Entscheidungsstichwort (Thema)

Umschulung in einen wesentlich anders gearteten Beruf

 

Leitsatz (redaktionell)

Aufwendungen einer Krankenschwester für die Umschulung zur Reiseverkehrskauffrau sind Sonderausgaben, da der neue Beruf wesentlich anders geartet ist.

Sozialpolitische Erwägungen können nicht dazu führen, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG nur auf erstmalige Berufsausbildungen anzuwenden.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7

 

Tatbestand

Streitig ist die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für eine Umschulung.

Die Klägerin (geb. 1969) war als Krankenschwester berufstätig. Nachdem sie aus gesundheitlichen Gründen ihren Beruf aufgeben musste, absolvierte sie im Streitjahr eine Umschulung zur Reiseverkehrskauffrau. In dieser Zeit bezog sie von der Krankenkasse ein Übergangsgeld in Höhe von 18.302 DM und eine Berufsunfähigkeitsrente.

In ihrer Einkommensteuererklärung machte sie Fortbildungskosten in Höhe von 8.111 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.

Die Aufwendungen setzten sich im wesentlichen zusammen aus:

Fachliteratur (Atlas-Verlag)

401,50 DM

Fahrtkosten nach Regenstauf/Lehrgang

- 24 x 178 km x 1,04 DM/km

4.442,88 DM

Fahrtkosten zum abr/ Praktikum

- 114 x 57 km x 1,04 DM/km

6.757,92 DM

Verpflegungsmehraufwendungen

30,00 DM

Erstattung Berufsgenossenschaft

3.522,01 DM

geltend gemachte Aufwendungen

8.110,29 DM

Das Finanzamt behandelte die Kosten in Höhe von 1.800 DM als Sonderausgaben i. S. v. § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG und setzte mit Bescheid vom 31.05.1999 die Einkommensteuer auf 0 DM fest; der Gesamtbetrag der Einkünfte betrug 40 DM, das zu versteuernde Einkommen ./. 3.534 DM.

Den Einspruch der Klägerin deutete das Finanzamt als Antrag auf Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs um und wies ihn mit Einspruchsentscheidung vom 01.09.1999 zurück.

Hierauf hat die Klägerin Klage erhoben und im wesentlichen vorgetragen:

Zu Unrecht habe das Finanzamt ihre Aufwendungen für die Umschulung nicht als Fortbildungsmaßnahmen angesehen. Ihre zweite Berufsausbildung stelle eine Umschulungsmaßnahme dar, nachdem sie viele Jahre hinweg in ihrem alten Beruf gearbeitet habe. Die Notwendigkeit umzulernen habe sich aus gesundheitlichen Gründen, einer berufsbedingten Allergie, ergeben. Diese Fallgestaltung sei mit dem von § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfassten Grundtypus der Berufsausbildung nicht vergleichbar. Es könne nicht darauf ankommen, ob der Wechsel in eine neue Berufsart eröffnet werde. Entscheidend sei vielmehr, dass bereits aus dem zeitlichen Zusammenhang deutlich werde, dass nicht erst die zweite Bildungsmaßnahme die eigentliche dauernde Berufsgrundlage schaffen solle, sondern bereits die erstmalige Berufsausbildung zu langjährigen Berufseinkünften geführt habe. Da das Übergangsgeld eine Lohnersatzleistung darstelle, müsse dies auch für Aufwendungen gelten, die in diesem Zeitraum anfielen, um eine weitergehende Erwerbsgrundlage zu erreichen,

Die Klägerin hat beantragt, den Bescheid über den verbleibenden Verlustabzug zum 31.12.1998 vom 5.8.1999 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 01.09.1999 zu ändern und einen verbleibenden Verlustabzug zum 31.12.1998 in Höhe von 8.071 DM festzustellen.

Das Finanzamt hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Es hat im Wesentlichen ausgeführt:

Aufwendungen für Umschulungsmaßnahmen für einen anders gearteten Beruf seien Ausbildungskosten. Unbeachtlich sei, dass für die Umschulung eine Umschulungsförderung gewährt werde.

Auf die Akten des Finanzamts und des Finanzgerichts wird Bezug genommen. Danach hat die Klägerin ein Praktikum ohne Vergütung beim X-Reisebüro. Die Beteiligten haben nach mündlicher Verhandlung (11.12.2001) einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung zugestimmt.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nicht begründet; die Klägerin kann ihre Aufwendungen nur beschränkt im Rahmen von § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Sonderausgaben abziehen.

Dies führt nicht zu einem negativen Gesamtbetrag der Einkünfte (§ 2 Abs. 3, 4 EStG), so dass eine Verlustfeststellung unterbleibt (§ 10 d Abs. 4 EStG).

1. Negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, können in andere Veranlagungszeiträume zurück- bzw. vorgetragen werden (§ 10d Abs. 1 EStG). Der am Schluss eines Veranlagungszeitraums verbleibende Verlustvortrag ist getrennt nach Einkunftsarten gesondert festzustellen. Verbleibender Verlustvortrag sind die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte vermindert um die nach § 10d Abs. 1 EStG abgezogenen und die nach § 10d Abs. 2 EStG abziehbaren Beträge und vermehrt um den auf den Schluss des vorangegangenen Veranlagungszeitraums festgestellten verbleibenden Verlustvortrag (§ 10d Abs. 4 EStG). Das bedeutet, dass nur die Berücksichtigung von Werbungskosten die Klage begründen kann.

2. Der BFH unterscheidet in ständiger Rechtsprechung zwischen Berufsausbildungs- und Berufsfortbildungskosten.

a) Zu den ersteren zählt er solche Aufwendungen, die dem Ziel d...

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