Entscheidungsstichwort (Thema)
Einfuhr eines Pkw, Baujahr 1956, als Sammlungsstück von historischem oder völkerkundlichem Wert
Leitsatz (amtlich)
Ein Pkw, der zwar älter als 30 Jahre ist und bei dem es sich um ein nicht mehr hergestelltes Modell handelt, kann gleichwohl nicht als Sammlungsstück von historischem oder völkerkundlichem Wert in die Position 9705 der KN eingereiht werden, wenn er sich im Zeitpunkt der Einfuhr nicht im Originalzustand befand. Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Motor ausgetauscht wurde und ferner die Originallackierung durch eine neue Lackierung ersetzt wurde. Ein Absehen von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung der - im Vergleich zur Einreihung in die Position 8703 - höheren Eingangsabgaben gemäß Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK scheidet aus, wenn der Einführer bei der Anmeldung des Pkw fälschlicherweise angab, es handele sich um ein Fahrzeug im Originalzustand und der Abfertigungsbeamte den Pkw ohne Beschau "wie angemeldet" abgefertigt hat.
Normenkette
ZK Art. 220 Abs. 2 Buchst. b, Art. 11-12, 201; ZKDV Art. 178 Abs. 1, 4
Tatbestand
Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Nacherhebung von Eingangabgaben für ein vom Kläger aus den USA eingeführtes Kraftfahrzeug.
Der Kläger führte am 1. Februar 1999 einen PKW der Marke Porsche, laut Zollanmeldung Typ 356, Baujahr 1956, aus den USA in das Zollgebiet der Gemeinschaft ein und beantragte die Abfertigung der Ware zum freien Verkehr. Mit Zollbeleg F 1 Nr. 267 des Zollamts W vom 1. Februar 1999 wurde der PKW sodann als Sammlungsstück von geschichtlichem Wert in die Codenummer 9705 0000 003 unter Erhebung des ermäßigten Einfuhrumsatzsteuersatzes von 7 % in den freien Verkehr überführt.
Im Rahmen einer internen Überprüfung kam das - damals zuständige - Hauptzollamt T zu der Auffassung, dass der PKW bei der Abfertigung zu Unrecht in die Codenummer 9705 0000 003 eingereiht worden sei. Richtig sei vielmehr die Einreihung in die Codenummer 8703 2390 000 (gebrauchte PKW). Mit Steueränderungsbescheid vom 20. Januar 2000 erhob das HZA deshalb Einfuhrabgaben in Höhe von 10 % Zoll sowie dem Differenzbetrag der Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) zum Regelsteuersatz von 16 % nach (insgesamt 5.284,85 DM).
Mit dem rechtzeitig hiergegen erhobenen Einspruch wandte der Kläger ein, er habe sich vor der Einfuhr beim Zollamt W erkundigt und dort die Auskunft erhalten, dass nur 7 % Abgaben zu zahlen seien. Außerdem habe er das Fahrzeug lediglich vorübergehend in Deutschland verwenden wollen. Das Vorgehen des HZA verstoße auch gegen § 5 Abs. 2 Nr. 8 Umsatzsteuergesetz (UStG), da der PKW weder zum Handel, noch zur gewerblichen Verwendung bestimmt sei.
Mit Entscheidung vom 24. August 2000 wies der Beklagte den Einspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, die vom Zollamt W erteilte Auskunft sei zum damaligen Zeitpunkt richtig gewesen. Mit Urteil vom 3. Dezember 1998, Az. C 259/97, habe der EuGH jedoch entschieden, dass unter die Position 9705 nur noch solche Fahrzeuge einzureihen seien, die sich im Originalzustand befinden, 30 Jahre oder älter sind, einem hergestellten Modell oder Typ entsprechen und die einen charakteristischen Schritt in der Entwicklung der menschlichen Errungenschaften dokumentieren oder einen Abschnitt dieser Entwicklung veranschaulichen können. Diese Voraussetzungen seien bei dem eingeführten PKW nicht gegeben. Von der Ermächtigung in § 5 Abs. 2 Nr. 8 UStG sei durch § 27 Abs. 1 Zollverwaltungsgesetz Gebrauch gemacht worden. Eine Pauschalierung der Abgaben sei aber nur bei einem Warenwert von bis zu 700,- DM möglich. Da der streitgegenständliche PKW laut Zollwertanmeldung einen Wert von 25.867,- DM (entspricht 15.000,- USD) gehabt habe, komme die Anwendung dieser Vorschrift nicht in Betracht. Eine Abfertigung zur Vorübergehenden Verwendung sei ebenfalls nicht möglich gewesen, da das Fahrzeug eindeutig zur Überführung in den freien Verkehr angemeldet worden sei.
Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt im Wesentlichen vor, der Beklagte habe zugegeben, dass dem Kläger hinsichtlich der Höhe der Abgaben durch Mitarbeiter des Zollamtes W eine falsche Auskunft erteilt worden sei. Durch die Auskunftserteilung sei ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden, durch den der Kläger zur Einfuhr des Fahrzeuges veranlasst worden sei. Hätte er gewusst, dass höhere Abgaben zu zahlen seien, hätte er den PKW nicht eingeführt. Die Nacherhebung der Abgaben verstoße deshalb gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, der auch im Gemeinschaftsrecht gelte.
Im Übrigen erfülle das Fahrzeug die vom EuGH für die Tarifierung als Oldtimer geforderten Kriterien. Es habe sich im Zeitpunkt der Einfuhr im Originalzustand - ohne wesentliche Änderungen am Fahrgestell, des Steuer- und Bremssystems und des Motors - befunden, das Modell werde nicht mehr hergestellt und es beinhalte neue technische Errungenschaften, welche in Nachfolgemodellen berücksichtigt worden seien. Das Fahrzeug sei verhältnismäßig selten aufzufinden und Gegenstand eines Spezialhandels. Gleichartig...