Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechnung des Gegenwerts bei Erneuerung eines asbestbelasteten Daches - Arbeitszimmer als Mittelpunkt der künftigen gesamten Berufstätigkeit (Mediation)
Leitsatz (amtlich)
Muss die Erneuerung eines asbesthaltigen Daches bei einem Reihenhaus deshalb vorgenommen werden, weil sämtliche Nachbarn dies beschlossen haben und bei der Alternative des Abschneidens der asbesthaltigen Platten Asbest freigesetzt würde, so liegt dem Grunde nach eine außergewöhnliche Belastung vor.
Für die Gesundheitsschädlichkeit der Freisetzung von Asbest bedarf es keines Sachverständigengutachtens, da dies auf gesicherten Erkenntnissen beruht und allgemein bekannt ist.
Bei der Berechnung des Gegenwerts durch die Verlängerung der Lebensdauer des neuen Daches gegenüber der restlichen Nutzungsdauer des bisherigen Daches ist auf die Nutzungsdauer des gesamten Gebäudes, die gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 2 EStG typisierend mit 50 Jahren angenommen wird, abzustellen.
Steht ein Arbeitnehmer kurz vor dem Eintritt in den Ruhestand und beabsichtigt er, sodann selbstständig als Mediator tätig zu werden, so unterliegen die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer für die Zeit, in der er noch nicht selbstständig tätig ist, nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung der Abzugsbeschränkung.
Normenkette
EStG § 9; EStG 2005 § 4 Abs. 5 Nr. 6b; EStG § 7 Abs. 4 Nr. 2; EStG § 33
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Abzugsfähigkeit der Kosten für ein Arbeitszimmer und einen PC als vorweg genommene Betriebsausgaben, sowie der Kosten einer Asbestsanierung als außergewöhnliche Belastungen.
Die 1949 geborene Klägerin ist Angestellte der ... Kirche.
Sie bewohnt ein im Jahr 1994 erworbenes Reihenhaus, das im Jahr 1976 errichtet worden war. Im Streitjahr 2005 ließ sie das Asbestzement-Wellplattendach durch eine Eindeckung mit Ziegeln ersetzen.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2005 machte sie Betriebsausgaben für ein Arbeitszimmer in Höhe von 6.144 € und AfA für einen PC in Höhe von 156 € geltend. Hierzu führte sie aus, die Aufwendungen seien im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit als Mediatorin angefallen. Einnahmen habe sie in 2005 noch nicht erzielt.
Außerdem machte sie folgende außergewöhnliche Belastungen geltend:
Erneuerung des asbestverseuchten Daches am Wohnhaus |
11.105,24 € |
Ingenieur-Gutachten f. KfW-Darlehen |
152,25 € |
Arzneizuzahlungen |
115,29 € |
Praxisgebühren |
60,00 € |
Parkgebühren Arztbesuche |
3,50 € |
Nordic-Walking-Stöcke |
50,00€ |
Anwaltskosten wegen Trennung/Ehescheidung |
400,00 € |
|
11.886,28 € |
Der Beklagte erkannte die vorweg genommenen Betriebsausgaben nur in Höhe von 1.250 € an, da das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit darstelle. Außergewöhnliche Belastungen erkannte er nur in Höhe von 629 € an; dieser Betrag wirkte sich wegen der zumutbaren Eigenbelastung steuerlich nicht aus.
Der Einspruch hatte nur insoweit Erfolg, als die AfA für den PC nunmehr anerkannt wurde; die Kosten für ein Los der ARD Fernsehlotterie wurden jedoch nicht mehr als Spenden berücksichtigt. Ein entsprechender Änderungsbescheid erging am 13.08.2007. Der Einspruch wurde im Übrigen mit Einspruchsentscheidung vom 27.08.2007 zurückgewiesen. In der Einspruchsentscheidung wird ausgeführt, dass die anzuerkennenden außergewöhnlichen Belastungen nur 578,79 € betragen; die Sanierung eines mit Asbest belasteten Daches durch Neueindeckung mit Tonziegeln, Gutachten zur CO2-Belastung zum Zwecke des Erhalts eines KfW-Kredites und Nordic-Walking-Stöcke seien keine außergewöhnlichen Belastungen.
Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin vor, das ihr gehörende Einfamilien-Reihenhaus sei wie alle Häuser dieser Reihe mit Asbestzement-Wellplatten eingedeckt gewesen, die von Haus zu Haus überlappend gelegt worden seien. Bereits im Jahr 2003 hätten sich die Eigentümer dreier Häuser in der Reihe entschlossen, die Dachabdeckung durch eine konventionelle Ziegelbedeckung austauschen zu lassen. Im Jahr 2004 hätten weitere acht Eigentümer sich entschlossen, einen Austausch vornehmen zu lassen. Diese hätten sich zusammengeschlossen, um bei Anbietern einen günstigeren Preis erzielen zu können. Aus finanziellen Gründen habe die Klägerin dieser „Sanierungsgemeinschaft“ zunächst nicht beitreten können. Indessen habe es bereits ein Angebot der Firma Weidler über die Durchführung der Arbeiten beim Nachbarn gegeben, das eine Trennung der über die Grundstücksgrenze überlappend aufgebrachten Platten zum Haus der Klägerin hin vorgesehen habe. Erst als ein Gutachter eingeschaltet worden sei, der durch seine Berechnungen bezüglich des Emissionsschutzes ein günstiges KfW-Darlehen ermöglicht habe, sei es der Klägerin und einem weiteren Eigentümer doch möglich gewesen, sich den geplanten Arbeiten anzuschließen. Daraufhin sei im Jahr 2005 bei sämtlichen restlichen Häusern in der Reihe die Dachsanierung durchgeführt worden.
Auslöser der Dachsanierung sei für sämtliche Eigentümer gewesen, dass...