Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsteuer
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Vermächtnisanspruch auf Erwerb einer zur Erbmasse gehörenden Eigentumswohnung (Kaufrechtsvermächtnis) mit dem gemeinen Wert oder dem Einheitswert für die Eigentumswohnung zu bewerten ist.
Die am 05.07.1995 verstorbene … war Eigentümerin u. a. einer Eigentumswohnung in …. In ihrem Testament vom 02.11.1986 hatte sie den Eheleuten S. ein Ankaufsrecht auf diese Eigentumswohnung vermacht. In einem eigenhändig geschriebenen Testamentsnachtrag vom 10.04.1991 hatte sie bestimmt, daß die Eigentumswohnung an die Eheleute S. oder an Tochter und Schwiegersohn E. zum Kaufpreis von 20.000 DM verkauft werden muß.
Aufgrund des Testaments vom 02.11.1986 ernannte das Amtsgericht … mit Beschluß vom 14.11.1995 den Ehemann der Klägerin zum Testamentsvollstrecker. In dieser Eigenschaft veräußerte er mit notariellem Kaufvertrag vom 01.12.1995 die genannte Eigentumswohnung zum testamentarisch festgelegten Kaufpreis von 20.000 DM an die Klägerin. Diese war damals auch Eigentümerin der 2. Eigentumswohnung im Anwesen … in … Die der Klägerin für den Erwerb der Eigentumswohnung entstandenen Kosten für Notar, Grundbuch, sowie Grunderwerbsteuer beliefen sich auf 1.548 DM.
Für das Recht zum verbilligten Erwerb der Eigentumswohnung setzte das Finanzamt gegenüber der mit der Erblasserin nicht verwandten Klägerin mit Bescheid vom 14.11.1996 die Erbschaftsteuer auf 40.152 DM fest. Den Erwerbswert ermittelte es dabei ausgehend vom erklärten Verkehrswert der Eigentumswohnung von 170.000 DM abzüglich des Kaufpreises von 20.000 DM mit 150.000 DM. Nach Abzug der Erwerbskosten von 1.548 DM sowie des Freibetrags von 2.000 DM für unentgeltliche Pflege der Erblasserin gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 9 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz i.d.F. des Jahressteuergesetzes 1996 vom 11.10.1995 – ErbStG- und des allgemeinen Freibetrags von 3.000 DM gelangte– es zu einem steuerpflichtigen Erwerb von 143.400 DM.
Die Prozeßbevollmächtigten erhoben dagegen für die Klägerin Einspruch und machten geltend, daß das Kaufrechtsvermächtnis statt mit dem Verkehrswert mit dem Einheitswert der Eigentumswohnung von 49.140 DM anzusetzen sei. Zudem könne der Wert des Kaufrechtsvermächtnisses nur zur Hälfte der Klägerin zugerechnet werden, da nach dem Verzicht der Eheleute S. ihrer Eltern, das Vermächtnis ihr und ihrem Ehemann gemeinsam zugestanden habe. Mit Entscheidung vom 26.08.1997 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück.
Mit der Klage wird beantragt, unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 26.08.1997 den Bescheid vom 14.11.1996 dahin zu ändern, daß die Erbschaftsteuer entsprechend der Berechnung in der Klageschrift auf 7.360 DM herabgesetzt wird.
Zur Begründung bringen die Prozeßbevollmächtigten im wesentlichen vor:
In Abkehr von der früheren Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 30.03.1977 II R 143/66, BStBl. II 1977, 556, und vom 03.03.1978 III R 7/76, BStBl. II 1978, 398) und der früheren Verwaltungspraxis stelle das Finanzamt bei Bewertung eines testamentarisch ausgesetzten Kaufrechtsvermächtnisses nunmehr auf den Verkehrswert des zu kaufenden Grundstücks ab. Im Schrifttum werde dagegen an der früheren Auffassung nach wie vor festgehalten (vgl. Meincke, ErbStG, 12. Aufl., § 12 Rn 23, § 3 Rn 44). In einem Aussetzungsbeschluß vom 13.04.1994 II B 173/93 (BFH/NV 1994, 794) habe der BFH ernsthafte Zweifel an der Rechtsauffassung der Verwaltung geäußert. Eine neuere Rechtsprechung des BFH zur Bewertung des Kaufrechtsvermächtnisses liege jedoch nicht vor. Das Finanzamt versuche sich auf das BFH-Urteil vom 06.12.1989 II R 103/86 (BStBl. II 1990, 434) zu stützen. Diese Auffassung gehe jedoch fehl. Der BFH habe dort für einen bereits vom Erblasser abgeschlossenen Erbbaurechtsvertrag entschieden, daß sich Anspruch und Verpflichtung wertmäßig ausgleichen würden; zudem habe er die Einbeziehung künftig entstehender Erbbauzinsen in den steuerpflichtigen Erwerb abgelehnt, da es sich um ein noch schwebendes Geschäft handle. Eine Parallele zum Streitfall sei aus dieser Entscheidung des BFH nicht abzuleiten. Im Streitfall handle es sich nicht um einen bereits von der Erblasserin ins Werk gesetzten entgeltlichen Erwerb, sondern den teilweise unentgeltlichen Erwerb einer Eigentumswohnung, bei dem sich die Kaufpreisbildung nicht nach den Marktverhältnissen vollziehe. Im Urteil vom 07.10.1998 II R 52/96 (BStBl. II 1999, 23) habe der BFH zwar in Abkehr von seiner früheren Rechtsprechung (Urteile vom 30.09.1981 II R 64/80, BStBl. II 1982, 76, vom 17.02.1982 II R 160/80, BStBl. II 1982, 350, sowie vom 21.06.1989 II R 135/85, BStBl. II 1989, 731) entschieden, daß eine geltend gemachte Pflichtteilsforderung beim Erben auch dann mit dem Nennwert statt dem Einheitswert abzuziehen sei, wenn der Berechtigte anstelle einer Geldzahlu...