Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendbarkeit des § 351 Abs. 1 AO auf Festsetzung von Verspätungszuschlägen

 

Leitsatz (amtlich)

Wird nach Eingang der Einkommensteuererklärung der bestandskräftige, aber unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Einkommensteuerbescheid, mit dem die Besteuerungsgrundlagen geschätzt worden waren und zugleich ein Verspätungszuschlag festgesetzt worden war, geändert, ohne die Höhe des Verspätungszuschlags zu ändern, so handelt es sich bezüglich des Verspätungszuschlags um einen eigenständigen Bescheid, dessen Anfechtbarkeit gemäß § 351 Abs. 1 AO eingeschränkt ist.

 

Normenkette

AO § § 130, 152, 351 Abs. 1, § 130; AO § 131; AO § 152; AO § 351 Abs. 1

 

Tatbestand

Im Streit ist die Festsetzung eines Verspätungszuschlags.

Der Kläger hatte seine Einkommensteuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2007 trotz Aufforderung und Erinnerung nicht eingereicht. Die Steuererklärungen für die vorangegangenen Jahre hatte der Kläger mit erheblicher Verspätung abgegeben, nachdem der Beklagte ihn daran erinnert und die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen angedroht hatte. Zur Einkommensteuer 2005 und 2006 war jeweils ein Verspätungszuschlag in Höhe von 200,- € festgesetzt worden.

Der Beklagte legte im Einkommensteuerbescheid 2007 vom 19. März 2009 die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 der Abgabenordnung -AO- im Wege der Schätzung zugrunde. Gleichzeitig setzte er einen Verspätungszuschlag in Höhe von 400,- € fest.

Nach Eingang der Einkommensteuererklärung änderte der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 2007 mit Bescheid vom 16. Juli 2009. Der Einkommensteuerbescheid war hinsichtlich der Neuregelung zur Abziehbarkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer teilweise vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 AO. Der festgesetzte Verspätungszuschlag blieb bestehen.

Mit Datum vom 15. März 2011 erging aufgrund der geänderten Rechtslage zur Abziehbarkeit der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer ein geänderter Bescheid. Die festgesetzten Beträge blieben unverändert, der Bescheid erging hinsichtlich des Punktes Arbeitszimmer nach § 165 Abs. 2 Satz 2 AO endgültig. Der festgesetzte Verspätungszuschlag blieb bestehen. Der Bescheid enthielt hierzu die Erläuterung: „Der bisher auf 400,- € festgesetzte Verspätungszuschlag bleibt nach Überprüfung unverändert bestehen.“

Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, mit dem er sich u.a. auch gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags wandte. Der Beklagte entgegnete hierzu, dass der Verspätungszuschlag nicht in dem angefochtenen Bescheid festgesetzt wurde, sondern bereits im erstmaligen Bescheid vom 19. März 2009 und dieser Bescheid bereits bestandskräftig sei.

Der Kläger hielt entgegen, dass er von Urteilen gehört habe, nach denen vor Festsetzung eines Verspätungszuschlags eine Anhörung des Steuerpflichtigen erforderlich sei und für die Höhe der Ermessenserwägung eine Begründung erforderlich sei. Es handle sich insoweit um neue Tatsachen im Sinne des § 173 AO, denn er habe zuvor angenommen, die Höhe des Verspätungszuschlags sei eine durch Gesetz oder Verordnung fest vorgegebene Größe.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Entscheidung vom 30. Mai 2012 als unbegründet zurück. Er hielt den Einspruch für verfristet.

Die Festsetzung des Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer sei ein eigenständiger Verwaltungsakt, ergehe aber im Rahmen des Einkommensteuerbescheids. Die Festsetzung des Verspätungszuschlags zur Einkommensteuer 2007 sei im erstmaligen Einkommensteuerbescheid 2007 vom 19. März 2009 erfolgt. In allen weiteren Einkommensteuerbescheiden für 2007 sei der Verspätungszuschlag unverändert beibehalten und nicht neu festgesetzt worden. Der anzufechtende Bescheid sei daher der vom 19. März 2009. Der Einspruch gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags im Bescheid vom 19. März 2009 sei erst am 15. April 2011 und damit weit nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist eingegangen und sei deshalb als unzulässig zu verwerfen.

Eine Änderung außerhalb des Rechtsbehelfsverfahrens, bspw. wie hier nach § 173 AO, sei hier ebenfalls nicht möglich.

Darüber hinaus gab der Beklagte dem Kläger in der Einspruchsentscheidung die Ermessenserwägungen zur Festsetzung des Verspätungszuschlags bekannt. Hiernach könne gem. § 152 Abs. 1 Satz 1 AO gegen den Steuerpflichtigen, der seiner Verpflichtung zur Abgabe einer Steuererklärung nicht oder nicht fristgemäß nachkomme, ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden. Von der Festsetzung eines Verspätungszuschlages sei abzusehen, wenn das Versäumnis entschuldbar erscheine. Das Versäumnis sei regelmäßig nicht entschuldbar, wenn die Steuererklärung wiederholt nicht oder nicht fristgemäß abgegeben worden sei. Diese Voraussetzungen seien beim Kläger erfüllt, da er auch die Steuererklärungen der Vorjahre, zumindest für 2005 und 2006, erst eingereicht habe, nachdem der Beklagte ihn erinnert und die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen angedroht habe. In diesen Erinnerungsschreiben werde ausdrücklich auf die Möglichkeit der Festsetzung eines Verspätungsz...

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