Entscheidungsstichwort (Thema)

Benennungsverlangen nach § 160 AO bei Zahlungen an eine ausländische Baufirma

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Benennungsverlangen nach § 160 Abs. 1 AO ist grundsätzlich nur dann ermessensfehlerhaft, wenn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass der Empfänger der als Betriebsausgaben geltend gemachten Zahlungen im Inland keiner Besteuerung unterliegt. Liegen Umstände vor, die Anlass zu Zweifeln an der Identität des im Ausland ansässigen Zahlungsempfängers geben, kommt der Steuerpflichtige seiner gemäß § 90 Abs. 2 AO bei Auslandssachverhalten erhöhten Mitwirkungspflicht nur dann nach, wenn er zur Benennung desjenigen, dem der wirtschaftliche Wert der fraglichen Zahlungen tatsächlich zugeflossen ist, alle ihm zumutbaren Erkenntnismöglichkeiten ausschöpft.

 

Normenkette

AO § 160 Abs. 1, § 90 Abs. 2; EStG § 4 Abs. 4

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Aufwendungen für Bauarbeiten als Betriebsausgaben abzugsfähig sind.

Die Klägerin betreibt ein Hochbauunternehmen. In 1991- 1993 zahlte sie - jeweils netto - für in Deutschland ausgeführte Bauleistungen 9.180,-- DM, 58.747,-- DM und 186.394,-- DM. Die in 1991 erfolgten Zahlungen sollen an eine Fa. D Limited ... (im folgenden D), die in 1992 und 1993 erfolgten Zahlungen an eine Firma V Limited, ... (im folgenden V), beide ansässig unter der Adresse ..., B, gegangen sein. Auf Angebots- bzw. Rechnungsformularen dieser Firmen waren jeweils niederländische Telefon- bzw. Faxnummern angegeben sowie das Postfach H, ... bzw. ein niederländisches Postfach (...); über das erstgenannte Postfach waren verschiedene Personen verfügungsberechtigt (Bl. 10/A Rbh-Akten). Auf Rechnungen der V an die Klägerin aus 1993 war darüber hinaus ein Bankkonto bei der D Bank AG K aufgeführt.

Nach Auskunft des Finanzamtes für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung B, Steuerfahndungsstelle (Bl. 1 ff./A Rbh-Akten) und des Bundesamtes für Finanzen/Informationszentrale Ausland (IZA) (Bl. 3 ff./A Rbh-Akten, 6 ff./I Rbh-Akten), handelt es sich bei der D (jedenfalls bis zur Einrichtung eigener Geschäftsräume im August 1993) und der V um Briefkastenfirmen mit einer Vielzahl von Kontakten im gesamten Bundesgebiet. Unter der o.g. Adresse, die im übrigen auch von einer Firma P Ltd., ..., verwendet wurde (Bl. 26/A Rbh-Akten), konnten vom Bundesamt für Finanzen weder Personal, noch ein Telefonanschluss, noch irgendwelche Geschäftsaktivitäten festgestellt werden. An dieser Adresse war außerdem eine Büroservicegesellschaft, die Firma ... Centre, ansässig (Bl. 10/I Rbh-Akten). Das Stammkapital der D betrug bis jedenfalls Mitte 1993 100 englische Pfund, von denen 2 englische Pfund eingezahlt waren. Ende 1993 betrug es 1.000 englische Pfund, von denen 10 englische Pfund eingezahlt waren. Das Stammkapital der V betrug 1.000 englische Pfund, davon waren 3 englische Pfund eingezahlt (Stand Januar 1996). Herr D. C., der (auch) Gesellschafter der V und der D ist, trat auch als Direktor dieser Firmen sowie der Firma P Ltd. auf (Bl. 9/I Rbh-Akten).

Nach Vermutungen der Steufa B wird die Geschäftsführung der D und der V von einer Gruppe niederländischer Staatsbürger betrieben, die in Großbritannien Bauhandwerker anwirbt, die dann auf verschiedene (ausländische) Baustellen verteilt werden. Für den Kontakt der Niederländer zu den inländischen Auftraggebern werden Kuriere eingesetzt. Laut dem Finanzamt vorliegenden Bauverträgen der Klägerin mit der V aus 1992 und 1993 (Bl. 1 bis 10/D Rbh-Akten) war diese Firma durch einen Herrn J und einen Herrn H vertreten. Die in Rechnung gestellten Preise betrugen umgerechnet rd. 40,-- bis 45,-- DM pro Mannstunde. Die Zahlung erfolgte an die Kuriere in bar oder mit Scheck. Laut den o.g. Bauverträgen mit der V war betreffend die Zahlung jeweils die „Verrechnung nach wöchentlichem Aufmaß und Zahlung wöchentlich per Verrechnungsscheck“ vereinbart.

Nach Auffassung der Steufa B erfolgte mangels Firmensitzes jedenfalls bis August 1993 keine Besteuerung der D bzw. der V in Deutschland. Die auf den inländischen Baustellen eingesetzten Bauhandwerker sind nicht registriert. Auch ihre jeweilige Aufenthaltsdauer in der Bundesrepublik ist nicht bekannt. In den Niederlanden ist eine feste Einrichtung, die Grundlage für eine Besteuerung sein könnte, nicht erkennbar und in der Bundesrepublik ist eine Betriebsstätte oder ein ständiger Vertreter nicht festzustellen gewesen.

Nachdem dem beklagten Finanzamt dies mitgeteilt worden war, hat es die Klägerin aufgefordert, zur Überprüfung des Betriebsausgabenabzugs der o.g. Zahlungen Namen und Adressen der tatsächlichen Zahlungsempfänger mitzuteilen (Bl. 1/B Rbh-Akten). Die Klägerin hat hierzu wissen lassen, von Seiten der englischen Firmen seien Mitarbeiter unter Führung eines Poliers auf den Baustellen eingesetzt gewesen. Die Bezahlung sei im Anschluss an die Rechnungsstellung mittels auf die D bzw. die V ausgestellte Schecks erfolgt. Die Umsatzsteuer sei gem. §§ 51 ff. UStDV an das Finanzamt abgeführt worden. Bereits Anfang 1993 sei...

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