Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindung für vorzeitige Räumung von Kanzleiräumen stellt Betriebseinnahme dar
Leitsatz (redaktionell)
Abfindungen oder Entschädigungsleistungen, die einem Freiberufler für die vorzeitige Räumung von Kanzleiräumen und zur Abgeltung von durchgeführten Investitionen gezahlt werden, stellen Betriebseinnahmen dar.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, § 18 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob eine vom Vermieter dem Mieter (Steuerberater) im Zusammenhang mit der vorzeitigen Aufgabe der Kanzleiräume gezahlte Abfindung (bzw. Entschädigung) einkommensteuerrechtlich als Betriebseinnahme zu behandeln ist.
Der (ledige) Kläger erzielt als Steuerberater in ... Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit. Die von ihm bis 30.08.1997 als Einzelunternehmen geführte Steuerkanzlei brachte er zum 01.09.1997 in eine Sozietät ein. Bis 1996 hatte der Kläger den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, ab dem Streitjahr erfolgte die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG.
In der Einkommensteuererklärung 1997 erklärte der Kläger u.a. - neben Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft und Vermietung und Verpachtung verschiedener Grundstücke - bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit einen Verlust von ./. 237.316 DM. Unter Berücksichtigung dieses Verlustes ergab sich ein negativer Gesamtbetrag der Einkünfte von ./. 222.149 DM. Mit Einkommensteuerbescheid vom 02.06.1999 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer 1997 auf 0 DM. fest. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO 1977).
Auf Antrag des Klägers wurde der Verlust nach § 10d EStG mit 100.000 DM auf 1995 und mit 20.000 DM auf 1996 zurückgetragen. Der verbleibende Verlust auf den 31.12.1997 wurde mit Bescheid vorn 02.06.1999 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf ./. 102.149 DM festgestellt. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO 1977).
Das Finanzamt führte im Jahr 1999 eine Außenprüfung beim Kläger für die Jahre 1995 bis 1997 durch, die zu folgenden Feststellungen führte:
Der Kläger hatte von der BA (Vermieter), im sog. Haus H (Rückgebäude) in R mit drei Mietverträgen mehrere Räume angemietet, und zwar mit
Mietvertrag vom 07.06./22.07.1994 |
das 1. OG rechts |
128,32 qm |
Mietvertrag vom 29.11./27.12.1993 |
das 2. OG links |
148,86 qm |
Mietvertrag vom 29.11./27.12.1993 |
das 2. OG rechts |
171,60 qm |
(einschließlich jeweils eines Kellerraums sowie eines Parkplatzes im Innenhof des Gebäudes). Die Mietverträge wurden über eine Laufzeit von 20 Jahren abgeschlossen. Der Vermieter (BA) erhält das Recht zur vorzeitigen Kündigung für den Fall der Gesamtrenovierung des Hauses; für den Kläger wurde kein Kündigungsschutzrecht ausdrücklich vereinbart. Weiter wurde vereinbart, dass dem Kläger das Recht zur Untervermietung zustehen sollte.
Der Kläger verpflichtete sich andererseits zur Generalsanierung der angemieteten Räume, die wegen ihres renovierungsbedürftigen Zustandes seit Jahren leer standen. Aufgrund der übernommenen Sanierungsverpflichtung wurde ein Mietzins vereinbart, der weit unter dem Mietzins vergleichbarer anderer sanierter Objekte lag. Dabei wurde der monatliche Mietzins in der Weise berechnet, dass die Investitionskosten auf der Basis vom Kläger eingeholter und dem Vermieter vorgelegter Kostenvoranschläge über die Laufzeit des Mietvertrages als zusätzliche Gegenleistung betrachtet wurden. Dementsprechend wurde folgende monatliche Miete vereinbart
1. Etage rechts, |
1. bis 3. Jahr: |
400 DM; |
4. bis 20. Jahr: |
600 DM; |
2. Etage rechts, |
1. bis 3. Jahr: |
400 DM; |
4. bis 20. Jahr: |
600 DM; |
2. Etage links, |
1. bis 3. Jahr: |
500 DM; |
4. bis 20. Jahr: |
700 DM; |
In den Mietverträgen räumte der Vermieter dem Kläger ferner ein Vormietrecht (Mietoption) ein. Danach waren evtl. frei werdende, vom Mieter derzeit nicht angemietete Räume im Haus H für Zwecke der Weitervermietung zuerst dem Mieter anzubieten. Der Mieter sollte berechtigt sein, das Vormietrecht auszuüben, sofern er sich bereit erklärte, die gleiche Miethöhe zu entrichten wie ein interessierter Dritter (§ 12 der Verträge).
Der Kläger ordnete die angemieteten Räumlichkeiten dem Betriebsbereich seiner Steuerkanzlei zu. Zur Renovierung der angemieteten Räume wendete der Kläger insgesamt 549.000 DM (einschließlich Umsatzsteuer) auf. Diesen Betrag setzte er in den Jahren 1993 bis 1997 gewinnmindernd als Betriebsausgaben bei seinen freiberuflichen Einkünften ab.
Nach der Sanierung und dem Einzug der Steuerberaterkanzlei in die Räumlichkeiten kam es in der Folgezeit zwischen den Vertragsparteien - hinsichtlich der Anmietung weiterer Räume im Haus H - zu Meinungsverschiedenheiten. Diese betrafen vor allem die Anmietung der Gaststättenräume im Haus H aufgrund des dem Kläger zustehenden Vormietrechts. Ein derartiges Vormietrecht des Klägers wurde vom Vermieter für das Lokal H nicht anerkannt. Auf den umfangreichen Schriftwechsel (Rechtsbehelfsakte II) wird verwiesen.
Im Streitjahr schlossen die Vertragsparteien eine Verein...