Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung: Anwendung der Wertermittlungsvorschrift des § 146 Abs. 2 u. 4 BewG
Leitsatz (redaktionell)
Vertrauensschutzgrundsätze rechtfertigen es nicht, anstelle der in § 146 Abs. 2 u. 4 BewG (i. d. F. des JahressteuerG 1997 v. 20. 12. 1996) geregelten Wertermittlung den nicht zum Gesetz gewordenen Gesetzesbeschluß vom 7. 11. 1996 anzuwenden. Das Rückwirkungsverbot ist nicht verletzt.
Normenkette
BewG § 146 Abs. 2, 4; GG § 100 Abs. 1; BewG § 152
Tatbestand
Streitig ist, ob es bei der Wertermittlung eines bebauten Grundstücks aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten ist, anstelle des in § 146 Abs. 2 Satz 1 Bewertungsgesetz - BewG - (in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1997 vom 20. Dezember 1996, BGBl. I S. 2049) genannten Vervielfältigers von 12,5 und der in Absatz 4 Satz 1 der Vorschrift geregelten Alterswertminderung diejenigen Berechnungsgrundlagen anzusetzen, die in dem im Anschluss an die Beratungen des Finanzausschusses im Herbst 1996 (Beschluss vom 18. Oktober 1996) am 7. November 1996 vom Deutschen Bundestag gefassten Gesetzesbeschluss enthalten seien.
Der Kläger, der hälftiger Miteigentümer des in ... belegenen, gemischt genutzten Grundstücks (das Gebäude wurde ... errichtet und enthält 7 Mietwohnungen) war, erbte am 9. März 1996 den weiteren hälftigen Miteigentumsanteil. Auf Anforderung der zuständigen Erbschaftsteuerstelle des Finanzamts ... stellte der Beklagte - entsprechend den klägerischen Angaben - mit Bescheid vom 9. September 1997 den Grundstückswert nach dem Ertragswertverfahren unter Anwendung des gesetzlichen Vervielfältigers von 12,5 und unter Berücksichtigung der in § 146 Abs. 4 Satz 1 BewG festgelegten Alterswertminderung den Grundstückswert mit 1.250.000,-- DM und den von dem Kläger erworbenen hälftigen Anteil mit 625.000,-- DM fest.
Mit der nach erfolgloser Durchführung des Vorverfahrens (Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 1998) hiergegen erhobenen Klage wird für die Bedarfsbewertung die Zugrundelegung der eingangs benannten Berechnungsgrundlagen begehrt, und zwar die Anwendung eines Multiplikators von 12 (anstelle von 12,5) und eines Alterswertminderungssatzes von 1 (anstelle von 0,5) mit einer Höchstbegrenzung auf 50 % (anstatt von 25 %). Diese Ermittlungsgrundlagen seien nämlich in der vom Deutschen Bundestag am 7. November 1996 geschlossenen Gesetzesvorlage genannt worden. Zuvor sei von der Regierung und von einzelnen Abgeordneten immer wieder betont worden, dass die geplante Neuregelung "aufkommensneutral" sein werde. Im anschließenden hektischen Gesetzgebungsverfahren im Dezember 1996 sei diese Gesetzesvorlage zu Lasten des Klägers aus rein fiskalischen Gründen erheblich verschärft worden. Dies verletzt unter dem Gesichtspunkt des Verbots echter Rückwirkung den Grundsatz des Vertrauensschutzes. Der Kläger habe nämlich darauf vertrauen dürfen, dass der ursprüngliche Entwurf Gesetz werde. Die dort genannten Werte seien überall veröffentlicht worden und seien ihm - dem Kläger - auch bekannt gewesen. Allgemein sei angenommen worden, dass die entsprechende Gesetzesvorlage auch Gesetz werden würde. Damit sei ein Vertrauenstatbestand für den Kläger geschaffen worden. Wäre der ursprüngliche Entwurf Gesetz geworden, so hätte dies zu einem Grundstückswert von 800.352,-- DM und zu einer Erbschaftsteuerbelastung von 57.056,-- DM (anstatt: 133.161,-- DM) geführt. Die Rückwirkung der Verschärfung sei daher unzulässig. Man berufe sich auf die Veröffentlichung von Meine in der Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge (ZEV) 1999, 210 bis 216 sowie auf die Kurznotiz von Bärtels in DB 1999, 1722.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Feststellungsbescheid zum 9. März 1996 vom 9. September 1997 in der Fassung der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 1998 dahin zu ändern, dass der Grundstückswert auf 800.000,-- DM und der Anteil des Klägers hieran auf 400.000,-- DM festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf die gesetzliche Regelung, die er seiner Wertermittlung zugrunde gelegt habe (insofern unstreitig). Die verfassungsrechtlichen Bedenken könnten nicht geteilt werden, da Gesetzesvorlagen keinen Vertrauensschutz beinhalteten. Die Rückwirkung sei vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 22. Juni 1995 - 2 BvR 552/91 (BStBl II 1995, 671, 675) ausdrücklich angeordnet worden.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 FGO).
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Das Finanzamt hat - was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist - den Grundstückswert zutreffend nach den gesetzlichen Vorgaben (§ 146 BewG i. d. F. des Jahressteuergesetzes 1997 vom 20. Dezember 1996) festgesetzt. Es ist ihm - wie auch dem Senat - verwehrt, abweichend von dem Gesetz die Wertermittlung entsprechend dem Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages vom 7. November 1996 vorzunehmen, da dieser letztlich nicht Gesetz geworden ist. Der Senat sieht auch keinen Anlass, das vorliege...