Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt der Ausführung einer Schenkung bei einer unentgeltlichen Kapitalüberlassung

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung ist bei einer unentgeltlichen Kapitalüberlassung der Zeitpunkt der Übergabe bzw. Auszahlung des Kapitals an den Beschenkten, denn ab diesem Zeitpunkt steht ihm das Kapital zur Nutzung zur Verfügung. Der Beginn der Tilgungsleistungen ist hierfür nicht maßgeblich.

 

Normenkette

ErbStG § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 37 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist der Zeitpunkt der Ausführung einer Schenkung.

Laut notariellem Schuldanerkenntnis vom 2. 1. 1996 schuldet der Kläger seinem Vater S. H. seit dem 1. 5. 1995 eine darlehensweise überlassene Summe von 340.000 DM. Das Darlehen ist nach dem Schuldanerkenntnis unverzinslich und ab dem 1. 1. 1996 monatlich mit 1.800 DM zu tilgen. Die Darlehensgewährung erfolgte zur Bezahlung eines im Februar 1995 vom Kläger erworbenen Einfamilienhauses. Nach einer Kontrollmitteilung des Finanzamts W vom 6. 8. 1998 erhielt der Kläger außerdem von seinem Vater am 24. 5. 1995 ein Bankguthaben in Höhe von 90.000 DM übertragen.

In dem am 18. 11. 1998 gegenüber dem Kläger zu Steuernummer X ergangenen Schenkungsteuerbescheid errechnete das Finanzamt für die zinslose Darlehensgewährung durch S. H. einen Kapitalwert in Höhe von 114.138 DM, so dass sich nach Berücksichtigung eines Freibetrages von 90.000 DM ein steuerpflichtiger Erwerb von 24.100 DM ergab. Die Schenkungsteuer wurde nach Steuerklasse 1/2 mit einem Steuersatz von 3 v. H. auf 723 DM festgesetzt.

Mit Bescheid vom selben Tag wurde unter der Steuernummer Y für die unentgeltliche Übertragung des Bankguthabens unter Berücksichtigung des Werts der zinslosen Darlehensgewährung als Vorschenkung und unter Anrechnung der hierfür festgesetzten Schenkungsteuer gegenüber dem Kläger eine Schenkungsteuer in Höhe von insgesamt 4.411 DM festgesetzt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die genannten Schenkungsteuerbescheide verwiesen.

Die dagegen eingelegten Einsprüche blieben ohne Erfolg. Mit Einspruchsentscheidungen vom 19. 5. 1999 wurde sowohl der Einspruch gegen den Bescheid zu Steuernummer X als auch der Einspruch gegen den Bescheid zu Steuernummer Y als unbegründet zurückgewiesen.

Unter Anführung des Aktenzeichens ... haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers Klage erhoben mit dem Antrag, den Schenkungsteuerbescheid vom 18. 11. 1998 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 19. 5. 1999 aufzuheben.

Zur Begründung der Klage wird im Wesentlichen Folgendes vorgetragen:

Es sei das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz in der ab 1. 1. 1996 gültigen Fassung anzuwenden. In der notariellen Urkunde sei festgelegt, dass das Darlehen ab dem 1. 1. 1996 monatlich zu tilgen ist. Die Darlehensrückzahlung beginne somit erst ab 1. 1. 1996 und bei Vereinbarung einer entsprechenden Verzinsung wären auch erst ab diesem Zeitpunkt die jeweiligen Zinsen zu entrichten gewesen. Eine Schenkung der Zinsen liege daher erst ab 1. 1. 1996 vor.

Das Finanzamt beantragt Klageabweisung und trägt zur Begründung im Wesentlichen Folgendes vor:

Die Schenkung des Zinsvorteils sei mit Hingabe des Darlehensbetrages am 1. 5. 1995 und nicht erst mit der Rückzahlung ausgeführt worden. Die Unverzinslichkeit sei am 1. 5. 1995 vereinbart worden. Es sei deshalb die bis 31. 12. 1995 gültige Fassung des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes anzuwenden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Gerichts ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO) einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg.

Das Finanzamt hat im angefochtenen Bescheid die Schenkungsteuer für die unentgeltliche Kapitalnutzung gegenüber dem Kläger nicht zu hoch festgesetzt.

Streitgegenstand ist der zu Steuernummer X ergangene Schenkung- steuer bescheid in der Fassung der unter der Rechtsbehelfslistennummer ... ergangenen Einspruchsentscheidung. Zum einen ist im Rubrum der von den Prozessbevollmächtigten verfassten Klageschrift ausschließlich die vorgenannte Steuernummer nebst Rechtsbehelfslistennummer genannt und der Streitgegenstand damit eindeutig bestimmt. Zum anderen bezieht sich die Begründung der Klage nur auf die zinslose Darlehensgewährung und die hierauf anzuwendende Gesetzesfassung. Bei verständiger Würdigung der Interessen des Klägers und Auslegung der Klageschrift ergibt sich daher nicht, dass auch der unter Steuernummer Y ergangene Bescheid in Form der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung mit der Klage angefochten werden sollte.

Die Einräumung eines zinslosen Darlehens ist nach der Rechtsprechung des BFH, der sich der Senat anschließt, als unentgeltliche Zuwendung i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 Erbschaftsteuergesetz - ErbStG - anzusehen (vgl. BFH-Urteil vom 7. 10. 1998 II R 64/96, BStBl II 1999, 25 m. w. N.). Die Nutzung des Kapitals erfolgte im Streitfall objektiv unentgeltlich. Unstrittig handelte der Zuwendende, d. h. der Vater des Klägers mit dem Willen und dem Bewusstsein der Unentgeltlichkeit der Zuwendung.

Die festge...

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