Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für eine Außenprüfung wegen Grunderwerbsteuer
Leitsatz (amtlich)
Als Grundlage für eine Prüfungserweiterung gegenüber einer grundstückshaltenden Gesellschaft kommt sowohl § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO als auch § 194 Abs. 2 AO in Betracht.
Normenkette
AO § 42 Abs. 1, § 193 Abs. 2 Nr. 2, § 194 Abs. 2; GrEStG § 1 Abs. 3 Nr. 3
Tatbestand
Im Streit ist die Erweiterung einer Prüfungsanordnung für Zwecke der Grunderwerbsteuer.
Die Klägerin ist eine im Oktober 2009 umfirmierte, nach belgischem Recht gegründete Gesellschaft mit Sitz in Belgien. Sie ist Eigentümerin von Liegenschaften und Betreiberin des O Centers X. Gesellschafter der Klägerin waren die K N.V. mit Sitz in Belgien zu 99,9% und die R Ltd. mit Sitz in Großbritannien zu 0,1 %. Mit Vertrag vom 6. Februar 2009 (Bl. 62 ff. Verwaltungakte) verkauften die genannten Gesellschafter der Klägerin ihre Gesellschaftsanteile wie folgt:
Die K N.V. verkaufte Anteile in Höhe von 94,8% an die I Holding S.à.r.l. und Anteile von 5,1% an die X Beteiligung GmbH & Co KG, die R Ltd. verkaufte ihre Anteile in Höhe von 0,1% an die X Beteiligung GmbH & Co KG. Nach dem Anteilsverkauf sind somit an der Klägerin die I Holding S.à.r.l. zu 94,8% und die X Beteiligung GmbH & Co KG zu 5,2 % beteiligt. Die I Holding S.à.r.l. hat ihren Sitz in Luxemburg, die X Beteiligung GmbH & Co KG ihren Sitz in Y unter derselben Adresse der Prozessbevollmächtigten der Klägerin.
Der Beklagte hatte zunächst gegen die Klägerin Prüfungsanordnungen erlassen bzw. Prüfungserweiterungen vorgenommen, die sich auf den Zeitraum 2005 bis 2009 erstreckten und die Körperschaftsteuer, die Umsatzsteuer, die Gewerbesteuer, die gesonderte Feststellung nach § 47 des Körperschaftsteuergesetzes -KStG- a.F./§§ 27, 36, 37 und 38 KStG n.F. 31.12.2005 - 31.12.2009 sowie die Prüfung gem. 50b des Einkommensteuergesetzes -EStG- i.V.m. § 50a Abs. 4 EStG und § 43 EStG umfassten.
Mit erweiterter Prüfungsanordnung vom 14. Juni 2011 dehnte der Beklagte die Prüfung auch auf die Grunderwerbsteuer aufgrund des Vertrages vom 06. Februar 2009 (Kauf und Übertragung von Anteilen hinsichtlich des Erwerbs sämtlicher Anteile der Klägerin zwischen K NV und R Ltd. als Verkäufer und I Holding S.à.r.l. und X Beteiligung GmbH & Co KG als Käufer) aus. Zur Durchführung dieser Prüfung war der Beklagte gemäß § 195 Satz 2 der Abgabenordnung -AO- vom für die Grunderwerbsteuerfestsetzung zuständigen Finanzamt beauftragt worden.
Mit ihrem Einspruch hiergegen machte die Klägerin geltend, dass der Sachverhalt bezüglich des vorliegenden Erwerbsvorganges aus grunderwerbsteuerlicher Sicht bereits vollumfänglich durch die zuständige Grunderwerbsteuerstelle geprüft worden sei. Eine Erweiterung der Prüfungsanordnung zwecks einer erneuten Klärung des Sachverhalts hinsichtlich eines möglichen Gestaltungsmissbrauchs i.S.d. § 42 AO sei daher nicht zulässig. Auch lägen keine erheblichen Verhältnisse i.S.d. § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO vor. Im Übrigen stelle die Überprüfung, ob der Anwendungsbereich des § 42 AO überhaupt eröffnet sei, eine Rechtsfrage dar, die vor Durchführung der Außenprüfung zu klären sei.
Den Einspruch hiergegen wies der Beklagte mit Entscheidung vom 7. Oktober 2011 zurück. Er führte insoweit im Wesentlichen aus:
Im Rahmen der laufenden Außenprüfung seien seitens der Betriebsprüfung die Akten der Grunderwerbsteuer hinzugezogen worden. Demnach sei die Grunderwerbsteuerpflicht der fraglichen Anteilsveräußerung bereits Gegenstand der Erörterung zwischen der Klägerin und dem für die Grunderwerbsteuer zuständigen Finanzamt gewesen, wobei allerdings nur die Frage erörtert worden sei, ob es sich um einen grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes -GrEStG- unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs -BFH- zur mittelbaren Anteilsvereinigung bei Zwischenschaltung beherrschter und abhängiger Gesellschaften handle. Eine der entscheidenden Fragen hierbei sei, ob es sich um eine Vereinigung von weniger als 95% der Anteile in der Hand der Mehrheitsgesellschafterin handele. Aber selbst wenn man zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass die Unterschreitung der 95% Grenze für sich allein nicht dazu führe, einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO anzunehmen, so seien im vorliegenden Fall weitere Umstände unabhängig von der Prozentgrenze hinzugetreten, die zur Prüfung der Anwendbarkeit des § 42 AO führten. Die Hinzuziehung der Steuerakten der X Beteiligung GmbH & Co KG und der X GmbH als deren Komplementärin im Rahmen der laufenden Außenprüfung hätten hier erhebliche Zweifel an einer wirtschaftlichen Tätigkeit beider Gesellschaften erkennen lassen. Weder die X Beteiligung GmbH & Co KG noch die X GmbH hätten eigenes Personal, einen eingerichteten Geschäftsbetrieb oder eigene Geschäftsräume im Eigentum oder angemietet. Der Firmensitz beider Gesellschaften befinde sich an der Geschäftsadresse des Rechtsvertreters der Klägerin. Die Installation der X Beteiligung GmbH & ...