Entscheidungsstichwort (Thema)
Erleichterte Anforderungen an die Angaben über den leistenden Unternehmer und Rechnungsaussteller bei Abführung der Umsatzsteuer im Abzugsverfahren
Leitsatz (redaktionell)
Bei Anmeldung und Abführung der Umsatzsteuer durch den Leistungsempfänger (Abzugsverfahren) hat die für den Vorsteuerabzug erforderliche leichte Identifizierbarkeit des Rechnungsausstellers und leistenden Unternehmers nicht die Bedeutung, die ihr im allgemeinen Besteuerungsverfahren zukommt.
Normenkette
UStG §§ 15, 14; EWGRL-77/388 Art. 17; UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1; UStDV § 51
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Klägerin der Vorsteuerabzug aus der Rechnung der Fa. F Ltd. zusteht.
Die Klägerin betreibt ein Bauunternehmen. Vom 18. 8. 1997 bis 17. 12. 1997 fand bei ihr eine Betriebsprüfung statt (vgl. Bericht vom 30. 12. 1997). Der Prüfer stellte dabei fest: 1993 stellte die Fa. "F Ltd." eine Rechnung an die Klägerin mit Umsatzsteuerausweis in Höhe von 9.234,04 DM aus. Diesen Betrag führte die Klägerin an das Finanzamt ab, nahm aber in gleicher Höhe den Vorsteuerabzug wieder in Anspruch. Der Prüfer vertrat die Auffassung, daß es sich bei der Fa. F Ltd. um eine Scheinfirma handele, für die der Vorsteuerabzug zu versagen sei.
Das Finanzamt schloß sich den Prüfungsfeststellungen an. Mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid vom 8. 4. 1998 setzte es die Umsatzsteuer 1993 auf 1.565.760 DM fest.
Die Klägerin legte hiergegen ohne Erfolg Einspruch ein.
Die Klägerin hat Klage erhoben und beantragt, den Umsatzsteuerbescheid vom 8. 4. 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. 8. 1999 dahin zu ändern, daß die Umsatzsteuer 1993 um 9.234,04 DM herabgesetzt wird.
Zur Begründung trägt sie vor: Die Fa. F Ltd. habe zwei Aufträge erhalten. Der Schriftverkehr sei immer an dieselbe Adresse gegangen. Eine polizeiliche Überprüfung der Fa. F Ltd. auf der Baustelle habe zu keinerlei Beanstandungen geführt. Es habe somit keinen Anlaß gegeben, an der Unternehmereigenschaft zu zweifeln. Da sie ihre Mitwirkungspflichten erfüllt habe, trage nun das Finanzamt die Feststellungslast, daß die als Rechnungsaussteller bezeichnete Firma die abgerechnete Leistung nicht erbracht habe.
Das Finanzamt begründe das Vorliegen einer Scheinfirma lediglich mit der Eintragung in einer nicht veröffentlichten Liste der OFD Köln. Konkrete Feststellungen gebe es nicht. Das Finanzamt müsse jedoch einen konkreten Beweis erbringen, daß die F Ltd. die Leistung nicht erbracht habe. Im übrigen bestünden überhaupt Zweifel, ob bei einer Kapitalgesellschaft von einer Scheinfirma ausgegangen werden könne, weil jede Kapitalgesellschaft nur durch ein Organ handeln könne.
Auch wenn eine Scheinfirma vorliegen würde, müsse der Vorsteuerabzug gewährt werden. Das FG Köln habe in seiner Entscheidung vom 27. 8. 1998 Az. 2 K 5401/93 n. v. dargelegt, daß beim Vorsteuerabzug nach vorausgegangenem Abzugsverfahren gemäß § 51 UStDV darauf verzichtet werden könne, daß der leistende Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar aus dem Abrechnungspapier bestimmbar sei. Die Sicherstellung des inländischen Steueraufkommens sei gewahrt. Nach dem EuGH-Urteil vom 15. 1. 1998, EuGHE 1998 S. 1 solle das gemeinsame Mehrwertsteuersystem gewährleisten, daß alle wirtschaftlichen Tätigkeiten in völlig neutraler Weise steuerlich belastet würden, was auf den Streitfall zutreffe.
Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt es aus: Die Fa. F Ltd. sei eine Scheinfirma gewesen, die nicht die tatsächlich leistende Firma gewesen sei. Die Fa. F Ltd. sei in den üblichen Nachschlagewerken nicht verzeichnet. Vor Ort seien keine Beschäftigten ersichtlich. Sie habe ihren früheren Sitz bei der Registrierungs- und Verwaltungsgesellschaft ... in Birmingham gehabt. Es seien nur 2 brit. Pfund als Stammkapital eingezahlt worden. Der Geschäftsführer habe seine Funktion bei mehreren gleichartigen Firmen gehabt. Ebenso sei es bei dem Schriftführer, dessen Privatadresse zugleich die Sitzadresse der Fa. F Ltd. sei. Nach den Feststellungen des Bundesamtes für Finanzen sei davon auszugehen, daß die Fa. F Ltd. ebenso wie die unter derselben Adresse registrierten Firmen lediglich als Strohmannfirmen für niederländische Hintermänner fungiere.
Bei Scheingeschäften seien die Anforderungen an eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnungsausstellung nicht gegeben. Ein Vorsteuerabzug scheitere an der fehlenden Unternehmereigenschaft des Rechnungsausstellers oder an der mangelnden Identität zwischen Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmer (Abschn. 192 Abs. 12 UStR). Die Versagung des Vorsteuerabzugs bei Schein- und Strohmanngeschäften treffe auch einen gutgläubigen Leistungsempfänger. Dies gelte selbst dann, wenn der angeblich Leistende Unbedenklichkeitsbescheinigungen vorgelegt habe. Dem Urteil des FG Köln vom 27. 8. 1998 könne nicht gefolgt werden.
Die Entscheidung ergeht im Einvernehmen mit den ...