Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Verwirkung der Änderungsmöglichkeit nach einer Außenprüfung
Leitsatz (amtlich)
Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift § 171 Abs. 4 Satz 3 AO kommt es für die Berechnung der in der Vorschrift genannten Frist auf den Zeitpunkt der letzten Ermittlungshandlungen nur an, wenn eine Schlussbesprechung nicht stattgefunden hat. Als Ermittlungsmaßnahmen im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung sind alle Prüfungshandlungen zur Beurteilung der für die Besteuerung maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu verstehen.
Normenkette
AO § 171 Abs. 4 S. 3
Tatbestand
Streitig ist, ob die Änderungsbescheide vom 19.05.2005 auf Grund einer steuerlichen Außenprüfung zu Recht ergangen sind oder, ob bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war.
Die Klägerin ist Gesamtrechtsnachfolgerin der Fa. A. B. GmbH, die im Form- und Modellbau unternehmerisch tätig war. Die A. B. GmbH reichte für das Jahr 1992 die Umsatzsteuererklärung am 10.01.1994 ein und errechnete eine Umsatzsteuerschuld von 635.410 DM. Die Anmeldung stand nach der Zustimmung durch das Finanzamt einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§§ 168, 164 AO). Die Umsatzsteuererklärung für 1993 reichte die Klägerin am 28.12.1994 ein; der errechneten Umsatzsteuerschuld von 636.543 DM stimmte das Finanzamt ebenfalls zu, so dass die Anmeldung einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstand.
Der Vermögensübergang von der A. B. GmbH auf die Klägerin wurde am 22.04.1994 in das Handelsregister eingetragen. Die Klägerin wurde mit Gesellschafterbeschluss am 30.12.1997 aufgelöst. Die Auflösung und die Beendigung der Liquidation wurden am 19.01.1998 in das Handelsregister eingetragen.
Auf Grund der Prüfungsanordnung vom 05.11.1997 wurde am 08.12.1997 bei der Klägerin als Gesamtrechtsnachfolgerin der Fa. A. B. GmbH und zum gleichen Zeit-punkt auch bei 12 weiteren im Sinne von § 18 Nr. 2 BpO eng miteinander verbundenen Unternehmen eine steuerliche Außenprüfung begonnen. Die Prüfungsanordnung gegenüber der A. B. GmbH erstreckte sich u.a. auf die Umsatzsteuer 1992 und 1993. Die vorläufigen Prüfungsfeststellungen wurden im Juni 1998 übergeben und am 03.08.1998 besprochen. In der Zeit von März 1998 bis Oktober 2002 erfolgte eine Prüfung für versicherungsmathematische Fragen (vgl. Bericht vom 14.10.2002). Mit Schreiben vom 13.07.2001 ersuchte der Steuerberater der Klägerin den für die Außenprüfung zuständigen Finanzbeamten um Terminabsprache. Besprechungen über noch ungeklärte steuerliche Fragen die Klägerin betreffend fanden dann am 02. und am 23.10.2001 statt. Am 28.11.2001 begann die Betriebsprüfung der B. Gruppe für den Zeitraum 1996 bis 2000. Mit Schreiben vom 14. und vom 19.12.2001 übersandte der Prüfer weitere ungeklärte Fragen den Prüfungszeitraum 1992 bis 1995 betreffend, auf die der Steuerberater mit Schreiben vom 07.02.2002 antwortete. Die Prüfungshandlungen für den gesamten Zeitraum der Jahre 1992 bis 2000 endeten am 25.04.2002. Für alle Prüfungen bei der Unternehmensgruppe B. fand am 03.12.2003 eine förmliche Schlussbesprechung statt, die sich auch auf die hier streitige Umsatzsteuer der A. B. GmbH bezog. Der Bericht über die Außenprüfung datierte vom 19.12.2003.
Den Feststellungen der Prüfung folgend änderte das Finanzamt mit Bescheiden vom 19.05.2005 die Umsatzsteuerfestsetzung für 1992 und erhöhte die Umsatzsteuerschuld um 786 DM sowie die Umsatzsteuerschuld für 1993 um 2.587 DM. Die Änderungsbescheide wurden der Fa. A. B. GmbH als Liquidator und ehemaligem Geschäftsführer der A. B. GmbH & Co. KG in Liquidation für die Fa. A. B. GmbH & Co. KG in Liquidation als Gesamtrechtsnachfolgerin der Fa. A. B. GmbH bekanntgegeben.
In ihrem Einspruch machte die Klägerin lediglich geltend, die Liquidation der Gesellschaft sei bereits beendet. Weiterer Sachvortrag erfolgte nicht. Das Finanzamt wies den Einspruch mit der Entscheidung vom 03.08.2005 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat Klage erhoben und beantragt, die Änderungsbescheide für Umsatzsteuer 1992 und 1993 vom 19.05.2005 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 03.08.2005 aufzuheben.
Zur Begründung trägt sie vor, die Änderungsbescheide hätten auf Grund der Festsetzungsverjährung nicht mehr ergehen dürfen. Es habe am 03.08.1998 letztmalig eine Besprechung mit dem Betriebsprüfer stattgefunden. Nach diesem Zeitpunkt seien keine Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung mehr erfolgt. Unter diesen Umständen seien die Ermittlungen im Sinne von § 88 AO bereits vor dem Jahre 2001 abgeschlossen gewesen. Die Tätigkeit des Betriebsprüfers in der Folgezeit habe nur noch die rechtliche Auswertung der Feststellungen betroffen.
Die Ablaufhemmung nach § 171 AO ende mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die letzten Ermittlungen im Rahmen der Außenprüfung stattgefunden hätten. Dies sei der 31.12.1998 gewesen. Die Festsetzungsfrist für die Änderung der Steuerfestsetzung habe somit am 31.12.2002 geendet. Durch den Fachprüfer der Oberfinanzdirektion sei...