Revision eingelegt (BFH II R 13/24)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für die Steuerbefreiung gemäß § 6a GrEStG für einen durch Sachgründung steuerbaren Erwerbsvorgang
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Steuerbefreiung gemäß § 6a Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) bei Einbringungsvorgängen setzt voraus, dass an dem Vorgang ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und von diesem abhängige Gesellschaften beteiligt sind. Dabei gilt als abhängig nur eine Gesellschaft, an der das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor und nach dem Rechtsvorgang zu mindestens 95 % beteiligt ist.
2. Bei einer Einbringung zur Gründung einer neuen Gesellschaft, wie etwa im Rahmen einer Sachgründung, kann die Vorbehaltensfrist des § 6a Satz 4 GrEStG nur dann nicht eingehalten werden, wenn es sich um einen einheitlichen Umwandlungsvorgang handelt, bei dem die neue Gesellschaft erst durch den Umwandlungsvorgang entsteht. Andernfalls scheidet eine Steuerbefreiung aus, wenn die Beteiligungsgrenze von 95 % nicht erreicht wird.
3. Die Vorbehaltens- und Nachbehaltensfristen des § 6a GrEStG können nur dann vernachlässigt werden, wenn ihre Einhaltung aufgrund des begünstigten Umwandlungsvorgangs rechtlich unmöglich ist. Ein allgemeiner Verzicht auf die Frist bei Sachgründungen ist gesetzlich nicht vorgesehen und widerspricht dem klaren Wortlaut des Gesetzes.
4. Eine Ungleichbehandlung von Rechtsvorgängen, bei denen die Beteiligungsgrenze von 95 % nicht erfüllt wird, verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), da die unterschiedlichen Tatbestandsvoraussetzungen sachlich gerechtfertigt sind.
Normenkette
GrEStG §§ 6a, 1 Abs. 2b
Tatbestand
Streitig ist, ob die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung gemäß § 6a Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) für einen durch Sachgründung gemäß § 1 Abs. 2b GrEStG steuerbaren Erwerbsvorgang gegeben sind.
Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft, an der Herr A mit 45.000 DM und Frau B mit 5.000 DM am Stammkapital von 50.000 DM zum 02.01.2017 als Gesellschafter beteiligt waren. Die Klägerin ist Eigentümerin mehrerer Grundstücke in der Gemarkung G, Fl.Nr. 012/34, eingetragen im Grundbuch für G, Blatt 1111 und in der Gemarkung H, Fl.Nrn. 789, 345/6, 678, 567, 456, 678, 567, eingetragen im Grundbuch für H, Blatt 2222, 3333, 4444.
Mit notariellem Vertrag vom 16.09.2021, URNr. xxx0/2021 der Notarin Z, wurde die Firma C UG (haftungsbeschränkt) gegründet. Geschäftsführer der C UG (haftungsbeschränkt) ist Herr A.
Mit weiterem notariellen Vertrag vom 16.09.2021, URNr. xxx1/2021 der Notarin Z, wurde die C UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG (im Folgenden: UG & Co. KG) gegründet. Gegenstand der KG ist der Erwerb, das Halten, die Verwaltung und die Veräußerung von grundbesitzenden Gesellschaften. Einziger Kommanditist mit einer Einlage von 3.600 € ist gemäß Teil B, Anlage 1, § 3 der Urkunde Herr A. Die Einlageleistung hat laut § 3 der Urkunde dadurch zu erfolgen, dass Herr A den in der Anlage 2 zu dieser Urkunde aufgeführten Geschäftsanteil an der Firma X GmbH (Klägerin) mit Wirkung zum Zeitpunkt der Gründung der Kommanditgesellschaft auf die Gesellschaft überträgt. Die Sacheinlage der Gesellschafter wird bis zu einem Wert von 3.600 € auf die übernommene Einlage angerechnet, ein darüberhinausgehender Mehrbetrag wird dem Rücklagenkonto gutgeschrieben. Die Komplementärin, die C UG (haftungsbeschränkt), hat keinen Kapitalanteil an der UG & Co. KG.
Gemäß Teil C der genannten Urkunde ("Anlage 2, Einbringungsvertrag"), § 2, bringt Herr A als Einlage seinen Geschäftsanteil an der X GmbH in die UG & Co. KG ein. Dieser entsprach 90 % des Stammkapitals an der X GmbH. Die Einbringung erfolgte mit wirtschaftlicher und steuerlicher Wirkung zum 16.09.2021 und in Erfüllung der nach § 3 Nr. 3 des Gesellschaftsvertrages eingegangenen Sacheinlageverpflichtung. Nach § 3 von Teil C der Urkunde tritt Herr A seinen Geschäftsanteil an der Klägerin "hiermit" an die UG & Co. KG ab, die die Abtretung ausdrücklich annimmt.
Mit Grunderwerbsteuerbescheid vom 28.12.2021 setzte das Finanzamt Grunderwerbsteuer aus einer Bemessungsgrundlage von x.xxx.xxx € in Höhe von xx.xxx € fest. Der nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG als grunderwerbsteuerliche Gegenleistung anzusetzende Grundbesitzwert wurde gemäß § 155 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 162 Abs. 5 AO geschätzt, da ein Bescheid über die gesonderte Feststellung der Grundbesitzwerte noch nicht ergangen war.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein und trug zur Begründung vor, der Erwerbsvorgang sei gemäß § 6a GrEStG von der Grunderwerbsteuer befreit.
Mit geändertem Grunderwerbsteuerbescheid vom 07.06.2022 wurden die Schätzwerte an die nunmehr festgestellten Grundbesitzwerte angepasst. Die Grunderwerbsteuer wurde ausgehend von einem Grundbesitzwert von x.xxx.xxx € auf xx.xxx € erhöht.
Das Einspruchsverfahren verlief erfolglos; der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 09.08.2022 als unbegründet zurückgewiesen.
Das Finanzamt führte zur Begründung aus, nach § 1 ...