei. Auch seien in der Tierarztbehandlung keine Handwerkerleistungen nach § 35a Abs. 3 EStG zu sehen.
Das Finanzamt hat mit Bescheid vom 12.09.2012 die festzusetzende Einkommensteuer 2011 aus anderen Gründen auf 3.464 € herabgesetzt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Die Aufwendungen der Klägerin für die Tierarztleistungen stellen weder Kosten für Handwerkerleistungen i.S.d. § ...