rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleichszahlungen für die Übertragung einer Bezirkshandlung unterliegen nicht dem ermäßigten Steuersatz
Leitsatz (redaktionell)
Übreträgt ein Bezirkshändler, der Produkte eines Unternehmens über Beraterinnen im sog. Heimvorführungs-Vertriebssystem verkauft, die Rechte aus seinen Verträgen mit den Beraterinnen entgeltlich auf einen Dritten und erwirbt er gleichzeitig die Rechtspositionen aus den Verträgen eines anderen Bezrikshändlers mit dessen Beraterinnen, um seinen bisherigen Bezirkshändlervertrag an einem anderen Ort fortzusetzen, dann unterliegt die ihm gewährte Ausgleichszahlung nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 24 Nr. 1 c EStG.
Normenkette
EStG § 24 Nr. 1c, § 34 Abs. 2 Nr. 2; HGB § 89b
Tatbestand
Das Klageverfahren befindet sich im zweiten Rechtszug. Nach dem (Erst-)Urteil des 1. Senats des Finanzgerichts Nürnberg vom 20. Juni 1995 I 127 /91 (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1995, 1111) und der zurückverweisenden Revisionsentscheidung des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9. Oktober 1996 XI R 71 /95 (Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFHE - 181, 452, Bundessteuerblatt -BStBl - II 1997, 236) ist höchstrichterlich geklärt, dass der 1985 vollzogene Bezirkswechsel der Klägerin von B nach C eine Betriebsverlegung und keine Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe (des Bezirks in B) darstellt, somit die von der Klägerin für die Übergabe ihrer Bezirkshandlung K in B von ihren (Bezirkshändler-)Nachfolgern erhaltene Zahlung von insgesamt X DM kein nach § § 16 Abs. 4, 34 Abs. 2 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG - begünstigter Veräußerungsgewinn ist. Streitig ist aber noch, ob es sich bei dieser Zahlung ganz oder teilweise um einen Handelsvertreterausgleichsanspruch im Sinne des § 89b des Handelsgesetzbuchs - HGB - handelt (mit der Folge des ermäßigten Steuersatzes nach nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 i. V .m. § 24 Nr. 1 c EStG), da nach Ansicht des Bundesfinanzhofs die tatsächlichen Feststellungen im finanzgerichtlichen Urteil diese Entscheidung nicht tragen. Die neuerliche Prüfung der Voraussetzungen des § 89b HGB ist nunmehr die Aufgabe erkennenden 6. Senats, der für das beklagte Finanzamt betreffende Klageneuzugänge seit 1995 zuständig ist. Die Vorgabe des BFH für diese Prüfung ist folgende:
"Mit dem FG ist davon auszugehen, daß § 89b HGB auf den Kommissionsagenten entsprechend angewendet wird (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 1. Juni 1964 VII ZR 235/62, Betriebs-Berater 1964, 823, und Küstner/von Manteuffel/Evers, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, 6. Aufl., Bd.2, Rdnrn. 127 bis 129, m.w.N.) und daß der vertragliche Ausschluß jeglicher Entschädigung bei Beendigung des Bezirkshändlervertrags dem Ausgleichsanspruch nicht entgegensteht (§ 89b Abs. 4 Satz 1 HGB). Als Beendigung des Vertragsverhältnisses i. S. des § 89b Abs. 1 Satz 1 HGB ist auch die einvernehmliche Auswechslung des Bezirks anzusehen (vgl. Schlegelberger/Schröder, Handelsgesetzbuch, 89b HGB Rz. 4c, und Küstner/von Manteuffel/Evers, a.a.O., Rdnr. 283f.; a.A. Baumbach/ Hopt, Handelsgesetzbuch, 29. Aufl., § 89b Rdnr. 10, und Heymann, Handelsgesetzbuch, 2. Aufl., § 89b Rdnr. 18). Mangels tatsächlicher Feststellungen des FG läßt sich jedoch nicht beurteilen, ob die Voraussetzungen des § 89b Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 HGB gegeben sind, d. h., ob und welche Vorteile die A-GmbH aus der Geschäftsverbindung mit Kunden, die die Klägerin in B über ihren Beraterinnenstamm geworben hat, nach dem Bezirkswechsel hat, und ob diese Vorteile erheblich sind, außerdem, ob und welche Nachteile die Klägerin aus der Aufgabe des Bezirks in B hat und schließlich, ob die Zahlung eines Ausgleichs der Billigkeit entspricht. ... Sollte das FG in "Anwendung des § 89b Abs. 2 HGB einen Ausgleichsanspruch ermitteln, so wird es des weiteren zu prüfen haben, ob der Nachfolger der Klägerin in B diesen Ausgleichsanspruch im Wege der Schuldübernahme oder des Schuldbeitritts übernommen hat (vgl. dazu Küstner/von Manteuffel/Evers, a.a.O., Rdnr. 184f.).
Die Kläger sind Ehegatten, die im Streitjahr 1985 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Die Klägerin war in diesem Jahr als Bezirkshändlerin für die Firma A-GmbH tätig, insgesamt übte sie diese Berufstätigkeit fast 20 Jahre lang aus, vom 30.03.1981 bis zum Ende des Jahres 2000. Grundlage des Rechtsverhältnisses war in all diesen Jahren der am 3. März 1981 zwischen der Klägerin und der A-GmbH abgeschlossenen "Bezirkshändler-Vertrag". Nach dessen Art. 1 verkauft der Bezirkshändler die I A" Produkte im eigenen Namen und auf Rechnung der Gesellschaft (Kommissionsagentur), ausschließlich an private Kunden über Beraterinnen, die ihm unterstehen und die von ihm im eigenen Namen und auf eigene Rechnung bestellt wurden und nur nach Maßgabe des A-Heimvorführungs-Vertriebssystems, das für den Verkauf der Produkte ausgearbeitet ist. Nach Art. 3 des Vertrages verpflichtet 8ich die Gesellschaft, dem Bezirkshändler ihr weltweit erworbenes spezifis...