Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Zurechnung der Vertriebstätigkeit als Tätigkeit des verarbeitenden Gewerbes der Betriebsstätte
Leitsatz (amtlich)
Werden Waren in einer Betriebsstätte in den alten Bundesländern produziert (Sägewerk), von dort unter Rechnungsstellung dieser Betriebsstätte und entsprechender Anwicklung des Zahlungsverkehrs an den Kunden geliefert, so sind diese Umsätze nicht als Vertrieb zu einer Tätigkeit des verarbeitenden Gewerbes in den neuen Bundesländern zuzurechnen, auch wenn der Auftrag durch persönliche Kontaktaufnahme und Abwicklung (Erstellung von Angeboten, Bearbeitung von Reklamationen) der Mitarbeiter der Betriebsstätte in den neuen Bundesländern zustande kam. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine Weiterverrechnung der direkt an den Kunden ausgelieferten Ware an die Betriebsstätte in den neuen Bundesländern nicht vorgenommen wurde.
Normenkette
InvZulG § 3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Voraussetzungen einer Gewährung von Investitionszulage vorliegen.
Die Klägerin betreibt in A bzw. im Landkreis A ein Säge-, Hobel- und Holzimprägnierwerk sowie einen Holzfachmarkt. Zum 01.08.1995 meldete die Klägerin in der Gemeinde B, Str. 35, die Eröffnung eines Baumarktes in Verbindung mit Holzgroß- und Einzelhandel an, zum 25.03.1997 erfolgte die Verlegung des Baumarktes mit Holzgroß- und Einzelhandel in die Straße 5. Für ihre im Fördergebiet gelegene Betriebsstätte B, Straße 5, hat die Klägerin Investitionszulagen in folgendem Umfang beantragt:
Jahr |
Antrag vom |
Investitionssumme |
Zulage |
Betrag |
1997 |
20.08.1998 |
507.540 DM |
10 % |
50.754 DM |
1998 |
23.08.1999 |
34.041 DM |
10 % |
3.405 DM |
1999 |
22.02.2002 |
10.621 DM |
20 % |
2.125 DM |
2000 |
22.02.2002 |
3.567 DM |
25 % |
892 DM |
In den Anträgen für die Jahre 1997 und 1998 waren eine Vielzahl von Wirtschaftsgütern unter der Bezeichnung "Ladenausstellung" mit 394.039 DM bzw. 16.470 DM und "Gartenausstellung" mit 13.380 DM bzw. 15.144 DM zusammengefasst. Auf die Rechnungskopien wird verwiesen. Die Klägerin hatte in den Anträgen für die Jahre 1999 und 2000 jeweils angekreuzt, dass die beweglichen Wirtschaftsgüter mindestens 5 Jahre nach ihrer Anschaffung oder Herstellung in Betrieben des verarbeitenden Gewerbes oder in Betrieben der produktionsnahen Dienstleistungen verbleiben werden.
Das Finanzamt setzte die Investitionszulage unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 AO wie beantragt fest:
Jahr |
Bescheid vom Investitionszulage |
1997 |
03.09.1998 |
50.754 DM |
1998 |
02.09.1999 |
3.405 DM |
1999 |
08.03.2002 |
2.125 DM |
2000 |
08.03.2003 |
892 DM |
Von 25.11.2002 bis 17.06.2003 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung statt, die sich auf die Jahre 1997 bis 2000 erstreckte. Dabei vertrat die Betriebsprüfung die Auffassung, dass die Betriebsstätte B nicht zum verarbeitenden Gewerbe gehöre und aus diesem Grund keine Investitionszulage gewährt werden könne; auf den Prüfungsbericht vom 07.11.2003 wird verwiesen.
Aufgrund der Prüfungsfeststellungen ergingen am 05.03.2004 geänderte Investitionszulagenbescheide für die Jahre 1997 bis 2000, mit denen die Zulagen auf 0 DM herabgesetzt wurden. Gleichzeitig wurden Zinsen für das Jahr 1997 in Höhe von 8.693 €, für das Jahr 1998 in Höhe von 478 €, für 1999 in Höhe von 135 € und 2000 in Höhe von 57 € festgesetzt.
Der Einspruch des Prozessbevollmächtigten wurde mit Einspruchsentscheidung vom 12.07.2004 zurückgewiesen.
Zur Begründung führt das Finanzamt im Wesentlichen Folgendes aus:
Bei der Betriebsstätte in B handle es sich nicht um einen Betrieb des verarbeitenden Gewerbes. Die Klägerin betreibe in B einen Baumarkt mit Großhandel und Einzelhandel. Dies gehe u.a. aus der Gewerbeanmeldung hervor. Sie verkaufe dort eine Vielzahl von erworbenen Produkten und im geringen Umfang auch Produkte aus dem eigenen Sägewerk in A. Der Ausschlusstatbestand des § 3 Satz 3 InvZulG 1996 für Betriebsstätten des Handels sei betriebsstättenbezogen auszulegen ( BMF-Schreiben vom 28.10.1993 BStBl. I 1993, 904 Rz. 8). Bestehe ein Betrieb aus mehreren Betriebsstätten, so sei entscheidend, wie die einzelne Betriebsstätte in die Systematik der Wirtschaftszweige einzuordnen sei, wenn sie einen selbständigen Betrieb darstelle; die Einordnung des Gesamtbetriebs sei jedoch ohne Bedeutung. Auch wenn ein Mischbetrieb insgesamt einem begünstigten Wirtschaftszweig zuzuordnen sei, könnten daher Investitionen in Betriebsstätten, die für sich genommen zu einem nicht begünstigten Wirtschaftszweig gehören, von der Investitionszulage ausgeschlossen sein. Zwar sei im Streitfall der Gesamtbetrieb der Klägerin als Mischbetrieb und zwar als Säge, Hobel- und Holzimprägnierwerk dem verarbeitenden Gewerbe zuzuordnen. Entscheidend sei jedoch, dass die Betriebsstätte im Fördergebiet als gesonderter Betrieb zu betrachten sei. Da der Umsatz der zugekauften Produkte in B bei ca. 90% des Gesamtumsatzes der Betriebsstätte liege, komme nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige 1993 ...