Revision eingelegt (BFH IX R 31/12)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zum Begriff des Veräußerungsgeschäfts bei Veräußerung eines mit einem zugunsten des Veräußerers selbst mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks
Leitsatz (amtlich)
Erwirbt ein an einem Grundstück Erbbauberechtigter dieses Grundstück und hebt er das Erbbaurecht sodann auf, fehlt es bei einer folgenden Veräußerung an der Nämlichkeit im Sinne einer wirtschaftlichen Identität des erworbenen und des veräußerten Wirtschaftsguts.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1; ErbbauVO § 1; ErbbauRG § 11
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist der Ansatz eines Gewinns aus einem privaten Veräußerungsgeschäft.
Die Kläger sind die Rechtsnachfolger nach ihrem 2003 verstorbenen Vater. Mit notariellem Kaufvertrag vom 09.02.2005 erwarben sie von der Stadt K das Eigentum an dem in K, R-Straße Hausnummer belegenen Erbbaugrundstück, Fl.Nr. .../12, Gebäude- und Freifläche, 1.357 m groß, für 49.017 Euro (Bl. 8 ff Rechtsbehelfsakten - Rb-Akten). Dieses Grundstück war in Abt. II des Grundbuchs mit einem am 15.08.1955 eingetragenen Erbbaurecht bis zum 01.04.2054 für die Kläger belastet (jährlicher Erbbauzins iHv 175,54 €), ihnen stand ein Vorkaufsrecht für alle Verkaufsfälle zu (Bl. 37 Rb-Akten). In der gleichen Urkunde wurde das Erbbaurecht aufgehoben und dessen Löschung sowie die des Vorkaufsrechts bewilligt und beantragt, beide Rechte wurden am 17.05.2005 gelöscht (Bl. 38 Rb-Akten).
Am 21.07.2005 verkauften die Kläger dieses Grundstück und das angrenzende Grundstück Fl.Nr. .../152, Wald, R-Straße, 1.995 m groß, das Teil des Gesamtgutes der Erbengemeinschaft und vor mehr als 30 Jahren vom Erblasser erworben worden war, für insgesamt 145.000 Euro (Bl. 5 ff Vertragsakten). Der Kaufpreis teilte sich nach Ziffer II. des Vertrags wie folgt auf:
- Grund und Boden |
50.000 € |
- Gebäude |
95.000 € |
Eine wegen Zweifeln an dieser Aufteilung durch den Beklagten veranlasste Verkehrswertermittlung durch einen Bausachverständigen vom 05.07.2007 kam zu folgendem Ergebnis (Bl. 18 ff Vertragsakten):
|
Grundstück .../12 |
Grundstück .../152 |
Bodenwert |
74.000 € |
5.000 € |
bauliche Anlagen |
66.000 € |
- |
Summe |
140.000 € |
5.000 € |
Gesamtsumme |
|
145.000 € |
Hiervon ausgehend ermittelte der Beklagte in dem Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr 2005 vom 20. Oktober 2008 folgenden Veräußerungsgewinn i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG:
- anteiliger Veräußerungserlös (145.000 € x 51,03%) |
73.993,50 € |
- darauf entfallende Anschaffungskosten |
./. 50.626,00 € |
- anteilige Veräußerungskosten (5.818,48 € x 51,03) |
./. 2.969,17 € |
- Spekulationsgewinn |
20.398,00 € |
Den hiergegen erhobenen Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2009 als unbegründet zurück.
Bestünden wie im Streitfall angesichts des sich nach der Verkehrswertermittlung ergebenden und von der Aufteilung im Kaufvertrag erheblich abweichenden anteiligen Bodenwerts Zweifel an einer vertraglichen Aufteilung eines Gesamtkaufpreises für ein Grundstück, sei dieser nach dem Verhältnis der Verkehrswerte für die Einzelwirtschaftsgüter Grund und Boden und Gebäude aufzuteilen. Der Beklagte müsse nicht die Aufteilung aus einem Kaufvertrag akzeptieren, sondern habe den Sachverhalt nach § 88 AO von Amts wegen zu ermitteln. Während bei geringfügigen Abweichungen nicht kleinlich zu verfahren sei, ergebe sich im Streitfall ein Unterschied zwischen vertraglich vereinbartem und gutachterlich ermitteltem Boden-Verkehrswert von 48%. Der Gutachter sei nach anerkannten Methoden vorgegangen. Die Wertsteigerung des Grundstücks erkläre sich dadurch, dass das Erbbaurecht vor der Veräußerung gelöscht worden sei. Mit dieser Befreiung des Grundstücks von einer dinglichen Belastung sei eine Wertsteigerung des Grund und Bodens erfolgt. Die Käufer hätten so ein unbelastetes Grundstück erworben.
Mit der hiergegen gerichteten Klage wenden sich die Kläger gegen den Ansatz eines Veräußerungsgewinns.
Die von dem Bausachverständigen ermittelten Verkehrswerte für Gebäude iHv 66.000 Euro und Grund und Boden iHv 74.000 Euro würden bestritten. Der im Vertrag vom 09.02.2005 vereinbarte Kaufpreis iHv 49.017 Euro sei durch den Gutachterausschuss der Stadt K festgesetzt worden. Die Annahme, dieser habe einen zu niedrigen Kaufpreis für den Erwerb festgesetzt, erscheine weltfremd.
Der Beklagte übersehe, dass der Erblasser bis zu seinem Tode bereits seit 50 Jahren erbbauberechtigt gewesen sei. Das nach § 1 Abs. 1 Erbbaurechtsgesetz veräußerliche und vererbliche Erbbaurecht sei im Wege der Universalsukzession auf die Erben übergegangen. Insoweit gelte § 23 Abs. 1 Satz 3 EStG bzw. die sog. „Fußstapfentheorie“. Der Erbfall sei kein entgeltlicher Erwerb und damit keine Anschaffung i.S.d. EStG.
Die dingliche Rechtsposition, die der Erblasser im Laufe der Zeit erworben habe und die möglicherweise zu einem günstigen Anschaffungspreis geführt habe, sei bei der Bewertung bzw. der Ermit...