Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßstab der Kürzung der Vorsteuer aus einem Generalmietvertrag wegen einer nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Nutzung
Leitsatz (redaktionell)
Der Vorsteuerabzug ist gem. § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG ausgeschlossen, für u.a. sonstige Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze - hier Vermietungsumsätze - verwendet und ein Verzicht auf die Steuerbefreiung nach § 9 UStG nicht möglich ist. Zur Ermittlung des Umfangs der steuerfreien Umsätze ist die Aufteilung anhand der vermieteten Flächen sachgerecht.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 12a, § 9; UstG § 15 Abs. 2 Nr. 1; UStG § 27 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, nach welchem Maßstab die Kürzung der Vorsteuer aus einem Generalmietvertrag wegen der Aufteilung der steuerpflichtigen zu der abzugsschädlichen steuerfreien Vermietung bzw. der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Nutzung zu erfolgen hat.
Mit Mietvertrag vom 01.03.1995 mietete die Klägerin als Generalmieterin von der Grundstücksgemeinschaft Z das in den Jahren 1993 bis 1995 errichtete sogenannte R-Einkaufszentrum in M an. Die Gesamtfläche (Untergeschoss, Erdgeschoss und 1. Obergeschoss) betrug 6.942 qm. Zusätzlich sind Parkflächen im Tiefgeschoss mit 5000 qm sowie weitere 11.500 qm Park-, Grün- und Außenverkaufsfläche vermietet (vgl. § 1 des Mietvertrages vom 01.03. 1995). In § 2 des Mietvertrages wird wegen der Monatsmiete u.a. Folgendes vereinbart: “… Auf der Basis von Erstellungskosten in Höhe von 22,6 Millionen vereinbaren die Parteien einen Mietzins in Höhe von 19 DM pro Quadratmeter und Monat bei einer angenommenen Mietfläche von 6.942 qm. Es ergibt sich daher eine monatliche Nettokaltmiete in Höhe von 131.898 DM. Sowohl für die Nettokaltmiete als auch für die Nebenabgaben ist zusätzlich die Umsatzsteuer nach dem jeweils gültigen Steuersatz zu entrichten. ….“ Wegen der Einzelheiten wird auf den Mietvertrag vom 01.03.1995 verwiesen.
Aus einer von der Vermieterin aufgestellten Flächenbilanz des Einkaufszentrums vom 06.02.1996 (vgl. Bl. 27 Vertragsakte) ergibt sich, dass im Untergeschoss Flächen von 350 qm an Einzelhändler weitervermietet und die Flächen im Erdgeschoss mit einer Größe von 6.025 qm teilweise durch die Klägerin genutzt (3545 qm R Markt, Einzelhandel) und teilweise an andere Gewerbetreibende bzw. im Umfang von 117 qm an eine Bank weitervermietet wurden bzw. weitervermietet werden sollten. Im Giebelhaus befinden sich als Praxis I und II bezeichnete Räume im Umfang von insgesamt 216 qm und als Praxis III bezeichnete Räume mit 164 qm sowie als „Hotel“ bezeichnete Räume mit 187 qm.
Eine bei der Z (Bauherrin) vom Finanzamt durchgeführte Betriebsprüfung legte für den Vorsteuerabzug aus den Baukosten als Maßstab das Raummaß (cbm) zugrunde und versagte den Vorsteuerabzug wegen der steuerfreien Nutzung durch die Bank und die Arztpraxen I und II. In einem deshalb vor dem Niedersächsischen Finanzgericht durchgeführten Rechtsstreit vertrat die Z die Auffassung, dass sie wirksam auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 Buchst. a Umsatzsteuergesetz (UStG) verzichten könne. Sie berief sich dabei auf die bis zum 31.12.1993 gültige Fassung des § 9 Abs. 2 UStG, wonach eine Option möglich war, sofern das Grundstück nicht Wohnzwecken oder anderen nichtunternehmerischen Zwecken diente. Die Anwendungsvoraussetzungen der Übergangsvorschrift des § 27 Abs. 2 UStG lägen vor. Denn mit der Errichtung des Gebäudes sei vor dem 11.11.1993 begonnen worden. Die Klage blieb ohne Erfolg (Niedersächsisches Finanzgericht Urteil vom 14.06.2007 Az 5 K 265/02 n.v., Bl. 13 USt-Akte 2000). Das Niedersächsische Finanzgericht war der Auffassung, dass sich die Z nicht mit Erfolg auf die Übergangsregelung des § 27 Abs. 2 UStG berufen könne, weil sie die Entscheidung zu bauen, im Jahr 1993 nicht nach außen kenntlich gemacht habe. Mit Beschluss vom 29.05.2008 V B 160/07 (BFH/NV 2008, 1544) hat der Bundesfinanzhof (BFH) die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen. Der BFH war der Auffassung, dass es für die Anwendbarkeit der Übergangsvorschrift des § 27 Abs. 2 UStG nicht ausreiche, wenn vor dem Stichtag 11.11.1993 mit dem Abriss eines Altbaus begonnen, jedoch der Neubau erst danach bzw. wie im Streitfall erst ab März 1994 errichtet worden sei.
Die Klägerin machte in ihren Umsatzsteuererklärungen für die Jahre 1996 bis 2000 die Vorsteuer aus der gezahlten Miete entsprechend ihrer damaligen Rechtsauffassung zur Anwendbarkeit des § 9 UStG a.F. und der Verwendungsabsicht hinsichtlich des Rohbaus in voller Höhe geltend.
Vom 20.03.2002 bis 14.05.2004 fand bei der Klägerin eine Betriebsprüfung für die Jahre 1996 bis 2000 statt. Dabei traf der Prüfer folgende Feststellungen: Bezüglich einer Fläche von 164 qm „im Rohbau“ sei die Verwendung bzw. der Verwendungszweck nicht geklärt. Der Vorsteuerabzug sei zu versagen. Der Ausgang des Klageverfahrens vor dem Finanzgericht Nürnberg (Anm. Az: 2 K 1325/08) hierzu bleibe abzuwarten. Eine Flä...