Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestandskräftiger Kindergeldfestsetzung (sog. Nullfestsetzung) kommt Bindungswirkung zu

 

Leitsatz (redaktionell)

Einem bestandskräftigen Bescheid, mit dem eine Kindergeldfestsetzung abgelehnt wurde (sog. Nullfestsetzung) kommt eine Bindungswirkung dergestalt zu, dass auf einen danach erneut gestellten Antrag Kindergeld nur mit Wirkung für die Zukunft bewilligt werden kann.

 

Normenkette

EStG § 70 Abs. 3; AO § 173 Abs. 1 Nr. 2, § 172

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.02.2003; Aktenzeichen VIII R 98/01)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten besteht Streit, ob der Beklagte berechtigt war, erst ab dem Monat Mai 1999 Kindergeld zu zahlen.

Der Kläger ist italienischer Staatsbürger. Für seinen am ... 1988 geborenen Sohn ..., der in Italien lebt, beantrage er am 17. Oktober 1997 Kindergeld. Mit Schriftsatz vom 24. Februar 1998 forderte der Beklagte den Kläger auf, eine Bescheinigung der für die italienische Familienbeihilfe zuständigen Behörde sowie eine Meldebestätigung bis zum 20. März 1998 vorzulegen. Das Schreiben enthielt den Hinweis, dass eine Festsetzung des Kindergeldes wegen Nichtfeststellbarkeit der Anspruchsvoraussetzungen nicht möglich ist, wenn der Kläger die angeforderten Unterlagen nicht bis zum 20. März 1998 vorlegt.

Mit Bescheid vom 26. Mai 1998 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers auf Kindergeld bzw. die (Weiter-) Zahlung des Kindergeldes für das Kind ... wegen Nichtfeststellbarkeit der Anspruchsvoraussetzungen ab. Der Bescheid war mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger kein Rechtsmittel ein.

Am 24. September 1998 stellte der Kläger erneut einen Kindergeldantrag. Hierbei legte er die Familienstandsbescheinigung der zuständigen Behörde vom 21. September 1998 nach dem Vordruck der Europäischen Gemeinschaften E 401 vor. Mit Schreiben vom 23. Dezember 1998 forderte der Beklagte den Kläger auf, eine Meldebestätigung sowie die Bescheinigung über den Bezug von Familienbeihilfe nach dem Vordruck E 411 bis zum 20. Januar 1999 vorzulegen. Das Scheiben enthielt wiederum den Hinweis, dass eine Festsetzung wegen Nichtfeststellbarkeit der Anspruchsvoraussetzungen nicht möglich ist, wenn er die angeforderten Unterlagen nicht bis zum 20. Januar 1999 vorlegt. Daraufhin legte der Kläger sowohl die Meldebescheinigung als auch den von der zuständigen italienischen Behörde ausgefüllten Vordruck E 411 vor, der bestätigte, dass für den Sohn ... in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1998 in Italien keine dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen erbracht wurden. Mit Schriftsatz vom 4. März 1999 forderte der Beklagte den Kläger auf, bis zum 10. April 1999 eine Bescheinigung seiner Krankenkasse vorzulegen, zu welchen Zeiten er Bezüge zur Sozialversicherung abführte.

Nachdem der Kläger dieser Aufforderung innerhalb der ihm gesetzten Frist nachgekommen war, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 6. April 1999 eine Korrektur des Bescheides vom 26. Mai 1998 für die Zeit von April 1997 bis April 1999 ab. Ab April 1999 bewilligte er Kindergeld in Höhe von monatlich 250,00 DM.

Hiergegen legte der Kläger mit Schriftsatz vom 12. April 1999 „Widerspruch“ ein. Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg (Einspruchsbescheid vom 29. April 1999). Den angefochtenen Bescheid berichtigte der Beklagte - wegen eines Schreibfehlers - dahingehend, dass Kindergeld ab Mai 1999 auf 250,00 DM festgesetzt wird. Auf die Einspruchsentscheidung wird verwiesen.

Mit seiner Klage trägt der Kläger vor, der Bescheid vom 26. Mai 1998 sei aufzuheben. Ihm sei für die Zeit von April 1997 bis April 1999 Kindergeld zu gewähren, da er sowohl die vom Beklagten geforderte Meldebescheinigung als auch den Vordruck E 411 vorgelegt habe.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid über Kindergeld vom 6. April 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29. April 1999 aufzuheben und den Beklagten für die Zeit von April 1997 bis April 1999 zur Zahlung von Kindergeld zu verpflichten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, mit bestandskräftigem Bescheid vom 26. Mai 1998 habe er den Kindergeldantrag des Klägers vom 17. Oktober 1997 wegen Nichtfeststellbarkeit der Anspruchsvoraussetzungen abgelehnt. Hierbei handele es sich um einen Freistellungsbescheid im Sinne von § 155 Abs. 6 i. V. m. Abs. 1 Satz 3 AO mit Dauerwirkung. Selbst wenn man davon ausgehe, dass die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Kindergeldanspruch während des streitbefangenen Zeitraums vorgelegen hätten, könnte die begehrte Zahlung nur über eine Korrektur des Bescheides vom 26. Mai 1998 erreicht werden. Eine Korrektur des genannten Bescheides komme indes nur über § 70 Abs. 3 EStG in Betracht. Demnach könne eine Neufestsetzung des Kindergeldanspruches lediglich mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe der Neufestsetzung folgenden Monat, also ab Mai 1999, erfolgen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Der Beklagte ging zu Recht davon aus, dass das Kindergeld nach § 70 Abs. 3 EStG erst ab dem Monat Mai 1999 zu gewähren war...

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