Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlehensverlust keine außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (amtlich)
Ein Steuerpflichtiger, der einem Betrug zum Opfer gefallen ist, kann den dadurch entstandenen Verlust (keine Rückzahlung der Darlehenssumme infolge Vermögensverfalls des Schuldners) nicht als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG geltend machen.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1-3
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Berücksichtigungsfähigkeit eines Darlehensverlusts als außergewöhnliche Belastung.
Der 1965 geborene, geschiedene Kläger erzielte im Streitjahr 2001 gewerbliche Einkünfte als Versicherungsvertreter, ferner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und aus seiner Tätigkeit als Redner und Sitzungspräsident im ... Karneval selbständige Einkünfte. In seiner im Februar 2003 eingegangenen Einkommensteuererklärung für das Jahr 2001 machte er als außergewöhnliche Belastung einen Betrag von insgesamt 19.829,74 DM geltend und trug hierfür zur Begründung vor (Bl. 65 EStA 01):
Er sei im Karnevalsgeschehen in ... sehr aktiv und habe daher einen hohen Bekanntheitsgrad, der ihm auch zu einigen Versicherungsgeschäften verhelfe. Im Jahr 2000 habe ihn ein Freund, Herr O, der ebenfalls Sitzungspräsident gewesen sei, angesprochen und um kurzfristige finanzielle Hilfe gebeten. Er, der Kläger, habe Herrn O daraufhin am 10.4.2001 einen Betrag von 18.000 DM geliehen, den Herr O bis zum 15.7.2001 aus einer Lebensversicherung habe zurückzahlen wollen (Schreiben des Herrn O Bl. 101 EStA 01). Mittlerweile wisse er, dass er betrogen worden sei. Herr O sei zahlungsunfähig, so dass er, der Kläger, den noch immer ausstehenden Betrag zzgl. Nebenkosten i.H.v. insgesamt 19.829,74 DM auch nicht mit Hilfe des zwischenzeitlich erwirkten Vollstreckungstitels (Bl. 102 EStA 01) zurückerhalten habe. Es habe sich auch herausgestellt, dass die zur Rückzahlung angegebene Lebensversicherung überhaupt nicht hierfür bereit gestanden habe. Gegen Herrn O habe er im Mai 2002 Strafanzeige wegen Betrugs erstattet (Anzeige Bl. 103 EStA 01). Er bitte daher, die geliehene Summe als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen (Bezugnahme auf FG Saarland vom 25.11.1987, EFG 1988, 126).
Im Einkommensteuerbescheid für 2001 vom 25.4.2003 berücksichtigte der Beklagte die geltend gemachten Aufwendungen nicht (Bl. 70 EStA 01). Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein und trug zur Begründung im Wesentlichen vor:
Sein Fall sei dem des vom FG Saarland entschiedenen vergleichbar. Er habe einem guten Freund geholfen und sei dabei das unschuldige Opfer eines Betrügers geworden. Er habe auch keine Gelder eingesetzt, die ihm "zur freien Verfügung" gestanden hätten, denn die eingesetzten Gelder seien zur Tilgung der erwarteten Steuerschulden bestimmt gewesen.
Der Beklagte wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 17.11.2003 als unbegründet zurück und führte zur Begründung aus (Bl. 104 ff. EStA 01):
Die Darlehensgewährung sei nicht zwangsläufig gewesen, sondern sei freiwillig erfolgt. Daher scheide eine Berücksichtigung des geltend gemachten Verlustes als außergewöhnliche Belastung aus. Der Auffassung des FG Saarland, dass der Vorgang einer Unterschlagung eine außergewöhnliche Belastung darstelle, hätten z.B. das FG München (Urteil vom 7.12.1993, EFG 1994, 754) und das FG Baden-Württemberg (Urteil vom 6.12.1996, EFG 1997, 409) widersprochen.
Der Kläger habe nichts zum Abschluss seines Strafantrags vorgetragen. Für den Fall, dass sich das behauptete Betrugsdelikt (§ 263 StGB) nicht beweisen lasse, sei darauf hinzuweisen, dass Darlehensverluste als Vermögensverluste keine Werbungskosten zu § 20 EStG darstellten.
Am 16.12.2003 hat der Kläger Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Ergänzend trägt er vor:
Der Kläger habe sich der Bitte des Herrn O nicht entziehen können, da er wegen seiner engen personellen Verflechtungen im ... Karnevalsgeschehen negative Auswirkungen auf seine Karnevalstätigkeit befürchtet habe. Außerdem habe er sich durch den Gefallen eine positive Unterstützung seiner Vortragstätigkeit versprochen. Im Übrigen sei Herr O gut beleumundet gewesen und habe als kreditwürdig gegolten. Der Kläger habe sich sittlich verpflichtet gefühlt, dem mit ihm befreundeten O das Darlehen zu gewähren. Dabei sei er unverschuldet Opfer der betrügerischen Machenschaften des O geworden. Dieser Sachverhalt sei nicht anders zu bewerten als die Gefährdung durch eine Erkrankung oder der Verlust von Hausrat durch eine Naturkatastrophe. Das allgemeine Risiko, Opfer einer Straftat zu werden, sei durchaus dem Schicksal zu erkranken gleichzustellen. Der Kläger habe sich auch nicht auf riskante Geldanlagen eingelassen, deren negative Folgen er nun der Allgemeinheit aufbürden wolle. Dass vorliegend seine Gutgläubigkeit ausgenutzt worden sei, habe er nicht zu vertreten. Angesichts der hohen Scheidungsrate sei auch nicht einzusehen, dass Scheidungskosten gleichwohl der Allgemeinheit aufgebürdet würden, nicht aber ein Verlust, wie er ihn im vorliegenden Fall erlitten ...