Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Steuerbefreiung nach§ 6a GrEStG , wenn beide an der Umwandlung beteiligen Unternehmen bereits vor dem Umwandlungsvorgang bestanden. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: II R 31/22)
Leitsatz (redaktionell)
1. Die in§ 6a Satz 4 GrEStG genannten Fristen müssen nur insoweit eingehalten werden, als sie aufgrund eines begünstigten Umwandlungsvorgangs auch eingehalten werden können.
2. Bei einer Ausgliederung zur Neugründung kann die fünfjährigen Vorbehaltensfrist des § 6a GrEStG aus Rechtsgründen nicht eingehalten werden, weil die neu gegründete Gesellschaft erst durch den Umwandlungsvorgang entsteht.
3. Haben beide an der Umwandlung beteiligen Unternehmen bereits vor dem Umwandlungsvorgang bestanden, ist die Frist des § 6a Satz 3 GrEStG einzuhalten.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 1, § 6a
Tatbestand
Streitig ist, ob die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung gemäß § 6a Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) für einen durch Ausgliederung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG steuerbaren Erwerbsvorgang gegeben sind.
Die Klägerin, die "A-GmbH mit Sitz in 1", wurde mit notarieller Urkunde vom xx.03.2015, URNr. x/2015 der Notarin B, 1 gegründet und am xx.04.2015 in das Handelsregister eingetragen. Alleiniger Gesellschafter der Klägerin ist die Gemeinde 1 mit einem Geschäftsanteil (Nr. 1) in Höhe von 25.000 €. Die Einlage ist gemäß Abschnitt II, § 4 des Gesellschaftsvertrages in Form einer Bareinlage zu erbringen, die vollständig einzuzahlen ist.
Die Klägerin erwarb mit notariellem "Vertrag über die Ausgliederung und Übernahme des Regiebetriebs (...), Ausgliederung auf eine bestehende GmbH - A" vom 30.11.2015, URNr. xx/2015 der Notarin B, 1 von der Gemeinde 1 als übertragenden Rechtsträger im Wege der Ausgliederung zur Aufnahme gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 1 Umwandlungsgesetz (UmwG) den Regiebetrieb (...) mit allen ihm rechtlich und wirtschaftlich zuzuordnenden Gegenständen des Aktiv- und Passivvermögens sowie Rechten und Pflichten (§ 4 des Vertrages) gegen Gewährung eines weiteren Geschäftsanteils von 1.000 €. Nach § 5 des Vertrages ("Auszugliedernder Grundbesitz") übertrug die Gemeinde 1 die noch amtlich zu vermessende Teilfläche von ca. xx qm aus dem Grundstück FlNr. x, eingetragen im Grundbuch von 1 Blatt x, Amtsgericht 1, Fläche zu xx qm, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Ausgliederungsvertrages be- oder überbaut ist inklusive der Terrasse und den Zuwegungen. Die maßgebliche Teilfläche war dem als Anlage beigefügten Lageplan zu entnehmen. Als Ausgliederungsstichtag wurde im Innenverhältnis zwischen der Gemeinde 1 und der Klägerin der 01.04.2015 bestimmt (§ 2 des Vertrages). Steuerlicher Übertragungsstichtag war der 31.03.2015 (§ 2 des Vertrages). Die Übertragung des auszugliedernden Vermögens erfolgte mit dinglicher Wirkung zum Zeitpunkt der Eintragung der Ausgliederung in das Handelsregister der GmbH (§ 12 des Vertrages). Die Ausgliederung wurde am 09.12.2015 in das Handelsregister eingetragen.
Mit Grunderwerbsteuerbescheid vom 11.06.2018 setzte das Finanzamt Grunderwerbsteuer aus einer Bemessungsgrundlage von xx € in Höhe von xx € fest. Als grunderwerbsteuerliche Gegenleistung wurde gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG der Grundbesitzwert gemäߧ 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Bewertungsgesetz (BewG) in Verbindung mit § 157 Abs. 1 bis 3 BewG zugrunde gelegt, der mit Bescheid vom 16.05.2018 durch das Finanzamt 1 gesondert festgestellt worden war.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und trug zur Begründung vor, der Erwerbsvorgang sei gemäß § 6a GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit.
Aufgrund einer Vielzahl beim Bundesfinanzhof anhängiger Verfahren zur Anwendung der Befreiungsvorschrift des § 6a GrEStG wurde mit Verfügung vom 18.07.2018 das Ruhen der Einspruchsverfahren gemäß § 363 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) angeordnet. Nach Entscheidungen des Bundesfinanzhofes zu § 6a GrEStG vom 21.08.2019 wurde das Verfahren fortgesetzt.
Mit Einspruchsentscheidung vom 16.12.2020 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Zur Begründung führte das Finanzamt aus, im vorliegenden Sachverhalt habe die Gemeinde 1 den "Regiebetrieb (...)" im Rahmen einer Ausgliederung zur Aufnahme gemäß § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG auf die Klägerin übertragen. In diesem Zusammenhang sei auch Grundbesitz übertragen worden, weshalb der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG erfüllt worden sei. Der Vorgang sei nicht nach § 6a GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit, da das Abhängigkeitsverhältnis zwischen der Gemeinde 1 und der Klägerin erst seit Eintragung der Klägerin im Handelsregister am xx.04.2015 bestehe und damit die Vorbehaltensfrist von fünf Jahren nicht eingehalten worden sei. Eine Durchbrechung dieser Frist sei nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nur dann für die Gewährung der Steuerbefreiung unschädlich, wenn die Verkürzung der Frist unmittelbar durch den Umwandlungsvorgang ausgelöst werde, wenn dadurch die Frist somit aus rechtlichen Gründen nicht eingehalten werden könne. Die...