Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen durch BFH Beschluss II B 37/21 vom 28. 7. 2022
Entscheidungsstichwort (Thema)
Dispositionsbefugnis des zuerst Bedachten bei Kettenschenkung im Schenkungsteuerrecht
Leitsatz (amtlich)
1. Werden zwei Grundstücksübertragungen in einer einheitlichen Vertragsurkunde eines Schenkungsvertrags niedergelegt, so sprechen die Vereinbarung der Vertragsparteien zur Eintragung der Rechtsänderung ausdrücklich "ohne Zwischeneintragung" und zwei getrennte Regelungen zu Herauszahlungspflichten des jeweils Bedachten für eine Dispositionsbefugnis des zuerst Bedachten.
2. Auch die zeitliche Nähe eines derartigen Schenkungsvertrags zwischen einem Elternteil der zuerst bedachten Person kurz (im Streitfall: nur sechs Tage) nach der Eheschließung des Kindes als der zuerst bedachten Person indiziert, dass der Elternteil allein sein Kind beschenken wollte, um so die Rechtswirkungen des § 1374 Abs. 2 BGB auszulösen.
Normenkette
ErbStG § 7 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob tatsächlich eine Kettenschenkung eines Grundstücks des Schwiegervaters des Klägers an die Ehefrau des Klägers und sodann eine weitere Schenkung des hälftigen Miteigentumsanteils von ihr an den Kläger erfolgte, oder ob eine Direktschenkung des hälftigen Miteigentumsanteils durch den Schwiegervater direkt an Kläger erfolgte.
Der Kläger ist der Ehegatte der Zeugin Frau S. Beide schlossen am … 2017 mit dem Beigeladenen - dem Schwiegervater des Klägers, Herr B - einen notariellen Vertrag (UrNr. …, Notar …) über die Übertragung eines Grundstücks (Gemarkung …, Flurstück. Nr. … Gebäude- und Freifläche, … zu … qm). Die Vertragsparteien bewilligten und beantragten in der Urkunde die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch - zwar ohne Zwischeneintragung - unmittelbar auf die Eheleute S als Miteigentümer je zur Hälfte.
Die Urkunde hatte unter anderem folgenden Wortlaut:
"Heute erschienen vor mir (…)
Als Veräußerer: Herr B (…)
Als Erwerber: dessen Tochter Frau S (…) und deren Ehemann Herr S
II. Übertragung
Herr B - nachstehend Veräußerer genannt - überträgt den vorbeschrieben Grundbesitz an seine Tochter S zu deren Alleineigentum. Diese überträgt sofort einen ½ Miteigentumsanteil des Grundbesitzes an ihren Ehemann, Herr S, sodass die Eheleute mit Vollzug dieser Urkunde Miteigentümer je zur Hälfte des Bauplatzgrundstücks werden - nachstehend Erwerber genannt -.
III. Auflassung
Die Beteiligten sind über den Eigentumsübergang dieses Grundbesitzes auf den Erwerber einig. Sie bewilligen und beantragen die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch und zwar ohne Zwischeneintragung unmittelbar auf die Eheleute S als Miteigentümer je zur Hälfte.
IV. Sonstige Vertragsbedingungen
Herauszahlungen an den Veräußerer sind nicht zu leisten. Die Übertragung erfolgt schenkungsweise, somit unentgeltlich. Der Veräußerer behielt sich keine Rechte vor, auch kein Rückforderungsrecht. Die Übertragung des Miteigentums auf den Kläger erfolgt als ehebedingte Zuwendung, ebenfalls ohne Herauszahlung."
V. Besitz, Nutzungen und Lasten
Auf den Erwerber gehen über:
1. Der Besitz und die Nutzungen sofort, ebenso die Verkehrssicherungspflichten (…)
VI. Mängelhaftung
1. Der Veräußerer ist verpflichtet, den übertragenen Grundbesitz frei von im Grundbuch eingetragenen Belastungen und Beschränkungen zu verkaufen. (…)
2. Die Rechte des Erwerbs wegen eines Sachmangels des Grundstücks sind ausgeschlossen. (…)"
Am 10. August 2017 wurden der Kläger und seine Ehefrau als Miteigentümer zu je ½ in das Grundbuch eingetragen (Grundbuchauszug Bl. 40 der Schenkungsteuerakte).
Nach Aufforderung des Beklagten vom 5. Februar 2018 gab der Kläger per Email vom 17. Februar 2018 (Bl. 14 ff. Schenkungsteuerakte) an, dass sich der Beigeladene aller Ansprüche und Rückforderungsansprüche enthalten habe, sodass dessen Tochter frei über das Grundstück habe verfügen können. Dies habe sie auch getan, indem sie das Grundstück anteilig an den Kläger verschenkt habe. Zudem beinhalte der Vertrag keine Auflassungsbewilligung des Beigeladenen zugunsten des Klägers, sondern nur zugunsten des Klägers gemeinsam mit seiner Ehefrau. Der Verzicht der Zwischeneintragung sei zur Vermeidung unnötiger Grundbuchkosten zu erklären.
Mit Schenkungsteuererklärung vom 28. März 2018 (Bl. 19 ff. der Schenkungsteuerakte) erklärte der Kläger eine Übertragung durch den Beigeladenen an ihn über 0 Euro Grundvermögen. Der Kläger erläuterte die Schenkung nachfolgend (Bl. 28 ff. Schenkungsteuerakte) damit, dass der Beigeladene seine Tochter wirtschaftlich mit der Schenkung des Grundstücks habe gleichstellen wollen, weil er zuvor bereits seinem Sohn auch ein Grundstück zur Bebauung geschenkt habe. Der Verzicht auf die Zwischeneintragung habe lediglich Kostengründe gehabt.
Mit Bescheid vom 18. April 2018 setzte der Beklagte Schenkungsteuer von 7.890 Euro fest (Bl. 26 der Schenkungsteuerakte) und ging hierbei von einem Erwerb des Klägers aus der Zuwendung des beigelade...