Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschränkung der Erbenhaftung für Einkommensteuer auf Einkünfte aus dem Nachlass

 

Leitsatz (amtlich)

Die Haftungsbeschränkung für Einkommensteuer auf Einkünfte, die unter Einsatz von zum Nachlass gehörendem Vermögen erzielt werden, ist ab dem Zeitpunkt gerechtfertigt, ab dem die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Erben auf den Nachlassinsolvenzverwalter übergeht.

 

Normenkette

AO § 45 Abs. 2 S. 1; BGB § 1975

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Einkommensteuerforderungen, die aus der Vermietung eines ererbten Objektes herrühren, auf Grund angeordneten Nachlassinsolvenzverfahrens der beschränkten Erbenhaftung unterfallen.

Der Kläger und seine Mutter wurden Miterben ihres in 2005 verstorbenen Vaters/Ehemannes. Zum Nachlass gehörten die fremdvermieteten Mehrfamilienhäuser L-Straße 1. Hausnummer und 2. Hausnummer in PLZ H sowie das gewerblich verpachtete Objekt L-Gasse Hausnummer in H. Die hieraus von dem Kläger und seiner Mutter in Erbengemeinschaft erzielten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wurden auf der Grundlage entsprechender Feststellungserklärungen bis jedenfalls einschließlich des Veranlagungszeitraumes 2011 gesondert vom Finanzamt festgestellt.

Nachdem der Kläger und seine Miterbin Ende 2009 zur Zahlung eines Vermächtnisses an Verwandte des verstorbenen Vaters verurteilt worden waren, war auf ihren Antrag hin am 1. April 2010 das derzeit noch andauernde Nachlassinsolvenzverfahren über den Nachlass des Vaters eröffnet worden. In dessen Rahmen wurden die o.g. Anwesen in 2013 veräußert.

Die gesondert festgestellten Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Klägers fanden Eingang in die jeweiligen Einkommensteuerfestsetzungen, u.a. in die für 2010 vom 20. März 2012 und in die für 2011 vom 7. Februar 2013.

Nachdem der Kläger und seine mit ihm zur Einkommensteuer zusammen veranlagte Ehefrau die sich hieraus ergebenden Einkommensteuernachzahlungen schuldig geblieben waren und das Finanzamt daraufhin die Vollstreckung angekündigt hatte, wurde die Einkommensteuerschuld 2010 und 2011 auf Antrag des Klägers und seiner Gattin aufgeteilt. Des Weiteren machte der Kläger die Einwendung der beschränkten Erbenhaftung nach § 1975 BGB geltend. Hierzu trug er vor, die o.g. Nachzahlungsverpflichtungen beruhten auf den festgestellten Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Sie seien damit allein aus Vermögensgegenständen erzielt worden, die zur Nachlassinsolvenzmasse gehörten. Er und seine Mutter hätten auch nicht die Möglichkeit gehabt, die Mietverhältnisse, die noch der Vater eingegangen sei, ohne weiteres zu kündigen. Hierzu hätte es nach § 573 BGB eines berechtigten Interesses bedurft. Das Interesse an der Vermeidung entsprechender Einkünfte reiche hierfür nicht aus. Zudem habe nach Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens ohnehin nur noch der Insolvenzverwalter Mietverhältnisse begründen und beenden können. Daher sei die Entscheidung des BFH vom 11. August 1998, VII R 118/95 einschlägig. Die Einkommensteuerschuld stelle eine Nachlassverbindlichkeit in Form der Nachlassverwaltungskostenschuld dar, so dass die Erbenhaftung auf den Nachlass beschränkt werden könne.

Auf Nachfrage des Finanzamtes ließ der Kläger noch wissen, er habe sich zunächst nur wenig um den Nachlass gekümmert und alle Entscheidungen sowie die Verwaltung seiner Mutter überlassen. Seinem Kenntnisstand nach habe diese sich auch nicht um einen Verkauf der Häuser in H bemüht. Hierfür habe es gar keinen Anlass gegeben, da diese sich mehr oder weniger selbst getragen hätten. Aller Wahrscheinlichkeit nach seien die Mietverhältnisse noch vom Vater eingegangen worden, es sei jedoch auch möglich, dass eine der Wohnungen vor Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens durch die Mutter neu vermietet worden sei. Nachweise hierzu könnten nicht mehr beschafft werden. Sämtliche Unterlagen seien an den Käufer des Objektes übergeben worden. Der diesbezüglich angeschriebene Nachlassinsolvenzverwalter habe nicht reagiert. Weder der Kläger noch seine Mutter hätten von diesem irgendwelche Zahlungen erhalten.

Mit Bescheid vom 11. Dezember 2013 lehnte das Finanzamt den Antrag auf Haftungsbeschränkung ab, da die Grundsätze über die Beschränkung der Erbenhaftung nur für Nachlassverbindlichkeiten Anwendung fänden, die Einkommensteuerschulden des Klägers jedoch keine Nachlassverbindlichkeiten darstellten. Zu diesen zählten die vom Erblasser auf den Erben übergegangenen Schulden sowie die aus Anlass des Erbfalles entstandenen Schulden, insbesondere aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen sowie die Erbschaftsteuer. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung gehöre die Einkommensteuer auf Grund von Einkünften, die der Erbe aus dem Nachlass erziele, jedoch nicht dazu. Auch das von dem Kläger zitierte Urteil des BFH ändere daran nichts. Der BFH habe dort folgende Differenzierung getroffen: wenn die Steuerschuld "nach materieller Betrachtungsweise" dem Bereich des Erblassers zuzurechnen sei, könne die Haftung beschränkt werden. Sei sie dagegen dem Bereich de...

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