Entscheidungsstichwort (Thema)
Besuchsfahrten zu Kindern als außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (amtlich)
Aufwendungen für Besuchsfahrten des Elternteils zu dembei dem getrennt lebenden/geschiedenen Ehepartner lebendenKind sind typische Aufwendungen der Lebensführung, diedurch den Familienleistungsausgleich abgegolten sind. Sie sind dahernicht als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33Abs. 1 EStG zu berücksichtigen.
Normenkette
EStG § 33
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob Besuchsfahrten des Klägers zu seiner in H lebenden Tochter als außergewöhnliche Belastungen Berücksichtigung finden können.
Im Streitjahr 2007 wurde der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb, Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Die Klägerin erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Kläger ist leiblicher Vater der am 9. Februar 1992 geborenen Tochter L. R., die bei ihrer Mutter, Frau A. S., in H lebt (Einkommensteuerakte - EStA -, Fach 2007, Bl. 45).
Im Veranlagungsjahr 2007 machte der Kläger außergewöhnliche Belastungen in Höhe von insgesamt 10.217,- € geltend. Hierin waren Kosten für die "Besuchswochenenden" seiner in H lebenden Tochter L in Höhe von 8.652,- € enthalten (EStA, Fach 2007, Bl. 19). Nach den Angaben des Klägers legte er insgesamt 28.840 Kilometer im Jahr 2007 zurück. Nach seiner Aufstellung fand einmal im Monat ein "Besuchswochenende" statt (EStA, Fach 2007, Bl. 9).
Mit Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 13. Juli 2009 berücksichtigte der Beklagte Aufwendungen in Höhe von 1.353,- € als außergewöhnliche Belastung. Hiervon brachte er die zumutbare Belastung in Höhe von 1.511,- € (= 50.386,- € x 3%) in Abzug, so dass 0,- € nach § 33 EStG abzugsfähig waren (EStA, Fach 2007, Bl. 54). In den Erläuterungen führte der Beklagte aus, dass "die Kosten für die Besuchsfahrten des Kindes bis zu einer richterlichen Entscheidung nicht anerkannt werden können."
Wegen der Nichtberücksichtigung der Kosten für die Besuchsfahrten zu seiner Tochter legte der Kläger Einspruch ein. Zudem bat er, wegen eines schwebenden gerichtlichen Verfahrens hinsichtlich der Anerkennung dieser Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung, das Einspruchsverfahren ruhen zu lassen (EStA, Fach 2007, Bl. 60).
Mit Schreiben vom 12. August 2009 wies der Beklagte darauf hin, dass die beim BFH anhängigen Verfahren wegen der Aufwendungen eines Elternteils für die Besuche des von ihm getrennt lebenden Kindes durch die Entscheidungen III R 41/04 und III R 28/05 entschieden seien. Hiernach seien die Aufwendungen eines Elternteils für die Besuche der beim anderen Elternteil lebenden Kinder nicht als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig. Da jedoch unter dem Aktenzeichen 2 BvR 1520 /08 Verfassungsbeschwerde erhoben worden sei, beabsichtige er, bis zur Entscheidung des BVerfG das Verfahren gemäß § 363 Abs. 2 S. 2 AO ruhen zu lassen.
Mit Schreiben vom 24. Februar 2010 wies der Beklagte darauf hin, dass das BVerfG die Verfassungsbeschwerde in dem Verfahren 2 BvR 1520 /08 mit Beschluss vom 22. Oktober 2009 nicht zur Entscheidung angenommen habe, weshalb der Ruhensgrund nicht mehr bestehe.
Mit Schreiben vom 30. März 2010 bat der Kläger um eine Entscheidung. Es lägen verfassungsrechtliche und menschenrechtliche Bedenken vor, wenn durch die Nichtabsetzbarkeit der über dem Durchschnitt liegenden Umgangskosten nicht auf die gesetzlichen (und menschenrechtlichen) Vorgaben Rücksicht genommen werde. Dies widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz insbesondere deshalb, da Elternteilen, die Hartz-IV-Leistungen bezögen, die Umgangskosten auf Antrag erstattet würden, Geringverdienern die Möglichkeit der steuerlichen Abzugsfähigkeit aber verwehrt werde. Er werde daher beim Finanzgericht die Vorlage des Falles an das Bundesverfassungsgericht ggf. an den EuGH beantragen müssen.
Mit Schreiben vom 21. Juni 2010 zog der Beklagte die Ehefrau des Klägers gemäß § 360 Abs. 1 AO zum Einspruchsverfahren hinzu (EStA, Fach 2007, Bl. 68).
Mit Einspruchsentscheidung vom 2. Juli 2010 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück (EStA, Fach 2007, Bl. 68 ff.). Auf die Einspruchsentscheidung wird verwiesen.
Mit ihrer bei Gericht am 2. August 2010 eingegangenen Klage machen die Kläger im Wesentlichen geltend, dass es dem Gleichheitssatz widerspreche, wenn mittellosen Vätern Kosten von rund 3.600,- € im Jahr ersetzt würden, während Vätern mit Einkommen die steuerliche Berücksichtigung der entstandenen Kosten versagt werde. Sie wiesen auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 24. November 2010 hin. In diesem Verfahren sei entschieden worden, dass der Träger der Grundsicherung die Umgangskosten eines Vaters übernehmen müsse, dessen Kind seinen Wohnsitz in den USA habe.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 13. Juli 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. Juli 2010...